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Session: 14.06.2007
Die Klimabombe tickt! Alle CO2-Produzenten werden in nächster Zukunft zur Kasse gebeten. Die heutigen Erdölreserven sind in 50 Jahren aufgebraucht und schon lange vorher kaum mehr erschwinglich. Die Erdöl- und damit alle Energiepreise werden massiv steigen. Ein grosser Teil des Erdölverbrauchs wird vom Verkehr konsumiert. Die entsprechende Gesetzgebung ist grossmehrheitlich Bundessache und durch unseren Kanton nur marginal beeinflussbar. Ungefähr die Hälfte des Erdöls wird aber für Heizungs- und Wohnzwecke verbraucht. Hier kann der Kanton über Anreize und Regelungen in der Energiepolitik und über Vorgaben in der Raumplanungsgesetzgebung legiferieren und will dies gemäss ES 17/17 des Regierungsprogramms auch aktiv tun. Unser Kanton war noch vor 15 Jahren in der Förderung der Energieeffizienz führend. Heute sind wir zumindest in Westeuropa weit überholt worden. Das Bundesland Vorarlberg z.B. hat ein sehr erfolgreiches Energieeffizienzprogramm entwickelt, das langfristig hohe Zinsen abwirft, weil die damit verbundene Wertschöpfung im Bau- und Beratungsgewerbe die staatlichen Investitionen mehr als wettmacht. Was Vorarlberg Recht ist, müsste für Graubünden im Zeitalter der Energierevolution billig sein. Die Technik ermöglicht heute bei Neubauten Passivenergiestandards, welche verbunden mit höchstem Wohnkomfort und architektonischer Schönheit mit realistischen Investitions-Mehrkosten von 3-8 % verbunden sind. Die Einsparungen der Nebenkosten für Wärme und die langfristige Wertsteigerung des Gebäudes machen diese Mehrinvestition langfristig wett.

Die Hauptzielsetzung unseres Vorstosses ist die Sensibilisierung der Bevölkerung des Kantons Graubünden für Energieeffizienz. Der Weg zur 2000 Watt-Gesellschaft soll durch diesen Vorstoss unterstützt werden. Wenn dieses Ziel infolge der topografischen und der Höhenverhältnisse des Kantons nicht ganz erreichbar ist, sind die Auftraggeber auch zufrieden. Der Beitrag des Kantons zu diesem Ziel muss über Anreize, Beratungen und Vorschriften für ein energieeffizientes Erstellen von Neubauten im Standard Minergie-Passivhaus (min. 10x weniger Energie als 30 jähriges Wohnhaus) und bei Sanierungen im Standard Minergie (min. 4x) liegen.

Die Auftraggeber möchten es der Regierung offenlassen, wie sie diese Ziele erreicht und doch mögliche nicht abschliessende Lösungsansätze aufzeigen:

1. Für Neubauten sollte kurzfristig von ca. 2008-2012 ein Anreizmodell geschaffen werden Passivhausstandard und darunter mit Förderbeiträgen zu injizieren. Ab ca. 2013 könnte der Passivhausstandard via Raumplanungsgesetzgebung vorgeschrieben werden. Eine frühzeitige Terminierung des Standards würde Signalwirkung bei Bauten und in der Ausbildung der Fachleute auslösen. Entsprechende Anreizbeiträge könnten aus der AGIO-Ausschüttung der GKB finanziert werden. Liegenschaftsbesitzer sind ja nebenbei oft Hypothekarbezüger unserer Kantonalbank.

2. oder dem innovativen Liegenschaftsbesitzer werden steuerlich bis 2012 während einer beschränkten Zeit höhere Abzüge gewährt, wenn ein entsprechender hochwertiger Ökologienachweis vorliegt. Dabei soll die entsprechende Zertifizierung bei Erreichen des Standards kostenlos sein.

3. Der Kanton und die kant. Pensionskasse sollten einen „Leuchtturmeffekt“ auslösen. Ihre Neubauten sollten mit Passivhausstandard, bei Sanierungen mit Minergiestandard ausgestattet werden.

4. Im Raumplanungsgesetz könnten Haussanierungsprojekte, welche den Minergiestandard unterschreiten, mit einer höheren Ausnützungs- bzw. Baumassenziffer belohnt werden. Die Ausnützungsziffer/Baumassenziffer sollten zudem auf den Innenmassen gerechnet werden.

5. Der Kanton sollte Ausbildungs-, Know-how oder Forschungsprojekte im Bereich Gebäudeenergieeffizienz fördern, indem er ein entsprechendes Kompetenzzentrum aufbaut und die Zusammenarbeit mit der IG-Passivhaus umsetzt.

Wir fordern die Regierung auf, die entsprechenden Massnahmen zur sofortigen Förderung von Passivhaus-Neubauten und Minergie-Sanierungsprojekten sowie zur flächendeckenden Einführung des Passivhausstandards für Neubauten innerhalb von weniger als 10 Jahren ab heute zu ergreifen und falls sie dies für nötig hält, einen ganzheitlichen Bericht bis 2009 vorzulegen. Die Regierung soll dabei durchaus den topografischen Verhältnissen (Höhenlagen) und den Spezialbedürfnissen von Uraltbauten und historischen Bauten Rechnung tragen.

Chur, 14. Juni 2007

Name: Feltscher, Hanimann, Rathgeb, Bachmann, Barandun, Bischoff, Casparis-Nigg, Caviezel (Pitasch), Clavadetscher, Hartmann (Chur), Jenny, Kessler, Kunz (Chur), Meyer-Grass (Klosters), Nick, Perl, Pfäffli, Rizzi, Thomann, Toschini, Valär, Vetsch, Wettstein, Hauser, Just, Kunz (Fläsch)

Session: 14.06.2007
Vorstoss: dt Auftrag

Antwort der Regierung

Im verbindlichen Teil des Vorstosses wird die Regierung aufgefordert, die notwendigen Gesetzesanpassungen zu treffen, damit innerhalb von 10 Jahren flächendeckend und für Neubauten zwingend die Energiewerte eines MINERGIE-Passivhauses (nachfolgend MINERGIE-P-Standard) und bei Sanierungen der MINERGIE-Standard erreicht wird. Darüber hinaus seien die Voraussetzungen zu schaffen "zur sofortigen Förderung von Passivhaus-Neubauten und MINERGIE-Sanierungsprojekten".

1. Der Energieverbrauch von Gebäuden beansprucht rund 45 % des schweizerischen Energiebedarfs. Zu dessen Senkung tragen insbesondere die Verbesserung der Bauqualität, die Steigerung der Energieeffizienz und das Benutzerverhalten bei. Schon das geltende Energiegesetz des Kantons belohnt und fördert energieeffizientes Bauen. Im Rahmen der Überarbeitung der unter den Kantonen harmonisierten Energievorschriften ist eine Verschärfung der energetischen Anforderungen an Neubauten sowie bei Umbauten vorgesehen. Der Entwurf sieht als neue Zielvorgabe vor, dass der durchschnittliche jährliche Heizölverbrauch (als Äquivalent für andere Energieträger) von heute 9 auf 4.8 lt/m2 Wohnfläche bei Neubauten sowie bei neubauartigen Sanierungen gesenkt wird. Dieser Wert entspricht bezüglich der Gebäudehülle den Vorgaben von MINERGIE-Bauten. Zum Vergleich beträgt der Verbrauch eines MINERGIE-P-Hauses 3 lt/m2. Die Regierung beabsichtigt, die dergestalt überarbeiteten Mustervorschriften, sofern sie im Kanton Graubünden technisch auch umgesetzt werden können, zu übernehmen. Gleichzeitig soll geprüft werden, welche zusätzlichen Anreize, wie etwa ein freiwilliger Gebäudeausweis, die unbestrittene Zielsetzung der Reduktion des Energieverbrauchs in Gebäuden wirksam unterstützen können.

2. Eine flächendeckende zwingende Einführung des MINERGIE-P-Standards innerhalb von 10 Jahren lehnt die Regierung allerdings als unrealistisch ab. Um die vorgegebenen Wärmedämmwerte zu erreichen, müsste ein Gebäude mit einer rund 30 cm dicken Wärmedämmschicht eingehüllt werden können. Eine solche Bauweise würde dem Bauherrn eine radikal neuartige Konstruktion und hoch effiziente haustechnische Anlagen aufzwingen. Die damit verbundenen Einschränkungen bezüglich Gestaltungsfreiheit, Nutzung von Gebäude und Bauland aber auch die damit verbundene Verteuerung der Erstellung vermögen den Vorteil des geringen Energieverbrauchs
3 lt/m2 statt 4.8 lt/m2 nicht aufzuwiegen. Zudem wäre der verlangte MINERGIE-P-Standard nicht für alle Gebäudekategorien anwendbar und die speziellen topografischen und klimatischen Verhältnisse im Kanton aber auch der Ortsbildschutz stünden einer vereinheitlichen Bauweise entgegen.

3. Im Rahmen der erwähnten Anpassung des kantonalen Energiegesetzes wird zu prüfen sein, inwieweit im Rahmen einer Sanierung eines bestehenden Gebäudes die Wärmedämmwerte analog dem MINERGIE-Standard überhaupt erreicht werden können. Die Schwierigkeit, den MINERGIE- Standard bei Sanierungen zu erreichen, dürfte weniger bei der Gebäudehülle als bei den haustechnischen Anlagen (mit der verlangten Komfort-Lüftungsanlage) liegen. Mit vertretbarem Aufwand liess sich eine solche nur realisieren, wenn gleichzeitig mit der Gebäudehülle auch Küche und Bad saniert und die Struktur des Gebäudes bezüglich Raumhöhe und Raumkonzept überhaupt eine Nachrüstung zuliesse. Aufgrund der objektbezogenen Spezialitäten ist eine Verpflichtung für eine integrale Übernahme des MINERGIE-Standards bei Sanierungen, wie sie im Auftrag verlangt wird, deshalb abzulehnen.

4. Schliesslich wird mit dem Auftrag verlangt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden, damit per sofort Passivhaus-Neubauten von kantonalen Beiträgen profitieren können. Derzeit beschränkt sich das Förderprogramm des Kantons darauf, dass immense Energiesparpotenzial in der bestehenden Bausubstanz zu nutzen, indem Beiträge an bestehenden Bauten und haustechnischen Anlagen ausgerichtet werden, wenn im Rahmen einer Sanierung ein bedeutend kleinerer Energiebedarf oder ein wesentlich besserer Nutzungsgrad im Vergleich zu den gesetzlichen Mindestvorschriften erzielt werden. Die Regierung sieht keinen Grund, von diesem Fördermodell abzuweichen, zumal dieses Anreizmodell die höchstmögliche Wirkung der verfügbaren öffentlichen Mittel verspricht.
Zusammenfassend beantragt die Regierung aus den dargelegten Gründen, den Auftrag nicht zu überweisen.

Datum: 30. August 2007