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Session: 26.04.2006
Die Flussverbauungen des Hinterrheins im Raum Thusis-Rothenbrunnen, die Anfangs des letzten Jahrhunderts erstellt wur-den, können als eigentliche Pioniertat bezeichnet werden und brachten dem Tal Schutz und Sicherheit vor Überschwemmun-gen. Ebenfalls konnte dadurch viel gutes Landwirtschaftsland gewonnen bzw. aufgebaut werden.

Zwischen Rothenbrunnen und Reichenau blieb ein Teil der Flusslandschaft in ihrer natürlichen Form erhalten und darf heute als einzigartiges Relikt des Alpenrheins bezeichnet werden.

Die Entwicklungen und wissenschaftlichen Erkenntnisse der letzten Jahrzehnte zeigen, dass sowohl aus Hochwasserschutz-gründen wie auch aus ökologischen Überlegungen so genannte Revitalisierungen bzw. Flussraumausweitungen angestrebt werden. Ein wesentlicher Aspekt ist aber auch das Landschaftsbild. Einzelne solche Projekte wurden im Kanton Graubünden bereits realisiert, andere sind geplant.

Im Rahmen des länder- und kantonsübergreifenden Projektes Alpenrhein sind verschiedene Massnahmen zum Hochwasser-schutz, zur Sicherung des Grundwassers und zur ökologischen Aufwertung geplant. Das in diesem Projekt bearbeitete Fluss-gebiet hört allerdings bei Reichenau auf.

Wir ersuchen die Regierung um Beantwortung folgender Fragen:

1. Welche Kriterien wurden bei der Ausscheidung des im Projekt Alpenrhein einzubeziehenden Flussgebietes ange-wandt?

2. Weshalb bezieht sich das Projekt Alpenrhein nur auf das Flussgebiet unterhalb von Reichenau ?

3. Das Flussgebiet zwischen Thusis und Rothenbrunnen ist in einer sehr landschaftsprägenden Art verbaut, weshalb neben den anderen Argumenten für eine Revitalisierung insbesondere der Aspekt des Landschaftsbildes im Vordergrund steht. Teilt die Regierung die Auffassung, dass bezüglich der Anstrengungen zur Entwicklung des Tourismus im Raum Thusis-Domleschg auch die Revitalisierung des Rheins und somit eine Aufwertung des Landschaftsbildes ein wichtiger Beitrag sein könnte?

4. Welche Möglichkeiten sieht die Regierung auch Revitalisierungs-Projekte für das Flussgebiet zwischen Thusis und Rothenbrunnen inklusive der Reaktivierung des Nollakanals zu realisieren?

5. Sind allenfalls bereits solche Projekte geplant und in welchem Zeitrahmen könnte die Realisierung erfolgen?

Chur, 24. April 2006

Name: Pfenninger, Kleis-Kümin, Hess, Arquint, Baselgia, Frigg, Jaag, Jäger, Meyer Persili (Chur), Peyer, Pfiffner, Schütz, Trepp, Brasser, Caviezel (Chur)

Session: 26.04.2006
Vorstoss: dt Anfrage


Antwort der Regierung

1. und 2. Im Rahmen der Internationalen Regierungskommission Alpenrhein (IRKA) haben das Fürstentum Liechtenstein, das Bundesland Vorarlberg sowie die Kantone St. Gallen und Graubünden durch eine länderübergreifende Übereinkunft beschlossen, wichtige gemeinsame Sachfragen mit Bezug auf den Alpenrhein gemeinsam zu klären und im Hinblick auf ihre Planung und Umsetzung zu koordinieren. Im Vordergrund stehen die Themenbereiche Flussbau, Gewässerökologie, Grundwasserhaushalt, Revitalisierungen und Energie. Der Alpenrhein soll dabei massvoll genutzt und gleichzeitig ökologisch aufgewertet werden. Unter den gegebenen Rahmenbedingungen und aufgrund der topologischen Situation (Vereinigungsstelle Vorder- und Hinterrhein) wurde der Perimeter zwischen Reichenau und der Einmündung des Rheins in den Bodensee festgelegt und damit auf das Talgebiet beschränkt.

3. Dank den vor über hundert Jahren realisierten Verbauungen am Hinterrhein im Domleschg konnten Sohlenerosionen weitestgehend vermieden werden. Dadurch waren und sind weiterhin kaum bauliche Massnahmen aus Sicht des Hochwasserschutzes zur Instandhaltung der Wuhre und zur Stabilisation des Flussbettes notwendig bzw. geplant.
Gewässer stellen anderseits aber auch prägende Naturelemente dar, und zwar nicht nur aus landschaftlicher und touristischer, sondern auch aus gewässer- und fischereiökologischer Sicht. Dies gilt auch für das Flussgebiet von Thusis bis Rothenbrunnen. Eine Revitalisierung wäre deshalb als wichtiger Aufwertungsbeitrag grundsätzlich prüfenswert und wünschbar, jedoch nicht über den Hochwasserschutz finanzierbar.

4. und 5. Grundsätzlich bestehen verschiedene Möglichkeiten zur Revitalisierung des Hinterrheins und in eingeschränktem Mass des Nollakanals. Anzustreben wären entlang des Hinterrheins Auengebiete wie sie in den Rhäzünser Auen vorkommen. Die detaillierten Rahmenbedingungen für eine Revitalisierung ergeben sich allerdings aus den wasserbaulichen Restriktionen sowie aus der Landverfügbarkeit. Die Planung solcher baulicher Massnahmen ist eine äusserst anspruchsvolle Aufgabe, die eine sorgfältige und fachkundige Analyse der geschiebemässigen und hydraulischen Verhältnisse voraussetzt, damit keine unliebsamen Überraschungen bezüglich Hochwassergefährdung und künftige Unterhaltsaufwendungen resultieren.
Der Nollakanal wurde für die Kultivierung von landwirtschaftlichem Boden im Domleschg gebaut. Gegenwärtig ist man gemeinsam mit den Gemeinden Thusis und Cazis daran, die Frage zu klären, wie dieser Kanal künftig mit Wasser beschickt werden kann, um landwirtschaftliche, touristische und ökologische Aspekte zu erfüllen. Eine entsprechende Projektstudie veranschlagt dafür Kosten von ca. 500'000 Franken. Die Finanzierung ist zurzeit noch in Abklärung.
Auch sind bereits im Rahmen eines Landschaftsentwicklungskonzepts Heinzenberg/Domleschg Überlegungen angestellt worden, wo und allenfalls wie Flussraumaufweitungen aussehen könnten. Unter Umständen kommen derartige Massnahmen als mögliche Elemente einer Restwassersanierung nach Art. 80 ff. GSchG für die Kraftwerksanlagen im Einzugsgebiet des Hinterrheins in Frage. Dies bedingt aber eine positive gesamtheitliche Abwägung der ökologischen und wirtschaftlichen Interessen, wofür die entsprechenden Abklärungen aber noch einige Zeit beanspruchen werden.

Datum: 11. Juli 2006