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Session: 14.02.2007
Das Stimmrecht ist ein demokratisches Grundrecht. Es ermöglicht der Bevölkerung über politische Fragen und damit auch über die eigene Zukunft mit zu bestimmen. Eine Verweigerung des Stimmrechts für bestimmte Teile der Bevölkerung muss deshalb sehr sorgfältig begründet werden. Grundsätzlich ist das Stimmrecht jeder Person zuzugestehen, welche die Kriterien der "politischen Reife" erfüllt. "Politische Reife" wird als die Fähigkeit verstanden, die eigenen materiellen und ideellen Interessen im Rahmen der Gesellschaft zu erkennen und zu artikulieren. Dabei genügt es, wenn diese politische Reife nicht bei jedem einzelnen, sondern bei der Mehrheit einer Alterskategorie gegeben ist. Sowohl die Psychologie als auch der gesellschaftliche Alltag bescheinigen, dass Jugendliche im Alter von 16 Jahren diese Kriterien grundsätzlich erfüllen.

Mit 16 Jahren hat ein/e Jugendliche/r in der Regel die obligatorische Schulzeit abgeschlossen und steht nun vor der Berufslehre oder einer weiterführenden Schule. Die Jugendlichen müssen bei der zu diesem Zeitpunkt fälligen Wahl eines Berufes schon ein hohes Mass an Selbstverantwortung beweisen. Auch die Wirtschaft behandelt Jugendliche in diesem Alter durchwegs als mündige Käuferinnen und Käufer. Schliesslich werden die Jugendlichen auch, gemäss dem Recht der Landeskirchen, in Glaubens- und Religionsfragen als volljährig betrachtet. Der Alltag der Jugendlichen zeigt also deutlich, dass 16-Jährige fähig sind, eigene Interessen zu verfolgen und für sich und ihr Umfeld Verantwortung zu übernehmen.

Eine Senkung des aktiven Stimmrechtsalters auf 16 Jahre würde dieser veränderten Alltagswirklichkeit entsprechen. Vor allem aber würde es den Jugendlichen erlauben, bei den politischen Entscheiden, von denen sie besonders auf kantonaler und kommunaler Ebene oft sehr direkt betroffen sind, mit zu bestimmen und damit die eigene Zukunft auch aktiv zu gestalten. Die Möglichkeit der aktiven Partizipation der Jugendlichen trägt dazu bei, dass diese sich wieder vermehrt für politische Belange interessieren und auch bereit sind Verantwortung für die gesellschaftliche Entwicklung zu übernehmen. Solches politisches Interesse und Engagement sind wiederum weitere Grundpfeiler der Demokratie.

Die Regierung wird somit eingeladen, dem Grossen Rat eine Änderung der kantonalen Gesetzgebung mit dem Ziel zu unterbreiten, das Stimmrechtsalter 16 (ohne passives Wahlrecht) einzuführen.

Chur, 14. Februar 2007

Name: Zurfluh, Jäger, Bucher-Brini, Arquint, Baselgia-Brunner, Jaag, Menge, Meyer Persili (Chur), Peyer, Thöny, Trepp

Session: 14.02.2007
Vorstoss: dt Auftrag

Antwort der Regierung

Im Bund und im Kanton Graubünden ist das Stimmrechtsalter vor rund 15 Jahren von 20 auf 18 Jahre gesenkt worden. Seither sind auf verschiedenen Ebenen Vorstösse unternommen worden, das Stimmrechtsalter weiter herabzusetzen. So ist auf Bundesebene die Überweisung einer Motion betreffend Stimmrechtsalter 16 im Jahre 2000 im Nationalrat abgelehnt worden. Auch in verschiedenen Kantonen wurde diese Frage in den letzten Jahren zur Diskussion gestellt, sei es im Rahmen von Verfassungstotalrevisionen oder im Zusammenhang mit entsprechenden parlamentarischen Vorstössen. So haben etwa die Kantone Basel-Stadt und Luzern im Rahmen ihrer Verfassungsrevision die Einführung von Stimmrechtsalter 16 abgelehnt. Abgelehnt wurde anfangs dieses Jahres auch ein entsprechender parlamentarischer Vorstoss im Grossen Rat des Kantons Aargau. Einen Antrag auf Einführung vom Stimmrechtsalter 16 stellt dagegen die Regierung des Kantons Bern dem Grossen Rat. Schliesslich hat die Glarner Landsgemeinde am 6. Mai 2007 beschlossen, für kommunale und kantonale Angelegenheiten das aktive Stimm- und Wahlrecht ab 16 Jahren einzuführen.

Im Kanton Graubünden war eine Herabsetzung des Stimmrechtsalters für kantonale und Gemeindeangelegenheiten auf 16 Jahre bei der letzten, auf den 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Totalrevision der Verfassung noch kein Thema. Die Vostösse in verschiedenen Kantonen und der Entscheid der Glarner Landsgemeinde zeigen nun aber, dass die Frage der Herabsetzung des Stimmrechtsalters an Aktualität gewonnen hat. Sicher mit dafür verantwortlich ist die demografische Entwicklung, die gerade im Bereich der politischen Mitwirkung zu Gewichtsverschiebungen führt. Hinzu kommt, dass es sicher Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren gibt, die ein aktives Stimm- und Wahlrecht wahrnehmen möchten. Diese erhielten durch die Senkung des Stimm- und Wahlrechtsalters die Möglichkeit, sich ins politische Geschehen einzubringen und der Stimme der Jugend Gewicht zu verschaffen. Problematisch erscheint in diesem Zusammenhang die Schaffung zweier unterschiedlicher Mündigkeitsalter mit der Einführung von Stimm- und Wahlrechtsalter 16. Im Zivilrecht, so beispielsweise beim Abschluss von Verträgen, würde weiterhin das Mündigkeitsalter 18 gelten. Die Regierung erachtet nun allerdings diesen Umstand als nicht derart gravierend, dass Stimm- und Wahlrechtsalter 16 abgelehnt werden müsste. Vielmehr sieht sie vor dem Hintergrund der neueren demografischen und politischen Entwicklung in der Herabsetzung des Stimm- und Wahlrechtsalters eine Chance, die politische Teilnahme der Jugend am Staatsgeschehen zu erhöhen. Sie ist deshalb bereit, den vorliegenden Auftrag entgegenzunehmen und dem Grossen Rat eine Änderung der Kantonsverfassung zu beantragen, die für kommunale und kantonale Angelegenheiten das aktive Stimm- und Wahlrechtsalter 16 vorsieht.

Datum: 8. Mai 2007