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Session: 13.02.2006
Die Förderung und der Ausbau der Wasserkraft sind aus volkswirtschaftlicher, regionalwirtschaftlicher, energiewirtschaftlicher und ökologischer Sicht für Graubünden von grösster Bedeutung. Aufgrund der eigenen Ressourcen ist Graubünden prädestiniert, Energiepolitik zu betreiben. Umso mehr, dass zur Zeit der Stromverbrauch ständig zunimmt und Stromproduktion mit einem Tiefststand der Stauseen im letzten Jahr stark unter dem Durchschnitt lag.

Um die Chancen der einheimischen Energie aus Wasserkraft zu steigern, sind aus Sicht der Interpellanten folgende Schwerpunkte zu setzen:

1. Die massgeblichen Beteiligungen des Kantons und der Gemeinden an den Kraftwerkgesellschaften dürfen nicht als Finanzbeteiligungen behandelt und deshalb auch nicht veräussert werden. Sie sind langfristig für die Energieversorgung des Kantons entscheidend und deshalb volkswirtschaftlich von hoher strategischer Bedeutung.

2. Die Heimfälle sind im Sinne der strategischen Bedeutung in den Dienst der Energiepolitik als Teil der Wirtschaftspolitik und nicht in den Dienst der Finanzpolitik zu stellen. Im Zuge der Heimfälle ist alles zu unternehmen, um die Wertschöpfung aus der Wasserkraft so weit wie möglich nach Graubünden zu verlagern.

3. Die Verfahren, die zur Nutzung der Wasserkraft durchlaufen werden müssen, sind zu beschleunigen. Es ist mit allen politischen Mitteln darauf hinzuwirken, dass über Wasserkraftwerke abschliessend in den Kantonen zu entscheiden ist (z.B. bezüglich Umweltverträglichkeitsprüfung, Schutz- und Nutzplanung etc.).

4. Die Speicherkraft bleibt der Trumpf Graubündens. Bei einer weiteren Wasserkraftnutzung ist die Spitzenerzeugung zu favorisieren. Vorhandene Ausbaumöglichkeiten müssen raschmöglichst realisiert werden.

5. Angesichts der heute schon sehr umfangreichen Schutzbestimmungen sind der Förderung der erneuerbaren Energien entgegengesetzte Bestrebungen aktiv zu bekämpfen (z.B. Renaturierungs-Initiative (Aqua Viva-Initiative) oder die Schwallregelung im Gewässerschutzgesetz (Sunk und Schwall).

6. Der Zugang zu den internationalen Märkten ist für die grossen in Graubünden tätigen Kraftwerkgesellschaften von grösster Bedeutung. Die Wasserkraft braucht die Strommarktöffnung. Rahmenbedingungen, die diese Entwicklung unterstützen, wie das Stromversorgungsgesetz oder das Elektrizitätsgesetz, sind zu unterstützen.

Ist die Regierung der Auffassung, dass

a) die aufgeführten Schwerpunkte die Eckpfeiler der kantonalen Energiepolitik darstellen, für diese wegweisend sein müssen und in einem Bericht der Regierung an den Grossen Rat präzisiert werden müssen?

b) die heutigen kantonalen gesetzlichen Bestimmungen ausreichend sind, um die mit den oben erwähnten Schwerpunkten gesteckten Ziele zu erreichen?

c) das energiepolitische Know how auf allen Ebenen im Kanton zu erhalten und allenfalls sogar auszubauen ist, um die richtigen Entscheidungen für die Zukunft zu treffen?

d) das GKI-Projekt wie auch weitere Ausbauprojekte im Bereich der Wasserkraftwerke (z.B. Pumpspeicherwerk Curciusa) aus kantonaler Sicht zu unterstützen sind und die notwendigen Vorbereitungsarbeiten jetzt an die Hand genommen werden, damit im Falle einer Interessenz der Elektrizitätswirtschaft rasch gehandelt werden kann?

e) Projekte wie die Renaturierung des Alpenrheins auf Hoheitsgebiet von Graubünden den eigenen energiepolitischen Zielsetzungen diametral entgegenlaufen?

Chur, 13. Februar 2006

Name: Hanimann, Bachmann, Bär, Barandun, Bischoff, Bühler-Flury, Casanova (Chur), Christ, Donatsch, Feltscher, Giacometti, Hartmann, Hess, Jenny, Kessler, Marti, Mengotti, Michel, Perl, Rizzi, Robustelli, Thomann, Tramèr, Wettstein, Bernhard

Session: 13.02.2006
Vorstoss: dt Anfrage FDP



Antwort der Regierung

Die Regierung hatte bis in die jüngste Vergangenheit wiederholt Gelegenheit, sich zur Bedeutung der Wasserkraft für den Kanton Graubünden im Speziellen und für die Stromproduktion generell zu äussern. Es sei in diesem Zusammenhang an die energiepolitischen Ziele und an den Bericht über die Auswirkungen der Strommarktliberalisierung (Botschaften Heft Nr. 8/1999 - 2000) aber auch an den kantonalen Richtplan, von der Regierung am 19. November 2002 erlassen, und an die Antwort der Regierung auf die Anfrage Jeker betreffend die sichere Zukunft der Wasserkraft-Energie erinnert (GRP 2004/2005, Seiten 737, 1032).
Mit der Fraktionsanfrage wird die Regierung aufgefordert, die Eckpfeiler der kantonalen Energiepolitik zu definieren und die Voraussetzungen für die Werterhaltung der vorhandenen und den Ausbau der Wasserkraft zu schaffen. Im Einzelnen lassen sich die aufgeworfenen Fragen wie folgt beantworten:
a) Die Regierung stimmt weitgehend den der Fraktionsanfrage unter Ziffer 1 bis 6 zu Grunde gelegten Forderungen zu. Allerdings sieht sie keine Veranlassung, in ei-nem abermaligen Bericht die Eckpfeiler der kantonalen Energiepolitik nochmals zu definieren. Die energiepolitischen Zielsetzungen aus dem Jahre 2000 sind zusammen mit den Überlegungen zur Energieversorgung und zur Stromproduktion im kantonalen Richtplan als Wegweiser für die kantonale Energiepolitik hinreichend umschrieben. In finanzrechtlicher Hinsicht weist die Regierung darauf hin, dass mit dem total revidierten Finanzhaushaltsgesetz (in Kraft seit 1. Januar 1999) eine Reihe von Beteiligungen ins Verwaltungsvermögen übertragen wurde. Damit kommt zum Ausdruck, dass die Regierung bezüglich der entsprechenden Beteiligungen der energie- und versorgungspolitischen Tragweite einerseits und der volkswirtschaftlichen Bedeutung anderseits ein höheres Gewicht beimisst als der Ertrags- und Dividendenerwartung. Die Regierung will sich allerdings den Freiraum erhalten, im Einzelfalle beurteilen zu können, ob die jeweilige Beteiligung zur Erreichung der energiepolitischen Ziele notwendig ist oder nicht.
b) Die Regierung erachtet die geltenden Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes als hinreichend, um die eigenen Zielsetzungen verfolgen zu können. Von besonderer Bedeutung sind dabei das verankerte Recht der Gemeinden und des Kantons, sich an Kraftwerk-Unternehmungen zu beteiligen, sowie die letztmals im Jahre 1995 angepassten Heimfallbestimmungen.
c) Wer im Rahmen von Konzessionsverleihungen und Konzessionsanpassungen, aber auch im Rahmen der Verhandlungen über den Heimfall die Interessen des Gemeinwesens wirkungsvoll wahrnehmen will, muss über profunde Kenntnisse des Wasserrechts, der Energiepolitik im Allgemeinen und der Stromwirtschaft im Speziellen verfügen. Dieses Know how ist im Kanton vorhanden. Die Regierung sieht deshalb keine Veranlassung, an den aktuellen Zuständigkeiten für Fragen des Wasserrechts und der Strompolitik etwas zu ändern.
d) Der Entscheid über die Erneuerung, die Optimierung oder den Ausbau eines Kraftwerks ist in erster Linie ein unternehmerischer Entscheid. Es sind die Unternehmungen, welche aufgrund ihrer Marktbeurteilung über solche Investitionen zu befinden haben. Seitens des Kantons gilt es, gute Rahmenbedingungen dafür zu erhalten bzw. zu schaffen. In diesem Zusammenhang kommt dem kantonalen Richtplan ein besonderer Stellenwert zu, mit welchem die ungenutzten Potenziale zu Gunsten einer langfristigen Sicherstellung der Stromversorgung vorsorglich frei gehalten werden.
e) Das angesprochene Entwicklungskonzept für den Alpenrhein verfolgt die langfristige Zielsetzung einer nachhaltigen Entwicklung des Alpenrhein-Gebiets. Folgerichtig befasst es sich schwerpunktmässig mit den Themen des Hochwasserschutzes, der Trinkwasserversorgung, der Ökologie aber auch der Nutzung der Wasserkraft. Das Entwicklungskonzept kann dabei in keiner Art und Weise die Gewässerhoheit der Territorialgemeinden und damit verbunden eine Interessenabwägung vereiteln.

Datum: 25. April 2006