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Session: 14.02.2006
Die Verwaltung erhebt für jede besondere Dienstleistung oder Handlung eine Gebühr derjenigen Person, welche die Dienstleistung beansprucht oder die Handlung verursacht. Die Gebühr wird technisch folgendermassen umschrieben: Sie ist das Entgelt für eine bestimmte, vom Pflichtigen veranlasste Amtshandlung oder für die Benutzung einer öffentlichen Einrichtung und sie soll die Kosten, welche dem Gemeinwesen durch die Amtshandlung oder Benutzung der Einrichtung entstanden sind, decken. Es gibt im wesentlichen drei Arten von Gebühren: Verwaltungsgebühren, Benutzungsgebühren und Konzessions- bzw. Regalgebühren.

Das Gebührenregime ist von zwei massgeblichen Prinzipien bestimmt: das Kostendeckungsprinzip und das Äquivalenzprinzip. Das Kostendeckungsprinzip bedeutet, dass der Gesamtertrag der Gebühren die gesamten Kosten des betreffenden Verwaltungszweiges nicht übersteigen darf. Das Äquivalenzprinzip bedeutet, dass die Höhe der Gebühr im Einzelfall in einem vernünftigen Verhältnis zum Wert stehen muss, den die staatliche Leistung für den Gebührenpflichtigen hat.

Bei der Umsetzung von politischen Anliegen, die zu Gesetzesrevisionen geführt haben, sind in der jüngeren Vergangenheit damit einhergehend vielfach auch gerade die Grundlagen für die Gebührenerhebung überprüft worden. Teils wurde dabei festgestellt, dass einzelne Gebühren im Bestand oder zumindest im Gebührenrahmen rechtswidrig oder nicht angemessen sind. Aus der jüngsten Zeit sind beispielhaft zu nennen: die Einbürgerungsgebühren, welche nicht nur aufgrund des eidgenössischen Bürgerrechtsgesetzes anzupassen waren (vgl. B 5/2005-2006, S. 475), und die Jagdregalgebühren, welche gewisse Aufwendungen im Interesse der Allgemeinheit nicht mehr mitfinanzieren sollen - ebensowenig wie im übrigen eine Erhöhung der Jagdpatent- und Abschussgebühren (vgl. B 14./2005-2006, S.12, 48). Die heute bestehende Praxis, mit welcher die Ge-bührenregelungen überprüft und allfällige Rechtswidrigkeiten und/oder Unangemessenheiten in der Folge in der Gesetzgebung behoben werden, ist vom Zufälligen mit bestimmt. Es schlummern mutmasslich zahlreiche Schieflagen. Hinzu kommt, dass die kantonale Verwaltung jährlich Gebühren in zweifacher Millionenhöhe veranlagt und dass das Gebührenregime auch von da her - aus der Sicht der zahlenden Bürgerinnen / Bürger und Unternehmen, wie auch aus der Sicht der die Gebühren erhebenden Verwaltung - bedeutend ist.

Mit der sog. Verwesentlichung und Flexibilisierung der Rechtsetzung und Rechtsanwendung "VFRR" (B 6/1999-2000) sind überflüssige Regelungen abgebaut und schlechte Regelungen verbessert worden, um die Effizienz und Bürgernähe der Gesetzgebung zu steigern. Die Gesetzgebung des Kantons wurde dazu flächendeckend einer formellen Bereinigung unterzogen. Über die Struktur- und Leistungsüberprüfung zur Sanierung des Kantonshaushalts (B 2/2003-2004) haben Grossrat und Regierung eine inhaltliche Überprüfung der Staatsstrukturen und Staatsaufgaben vorgenommen. Der Bericht über die Revision des kantonalen Steuergesetzes (B 7/2005-2006) - im wesentlichen betreffend Familien-, Unternehmens- und Nachlassbesteuerung - hat im Rahmen einer Gesamtschau überprüft, welchen Beitrag die verschiedenen steuerzahlungspflichtigen Personen und Unternehmungen über die Steuern zu leisten haben, und dabei eine neue politische Gewichtung vorgenommen.

Eine Auslegeordnung betreffend das Regime der Gebührenerhebung im Kanton Graubünden schliesst sich konsequent an die vorgenannten Projekte an und ist heute angezeigt. Sie wird offen legen, ob die zahlreich erhoben Gebühren und die zahlreich bestehenden Gebührenrahmen zu Recht bestehen und/oder angemessen sind und ob sie gegebenenfalls zugunsten der Bürgerinnen / Bürger und Unternehmen reduziert oder, soweit aufgrund der oben erwähnten beiden Prinzipien notwendig, zugunsten der Staatskasse erhöht werden müssen.

Die Unterzeichneten fordern die Regierung gestützt auf diese Ausgangslage auf,
- das Regime der Gebührenerhebung in der kantonalen Gesetzgebung flächendeckend zu überprüfen und darüber zuhanden des Grossen Rates Bericht zu erstatten.

Chur, 14. Februar 2006

Name: Cavigelli, Hess, Vetsch, Augustin, Bachmann, Bleiker, Brunold, Bundi, Cahannes, Casanova (Vignogn), Casty, Cavegn-Kaiser, Caviezel (Pistasch), Conrad, Crapp, Demarmels, Dermont, Dudli, Fallet, Farrér, Federspiel, Hardegger, Jeker, Jenny, Joos, Kessler, Kleis-Kümin, Lemm, Loepfe, Luzio, Maissen, Mani-Heldstab, Marti, Meyer-Grass, Mengotti, Möhr, Montalta, Noi-Togni, Parolini, Pfister, Plozza, Portner, Rizzi, Sax, Schmid, Stiffler, Tomaschett, Tremp, Wettstein, Zanetti, Nay, Janett, Bernhard

Session: 14.02.2006
Vorstoss: dt Auftrag


Antwort der Regierung

Mit dem Auftrag wird die Regierung aufgefordert, das Regime der Gebührenerhebung in der kantonalen Gesetzgebung flächendeckend hinsichtlich allfälliger Rechtswidrigkeiten und/oder Unangemessenheiten zu überprüfen und darüber zuhanden des Grossen Rates Bericht zu erstatten. Die Unterzeichnenden vermuten, in den verschiedenen Gebührenregelungen könnten zahlreiche Schieflagen schlummern.

Die kantonale Verwaltung erhebt in verschiedensten Bereichen für bestimmte Dienstleistungen Gebühren. Entsprechend enthalten zahlreiche kantonale Erlasse Gebührenregelungen. Eine systematische und flächendeckende Überprüfung all dieser Re-gelungen wäre deshalb mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Namentlich wäre für jede einzelne Gebühr zu überprüfen, ob die das Gebührenregime bestimmenden Prinzipien, nämlich das Kostendeckungsprinzip und das Äquivalenzprinzip beachtet werden. Die beiden Prinzipien schützen die Bürgerinnen und Bürger vor überhöhten staatlichen Gebühren. Das Kostendeckungsprinzip bedeutet, dass der Gesamtertrag der Gebühren die gesamten Kosten des betreffenden Verwaltungszweiges nicht übersteigen darf. Und nach dem Äquivalenzprinzip muss die Höhe der Gebühr im Einzelfall in einem vernünftigen Verhältnis stehen zum Wert, den die staatliche Leistung für die Abgabepflichtigen hat. Im Zuge der verlangten Überprüfung müsste somit bei jeder einzelnen Gebühr eine umfassende und detaillierte Kostenberechnung für den betreffenden Verwaltungszweig erstellt werden. Weiter wäre der Wert beziehungsweise Nutzen der staatlichen Leistung in jedem einzelnen Fall zu überprüfen. Auf der anderen Seite ist nun bekannt, dass im Zusammenhang mit verschiedenen Gross-projekten und Umsetzungsarbeiten wesentliche personelle Ressourcen der kantonalen Verwaltung noch auf absehbare Zeit gebunden sind. Die Regierung hat darauf bereits in ihrer Antwort zum Kommissionsauftrag der Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rates betreffend Bericht über Strategie, Einsitz- und Einflussnahme sowie Berichts- und Kontrollwesen bei Beteiligungen des Kantons, selbstständigen Institutionen und weiteren Organisationen mit "öffentlichen" Aufgaben eingehend hingewiesen (RB vom 7. März 2006, Prot. Nr. 252). Vor diesem Hintergrund ist festzuhalten, dass die notwendigen personellen Kapazitäten in der kantonalen Verwaltung momentan nicht vorhanden sind, um die geforderte umfassende Auslegeord-nung vorzunehmen. Vorliegend kommt hinzu, dass die Regierung auch keinen wirklichen Handlungsbedarf für eine solche Überprüfung zu erkennen vermag. Konkrete Anhaltspunkte für die von den Auftraggebenden vermuteten Schieflagen im Sinne der Erhebung von zu hohen oder zu niedrigen Gebühren in zahlreichen oder wirklich kostenintensiven Fällen gibt es jedenfalls keine. Schon heute werden die Gebührenregelungen laufend im Zuge von Gesetzesrevisionen überprüft und nötigenfalls angepasst. Gröbere Schieflagen sind schliesslich aber nicht zuletzt auch deshalb weitgehenst auszuschliessen, weil der Rechtsschutz im Bereich der Gebühren gut ausgebaut ist. Bei allfälligen unrechtmässigen Gebührenerhebungen steht den Betroffenen im Einzelfall der verwaltungsinterne und/oder externe Rechtsweg offen. Zudem können Gebührenregelungen auch jederzeit mittels Verfassungsbeschwerde beim Verwaltungsgericht einer abstrakten Normkontrolle unterzogen werden (vgl. Art. 55 Abs. 3 Kantonsverfassung). Unter den gegebenen Umständen sieht die Regierung keine Notwendigkeit für eine umfassende Überprüfung der Gebührenregelungen. Selbstverständlich soll aber die bereits heute praktizierte Überprüfung im Einzelfall weitergeführt werden.

Aus all diesen Gründen beantragt die Regierung, den vorliegenden Auftrag nicht zu überweisen.

Datum: 2. Mai 2006