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Session: 18.10.2006
Das Bundesamt für Migration prüft, ob man die umstrittenen L-Bewilligungen für Tänzerinnen aus Osteuropa abschaffen soll.

Der Kanton Bern folgt derweil dem Beispiel sechs anderer Kantone (ZG, SG, VS, AI, AR, TG), welche das Statut bereits abgeschafft haben, und hebt den Sonderstatus per Januar 2007 auf.

Das BFM vermutet, dass ausländische Kreise im Zusammenhang mit der Vermittlung von Tänzerinnen organisierten Men-schenhandel betreiben könnten.

Immer wieder kommt es auch im Kanton Graubünden zu Problemen mit der Rechtsstellung von Tänzerinnen. Auch wird zuweilen von Seiten der Tänzerinnen der Vorwurf erhoben, wonach sich diese auf Geheiss ihrer Arbeitgeber prostituieren müssen. Diese Situation ist unhaltbar und menschenunwürdig.

Wir stellen deshalb der Regierung die folgenden Fragen:

1. Ist die Regierung bereit, das Tänzerinnen-Statut für Personen ausserhalb der EU abzuschaffen?

2. Sieht die Regierung Möglichkeiten, auch Tänzerinnen aus dem EU-Raum eine Bewilligung zu verweigern?

3. Welche Massnahmen gedenkt die Regierung zu ergreifen, um die Tänzerinnen vor Ausbeutung (Prostitution, Men-schenhandel etc.) wirksam zu schützen?

Chur, 18. Oktober 2006

Name: Menge, Bucher-Brini, Arquint, Bachmann, Baselgia-Brunner, Brandenburger, Brüesch, Caviezel-Sutter (Thusis), Cavigelli, Christoffel-Casty, Darms-Landolt, Dermont, Dudli, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Jaag, Jenny, Kleis-Kümin, Märchy-Michel, Meyer-Grass (Klosters), Parolini, Peyer, Pfiffner-Bearth, Thöny, Trepp, Locher Benguerel

Session: 18.10.2006
Vorstoss: dt Anfrage


Antwort der Regierung

Nach der Verordnung über die Begrenzung der Zahl der Ausländer (Art. 8 Abs. 3 lit. c BVO; SR 823.21) müssen Cabaret-Tänzerinnen nicht prioritär aus den EU-/EFTA-Staaten rekrutiert werden. Zur Zulassung von Tänzerinnen erliess der Bund umfangreiche Weisungen (Weisungen ANAG, Anhang 4/8c). Gestützt darauf erliess das Amt für Polizeiwesen eigene ergänzende Weisungen und erteilt den Cabarets Betriebskontingente für Tänzerinnen aus nicht EU-Staaten (Art. 20 Abs. 3 und 4 BVO).

Einige andere Kantone lassen nur Tänzerinnen aus den EU-Staaten zu. Verlässliche Erhebungen und Aussagen über die Wirkungen und Erfahrungen der beiden Systeme liegen nicht vor. Jedoch haben sich zwei Kantone, die nur noch Tänzerinnen aus EU-Staaten zuliessen, entschieden, wieder zur früheren Bewilligungspraxis zurückzukehren und erneut Tänzerinnen aus Drittstaaten zuzulassen.

Die Bündner Zulassungspolitik und die getroffenen Massnahmen zum Schutz der Tänzerinnen haben sich bewährt. Sowohl aus fremdenpolizeilicher Sicht als auch aus Sicht der Kantonspolizei gab das Tänzerinnenstatut in den letzten Jahren kaum Anlass zu Beanstandungen. Die beiden Stellen führen zusammen regelmässig Kontrollen in den Cabarets durch. Dabei werden gezielt die Einhaltung der Richtlinien und Weisungen, die Lohnauszahlung und die Lebensbedingungen der Tänzerinnen überprüft.

Aufgrund der Befragungen der Tänzerinnen auch ausserhalb der Cabarets und der Kontrollen kann festgehalten werden, dass im Kanton Graubünden die Tänzerinnen nicht unter Druck arbeiten müssen. Ebenso wenig bestehen Anzeichen oder Feststellungen über Zwangsprostitution, Menschenhandel oder das Ausnützen einer Notlage.

Die Abschaffung der Zulassung von Tänzerinnen aus Drittstaaten lässt eine Verlagerung des Milieus in die Illegalität befürchten. Prostituierte, die sich offiziell als Touristinnen hier aufhalten, würden vermehrt illegal in Hotels und anderen Einrichtungen arbeiten. Auch illegale Saunaclubs und Massagesalons würden vermehrt entstehen. Diese sind kaum kontrollierbar und zudem liesse sich der organisierte Menschenhandel nur schwer feststellen, geschweige denn bekämpfen oder unterbinden. Die Verweigerung der Zulassung von Tänzerinnen aus Drittstaaten dürfte zudem noch vermehrt zu Scheinehen führen. Gegen die Abschaffung sprechen nach Aussage der aids-hilfe Graubünden zudem mögliche negative Auswirkungen auf den Gesundheitszustand der Frauen, die in die Illegalität gedrängt würden. Auch die vom Swiss Forum für Migration (SFM) herausgegebene Studie „Arbeits- und Lebensbedingungen von Cabaret-Tänzerinnen“ und Frauenorganisationen wie FIZ und XENIA fordern keinen Zulassungstopp für Tänzerinnen aus Drittstaaten.

1. Die Regierung ist im heutigen Zeitpunkt nicht bereit, das Tänzerinnen-Statut für Personen ausserhalb der EU abzuschaffen. Sollten jedoch Probleme auftreten, wird die Zulassung von Tänzerinnen aus Drittstaaten einer Überprüfung unterzogen werden. Ein allgemeiner Verdacht auf Menschenhandel reicht für die Abschaffung des Tänzerinnenstatuts nicht aus. Im Einzelfall kann bei konkreten Anzeichen das Einreisevisum verweigert werden.

2. Tänzerinnen oder Prostituierte aus dem EU-/EFTA-Raum haben einen staatsvertraglich begründeten Anspruch auf eine Aufenthalts- bzw. Arbeitsbewilligung. Auch die Beschränkung der Zulassung von Tänzerinnen aus dem EU-/EFTA-Raum durch die Einführung von Kontingenten ist nicht möglich.

3. Die Cabarets werden weiterhin aufgrund der strengen Richtlinien und Weisungen überprüft. Tänzerinnen werden befragt, die Arbeitsbedingungen, die Unterkünfte, die Lohnzahlungen und das Separeeverbot periodisch kontrolliert. Bei Verstössen werden im Einzelfall Massnahmen verfügt, die bis zu einer Streichung der Kontingente an die Cabarets führen können.

Datum:15. Dezember 2006