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Session: 17.10.2006
Es besteht eine "Interkantonale Vereinbarung für soziale Einrichtungen (IVSE)". Dieser Staatsvertrag zielt darauf ab,

- dass die in unserem Kanton bestehenden sozialen Einrichtungen für Kinder/Jugendliche und für behinderte erwachsene Menschen mit Wohnsitz in einem anderen Kanton offen stehen sollen und umgekehrt;

- dass die Angebotsoffenheit eine Kostenübernahme durch den Wohnsitzkanton des Kindes/Jugendlichen bzw. des behinderten erwachsenen Menschen voraussetzt; und

- dass die interkantonale Zusammenarbeit im Bereich der sozialen Einrichtungen vertieft wird.

Die IVSE fördert im interkantonalen Bereich die Rechtssicherheit für alle betroffenen Menschen und deren Angehörige sowie für die Institutionen ganz erheblich. Sie ist ein wirksames Instrument, um sowohl hinsichtlich der Leistungserbringung durch die Institutionen (Qualitätsstandard) als auch hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit derselben (Kostenrechnung; Leistungspau-schalen-System) interkantonal anerkannte Massstäbe zu fördern und durchzusetzen.

Der deutlich überwiegende Teil der Schweizer Kantone ist der IVSE in den meisten vom Staatsvertrag erfassten Bereichen beigetreten, nicht so der Kanton Graubünden. Der Bündner Spital- und Heimverband hat sowohl aus der Sicht der Institutio-nen, die im Kinder- und Jugendbereich als Kinderheime und/oder Sonderschulen tätig sind, als auch aus der Sicht jener Insti-tutionen, die im Bereich erwachsener behinderter Menschen als Heim- und/oder Arbeitsbeschäftigungsstätten tätig sind, den Beitritt zur IVSE angeregt (letztmals Vernehmlassung Behindertengesetz/Finanzierungssystem und Vernehmlassung NFA-Umsetzung/Sonderschule).

Wir ersuchen die Regierung vor diesem Hintergrund um Beantwortung folgender Fragen:

1. Welches ist die Haltung des Kantons Graubünden zur IVSE bzw. zu den darin geregelten Bereichen?

2. Beabsichtigt der Kanton Graubünden, der IVSE vollständig oder zumindest in Teilen beizutreten? Wenn dies nur in Teilen geschehen soll, dann in welchen?

3. Wie stellt der Kanton Graubünden im Rahmen der Bewertung der Ausgangslage sicher, dass die Sicht der von der IVSE betroffenen Menschen und Institutionen berücksichtigt wird?

4. Je nach Antwort auf die vorstehenden Fragen: Wann wird der Kanton Graubünden der IVSE vollständig oder zumin-dest teilweise beitreten? Wie sieht die diesbezügliche strategische Planung aus?

5. Je nach Antwort auf die vorstehenden Fragen: Welche Alternativen zu einem vollständigen oder teilweisen Beitritt zur IVSE bestehen? Wie sieht, gegebenenfalls, die diesbezügliche strategische Planung der Regierung aus?

Chur, 17. Oktober 2006

Name: Cavigelli, Nick, Hardegger, Barandun, Baselgia-Brunner, Berni, Bleiker, Bondolfi, Bucher-Brini, Bundi, Caduff, Campell, Casty, Caviezel-Sutter (Thusis), Christoffel-Casty, Claus, Darms-Landolt, Dermont, Donatsch, Fallet, Farrér, Fasani, Florin-Caluori, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Geisseler, Giovanoli, Hanimann, Hartmann (Champfèr), Keller, Kleis-Kümin, Krättli-Lori, Loepfe, Menge, Meyer-Grass (Klosters), Montalta, Niederer, Parolini, Peyer, Pfiffner-Bearth, Portner, Rathgeb, Sax, Tenchio, Thomann, Thöny, Thurner-Steier, Vetsch (Klosters), Zanetti, Capeder, Locher Benguerel

Session: 17.10.2006
Vorstoss: dt Anfrage


Antwort der Regierung

Die IVSE bezweckt, die Aufnahme von Personen mit besonderen Betreuungs- und Förderungsbedürfnissen in geeigneten Einrichtungen ausserhalb ihres Wohnkantons ohne Erschwernisse zu ermöglichen. Sie regelt das Verhältnis zwischen dem Standortkanton der Einrichtung und dem Wohnkanton der die ausserkantonale Einrichtung nutzenden Person. Mit dem Beitritt zur IVSE sichert der Wohnkanton der Einrichtung des Trägerkantons mit einer Kostenübernahmegarantie die Leistungsabgeltung (beschränkt auf den Subventionsteil des anrechenbaren Nettoaufwandes) zu Gunsten der betreuten Person zu.

Die IVSE ist an die von den eidgenössischen Räten am 6. Oktober 2006 beschlossene Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) anzupassen. Zu berücksichtigen sind insbesondere der Rückzug der IV aus der Finanzierung der Sonderschulung und der Behindertenhilfe (Investitions- und Betriebsbeiträge), der Erlass eines neuen Bundesgesetzes über die Institutionen zur Förderung der Eingliederung invalider Personen (IFEG) und die Revision des Bundesgesetzes über die Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (ELG). Diese Anpassung hat grundsätzlich bis zum Inkrafttreten der NFA-Gesetzgebung zu erfolgen.

Beantwortung der Fragen

1. Die Vor- und Nachteile eines Beitritts des Kantons zur IVSE sind derzeit in Prüfung.

2. Diese Frage bildet Bestandteil der derzeitigen Prüfung. Im Vordergrund steht ein Beitritt zu den Teilen A (Kinder- und Jugendhilfe), B (Behinderteneinrichtungen) und D (Sonderschulen).

3. Bevor der Beitritt zur IVSE dem Grossen Rat zur Beschlussfassung unterbreitet wird, werden die von der IVSE betroffenen Institutionen zur Vernehmlassung eingeladen.

4. Ein Beitritt des Kantons zur IVSE erfolgt zweckmässigerweise erst nach erfolgter Revision der IVSE. Der Grosse Rat müsste sich ansonsten zweimal mit der IVSE befassen.

5. Als Alternative beziehungsweise als Ergänzung für den Fall, dass nicht alle Kantone allen Teilen der IVSE beitreten, wird die Regierung dem Grossen Rat im Rahmen des kantonalen Mantelerlasses zur Umsetzung der NFA beantragen, im Behindertengesetz eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, wonach der Kanton mit anderen Kantonen beziehungsweise Einrichtungen in anderen Kantonen direkt Vereinbarungen über die gegenseitige Kostenabgeltung treffen kann.

Datum: 15. Dezember 2006