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Session: 13.06.2007
Durch staatliche Massnahmen, Forderungen und Wünsche werden von den KMU auf dem Arbeitsmarkt ein immer stärkeres soziales Verhalten und immer mehr Engagement erwartet.
Dazu gehören z. B.:

- die Flexibilisierung der Arbeitszeiten (Familienbericht Graubünden)

- die Schaffung von zusätzlichen Ausbildungsplätzen in Lehrbetrieben

- die vermehrte Beschäftigung und Wiedereingliederung von IV-Bezügern (5. IV Revision)

- die Wünsche der RAV, der Sozial- und Vormundschaftsbehörden wie auch der Bewährungshelfer nach Schaffung von Stellen, welche eine Wiedereingliederung ermöglichen

Unternehmen, die diesen und auch weiteren sozialen Verpflichtungen nachkommen, zeigen ein grosses gesellschaftliches Verantwortungsbewusstsein und entlasten finanziell die Gemeinwesen in einem beträchtlichen Masse. Gleichzeit nehmen diese KMU-Betriebe durch ihren Einsatz aber auch einen erheblichen administrativen Mehraufwand und zusätzliche Kosten in Kauf.

In den Submissionsverfahren der öffentlichen Hand und bei der Arbeitsvergabe in der Privatwirtschaft sind diese KMU dann aber wegen Ihrer Kostenstruktur oft benachteiligt. Mitbewerber aus dem In- und Ausland, bei denen heute das soziale Bewusstsein weniger ausgeprägt ist, erhalten den Zuschlag. Die Gründe für die unterschiedlichen Ausgangslagen im Kostenbereich bleiben meistens unbeachtet.

Ein entsprechendes kantonales Label könnte z. B. die Arbeitsvergaben der öffentlichen Hand im Einladungsverfahren oder im freihändigen Verfahren (Art. 13 Abs. 1 SubG) massgebend beeinflussen. Es würde allgemein für mehr Transparenz sorgen und zu einer Imagesteigerung dieser KMU beitragen.

Vor diesem Hintergrund wird die Regierung um Beantwortung der folgenden Fragen ersucht:

1. Ist die Regierung gewillt, unter Einbezug der Dachorganisationen der Graubündner Wirtschaft, die Grundlagen für ein kantonales Label für „KMU mit ausserordentlichem sozialem Einsatz“ zu
schaffen?

2. In welchem Zeitrahmen kann sich die Regierung die allfällige Schaffung der Grundlagen für dieses Label vorstellen?

3. Mit welchen Instrumenten, Anreizen oder Massnahmen könnte die Regierung diesem allfälligen Label zu effektiver Wirksamkeit verhelfen?

Chur, 13. Juni 2007

Name: Pfäffli, Conrad, Parpan, Arquint, Barandun, Baselgia-Brunner, Berther (Sedrun), Bezzola (Zernez), Bischoff, Bleiker, Blumenthal, Brandenburger, Brantschen, Bucher-Brini, Buchli, Candinas, Casparis-Nigg, Casty, Caviezel (Pitasch), Christoffel-Casty, Claus, Clavadetscher, Fallet, Felix, Feltscher, Florin-Caluori, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Giovanoli, Hanimann, Hartmann (Chur), Hartmann (Champfèr), Jaag, Jäger, Jenny, Kessler, Kleis-Kümin, Koch, Kunz (Chur), Marti, Meyer Persili (Chur), Meyer-Grass (Klosters), Michel, Nick, Niederer, Noi-Togni, Parolini, Perl, Peyer, Pfenninger, Piffner-Bearth, Portner, Ragettli, Rathgeb, Rizzi, Stiffler, Thomann, Thöny, Thurner-Steier, Toschini, Trepp, Valär, Vetsch (Pragg-Jenaz), Wettstein, Kunz (Fläsch), Hauser, Just

Session: 13.06.2007
Vorstoss: dt Anfrage

Antwort der Regierung

Eine international einheitliche Terminologie des Begriffs „Label“ gibt es bis heute nicht. Das Wort "Label" wird oft synonym verwendet mit ähnlichen Ausdrücken wie Deklaration, Kennzeichnung, Beschriftung oder Logo. Labels sind marktwirtschaftliche Instrumente der Verkaufsförderung, die das Kaufverhalten der Konsumenten in eine bestimmte Richtung beeinflussen sollen. Im Gegensatz zu Kennzeichnungsvorschriften und Warendeklarationen sind Labels freiwillige Beschriftungen eines Produkts oder einer Dienstleistung. Soziallabels stehen für die Einhaltung festgelegter sozialer Grundrechte oder Postulate und stellen in der Regel einen Mindeststandard im globalen Handel sicher. Für die Verwendung eines Labels braucht es ein Labelsystem. Dieses beinhaltet die Gesamtheit der Regelungen und Verfahren, die zur Entwicklung, Vergabe, Verwendung, Kontrolle und zum Entzug eines Labels notwendig sind.

Organisationen können beliebig neue Labels kreieren, was zu einer grossen Anzahl und Vielfalt an Labels im In- und Ausland geführt hat. Labels sind grundsätzlich eine Angelegenheit des Privatsektors. Für die Regierung ist die Förderung von Labels primär eine Aufgabe der nichtstaatlichen Organisationen, beispielsweise von Branchen- oder Konsumentenorganisationen.

Zu den Fragen:

1. Die Regierung erachtet die Realisierung eines Labels für „ausserordentlichen sozialen Einsatz“ als nicht zweckmässig. Im Rahmen des Labelsystems müsste ein über den gesetzlichen Anforderungen oder der Norm liegender Mindeststandard für die von der Anfrage angesprochenen Bereiche wie Arbeitszeiten, Wiedereingliederung von IV-Bezügern, Ausbildungsplätze etc. definiert werden. Die Erfüllung dieses Standards würde zur Führung des Labels berechtigen. Der Aufbau und der Betrieb eines solchen Labelsystems scheinen aufwendig und nicht praktikabel. Label sind geeignet für die Kennzeichnung der Einhaltung einer Norm und nicht für die Auszeichnung einer ausserordentlichen Leistung. Die Bereiche unterliegen zudem einer ständigen Entwicklung. Was heute „ausserordentlich“ ist, kann morgen schon Regel sein. Für die Förderung des sozialen Engagements scheint die Vergabe einer Auszeichnung oder eines Preises, wie dies beispielsweise die Pro Infirmis und die Schwab Stiftung für Social Entrepreneurship machen, zielführender zu sein. Die Erfahrungen mit der Verleihung des Pro Infirmis Kristalls, bei welcher die Regierung in der Jury vertreten war, zeigen, dass die Festlegung von geeigneten Kriterien und deren Anwendung anspruchsvoll sind. Bei staatlichen Labels oder Auszeichnungen kommt ein verstärkter Anspruch an Objektivität dazu.

Auszeichnungen und Labels auch im Sozialbereich sollten nach Meinung der Regierung primär durch private Organisationen vergeben werden. Um den unterschiedlichen Voraussetzungen einer Branche gerecht zu werden, dürften Branchenlösungen im Vordergrund stehen.

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen sieht die Regierung davon ab, ein wie in der Anfrage vorgeschlagenes Label zu schaffen.

2. Der Zeitrahmen für die allfällige Schaffung eines solchen Labels kann erst gestützt auf ein konkretes Labelsystem festgelegt werden.

3. Fördermassnahmen können ebenfalls erst nach Vorliegen des Labelsystems geprüft werden. Da diese einen Eingriff in den Markt darstellen, sollte der Staat diesbezüglich Zurückhaltung üben.

Datum: 11. September 2007