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Session: 25.04.2006
Heute gehen die Nationalbank-Gewinne zu einem Drittel an den Bund und zu zwei Dritteln an die Kantone. Diese Gelder werden für die Erbringung zentraler Staatsaufgaben in den Kantonen gebraucht, z.B. für die Sicherheit, Bildung oder das Gesundheitswesen. Bei einer Annahme der KOSA-Initiative würden den Kantonen diese Mittel entzogen und sie müssten die Einnahmenausfälle durch Ausgabensenkungen bzw. Leistungsabbau bei zentralen Staatsaufgaben oder durch Steuererhöhun-gen kompensieren. Dies wäre mit spürbaren Folgen für die Bürgerinnen und Bürger sowie für die Wirtschaft verbunden. Auch die Einnahmeausfälle beim Bund hätten finanzielle Auswirkungen auf die Kantone.
Die Kantone verfügen über die politischen Gremien und Instrumente (Volksrechte, Kantonsparlamente und Regierung), um über die Verwendung der Nationalbankgelder demokratisch und bürgernah entscheiden zu lassen. Dank ihrer Nähe zum Volk und dank ihrer Kenntnis der regional unterschiedlichen Probleme und Bedürfnisse bieten die Kantone Gewähr für einen haus-hälterischen und den kantonalen Gegebenheiten angepassten Umgang mit den Nationalbank-Mitteln. Bei einer Annahme der KOSA-Initiative wäre dies nicht mehr der Fall.
In Graubünden hat die Regierung mehrfach ihre Absicht bekannt gemacht, die Nationalbank-Gewinne zum Abbau der Staats-schulden und zur Finanzierung des Steuerrevisionspakets zu nutzen. Diese Absicht wird von der KWAS und der GPK unter-stützt und sie wurde vom Grossen Rat bisher wohlwollend aufgenommen. Die Annahme der KOSA-Initiative würde nach Ansicht der Anfragenden diese Vorgehensweise verunmöglichen.
Die Regierung wird daher eingeladen, Antwort zu geben, wie sich eine allfällige Annahme der KOSA-Initiative aus finanziel-ler Sicht auf Graubünden auswirken würde. Konkret sind folgende Fragen zu beantworten;
1) Wie hoch wären die Mindereinnahmen bei einer Annahme der KOSA-Initiative (ausgehend vom heute geltenden Verteilschlüssel unter den Kantonen)?
2) Wie würden diese Mindereinnahmen kompensiert werden? Welche Auswirkungen würden diese Mindereinnahmen auf das Steuerrevisionspaket haben?
3) Mit der Annahme der Initiative gingen dem Bund bis zum Ablauf der geltenden Gewinnausschüttungsvereinbarung bzw. bis 201 2 jährlich gut 833 Mio. Franken verlustig, Ist zu befürchten, dass als Folge Subventionen für Graubünden ge-kürzt werden?

Chur, 24. April 2006

Name: Loepfe, Feltscher, Cavigelli, Augustin, Bachmann, Bär, Barandun, Berther (Disentis), Berther (Sedrun), Biancotti, Bundi, Büsser, Cahannes, Capaul, Casanova (Vignogn), Casanova (Chur), Caviezel (Pitasch), Christ, Crapp, Demarmels, Dermont, Donatsch, Fallet, Farrér, Fasani, Hanimann, Hartmann, Hess, Jenny, Kessler, Kleis-Kümin, Luzio, Maissen, Marti, Meyer-Grass (Klosters), Perl, Plozza, Portner, Quinter, Rizzi, Robustelli, Sax, Schmid, Thomann, Tomaschett, Tremp, Tuor, Zanetti, Zanolari, Zegg, Bezzola, Darms, Nay

Session: 25.04.2006
Vorstoss: dt Anfrage




Antwort der Regierung

Gestützt auf die geltende Gewinnauschüttungsvereinbarung zwischen dem Bund und der Schweizerischen Nationalbank (SNB) vom 5. April 2002 entrichtet die SNB für die Geschäftsjahre 2003 - 2012 (mit Auszahlung in den Jahren 2004 - 2013) Bund und Kantonen einen Gewinn von jährlich 2,5 Milliarden Franken. Gemäss dem verfassungsmässigen Verteilschlüssel entfallen davon ein Drittel an den Bund und zwei Drittel an die Kantone. Der Kantonsanteil von total 1,67 Milliarden Franken wird zu 5/8 nach Wohnbevölkerung und zu 3/8 nach der Finanzkraft verteilt. Der Kanton Graubünden erhält davon aktuell 57,8 Mio. Franken.

Die am 9. Oktober 2002 von einem "Komitee sichere AHV" eingereichte Volksinitiative "Nationalbankgewinne für die AHV" (KOSA-Initiative) wird am 24. September 2006 Volk und Ständen zur Abstimmung vorgelegt. Bei einer Annahme der Initiative müssten die Nationalbankgewinne in den AHV-Fonds ausgeschüttet werden. Die Kantone erhielten vorweg einen fixen Betrag von insgesamt 1,0 Milliarde Franken pro Jahr. Der Bund würde leer ausgehen. Die Kantone würden zusammen pro Jahr 666 Mio. Franken bzw. 40 % und der Bund 833 Mio. Franken bzw. 100% des bisherigen Ertrages verlieren. Die neue Regelung käme voraussichtlich ab dem Geschäftsjahr 2008 zur Anwendung. Die rechtliche Situation in Bezug auf die Auszahlung der bisher gebildeten Ausschüttungsreserve der SNB wird kontrovers beurteilt. Letztlich wird bei einer Annahme der Initiative das Bundesparlament im Rahmen einer Revision des Nationalbankgesetzes die Zuteilung der unter altem Recht entstandenen Ausschüttungsreserve regeln.

Zu den Fragen:
1) Ausgehend vom geltenden Verteilschlüssel für die Nationalbankgewinne mit den aktuellen Berechnungsgrundlagen (Bevölkerung und Finanzkraft) betragen die jährlichen Mindereinnahmen für den Kanton Graubünden 23,1 Mio. Franken. Nach der im Jahr 2008 zu erwartenden Einführung der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen dem Bund und den Kantonen (NFA) wird der Kantonsanteil am SNB-Gewinn ohne Berücksichtigung der Finanzkraft ausgerichtet. Die Finanzausgleichskomponente bei der SNB-Gewinnverteilung soll jedoch über neue Instrumente (Ressourcenausgleich und Härteausgleich) im längerfristig erwarteten Umfang in das NFA-System überführt werden. Eine Annahme der KOSA-Initiative würde über diesen Weg das künftige Finanzausgleichsvolumen schmälern. Der Kanton Graubünden hätte somit auch unter Beachtung der NFA mit Ertragsausfällen in der Grössenordnung von 20 Mio. Franken pro Jahr zu rechnen.
Aus diesem Grund lehnt die Regierung die KOSA-Initiative ab.

2) Die Ertragseinbusse durch eine Annahme der KOSA-Initiative müsste durch zusätzliche Massnahmen auf der Einnahmen- und/oder Ausgabenseite kompensiert werden. Zur Zeit ist offen, welche konkreten Massnahmen ergriffen werden müssten. Nach den bereits umgesetzten Sparmassnahmen wäre wohl auch ein Leistungsabbau in den staatlichen Kernaufgaben wie Gesundheitswesen, Bildung oder Verkehr nicht mehr zu vermeiden.

Die geplanten Steuergesetzrevisionen mit Ertragsausfällen von total rund 75 Mio. Franken im Jahr 2009 und gut 90 Mio. Franken ab dem Jahr 2010 sind nur tragbar, wenn ausreichend Eigenkapital aufgebaut und der Grossteil der Ausfälle durch den allgemeinen Haushalt aufgefangen werden kann. Dieses Ziel ist nur erreichbar, wenn verschiedene Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu zählen insbesondere weiterhin günstige wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die Weiterführung der Struktur- und Sanierungs-Massnahmen, der Verzicht auf nicht separat finanzierte Sonderprojekte, Zurückhaltung in der Ausgabenpolitik und das Ausbleiben von namhaften Zusatzbelastungen durch den Bund. Der finanzpolitische Handlungsspielraum des Kantons wird durch die geplanten Steuergesetzrevisionen beansprucht. An den Zielen dieser für den Kanton sehr bedeutsamen Revisionen sollen keine Abstriche vorgenommen werden.

3) Die Finanzlage des Kantons Graubünden ist bekanntlich in hohem Masse von der Finanzlage des Bundes abhängig. So stammen derzeit beinahe 50% der Kantonseinnahmen aus Bundesquellen (inklusive durchlaufende Bundesbeiträge an die Landwirtschaft und den öffentlichen Regionalverkehr). Der Bund müsste seine Ertragsausfälle von jährlich 833 Mio. Franken gemäss seinem Konzept der Schuldenbremse ebenfalls kompensieren, was schwergewichtig auf der Ausgabenseite geschehen müsste, bzw. ein weiteres Entlastungsprogramm zur Folge hätte. Die Kantone würden davon kaum verschont, fliessen doch rund 30% der Bundesausgaben zu den Kantonen. Die Befürchtung, dass der Kanton auch über diesen Weg von einer Annahme der KOSA-Initiative negativ betroffen würde, ist mehr als berechtigt.

Datum: 6. Juni 2006