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Session: 01.09.2007
Mit Entscheid vom 20.8.2002 beschloss die Bündner Regierung nach umfangreichen Abklärungen und sorgfältiger Lagebeurteilung den sogenannten Sollbestand der Kantonspolizei auf 1.1.2003 um 33 Stellen zu erhöhen. Dieser Beschluss wurde in der Folge auch durch die GPK genehmigt. Im Rahmen des Massnahmenplanes Haushaltssanierung musste der Entscheid durch den Grossen Rat im Jahre 2003 aber wieder rückgängig gemacht werden. Die Massnahmen gemäss Haushaltssanierungsplan laufen Ende des Jahres aus.

Der Nicht-Erhöhung des Bestandes begegnete die Kantonspolizei in der Folge einerseits mit dem Reorganisationsprojekt P 2003, andererseits mit der Einleitung einer sogenannten Verzichtsplanung. Beide Massnahmen brachten nicht die erhofften Resultate. Das heisst: Die Notwendigkeit einer Bestandeserhöhung blieb bestehen und ist auch heute noch ausgewiesen. Tatsächlich wurden in den letzten vier Jahren innerhalb der Kantonspolizei rund 40 neue Stellen geschaffen. Dies war notwendig aufgrund neuer gesetzlicher Vorgaben, aber auch um zu versuchen, den polizeilichen Auftrag zu erfüllen. Diese Stellenschaffungen erfolgten durch Umbesetzungen; mithin wurden Personen von bestehenden Stellen abgezogen. Konsequenz davon ist beispielsweise, dass im Oberengadin der Bestand der Kantonspolizei noch im Jahre 1999 46 Personen betrug, im Mai 2002 36 und per 1.5.2007 lediglich 29. Der Sollbestand gemäss P 2003 müsste 39 Personen betragen. Dieses Beispiel des Oberengadins kann auf andere Regionen, aber auch auf die Zentrale übertragen werden.

Die personelle Situation der Kantonspolizei ist derzeit derart prekär, dass der Kanton Graubünden die Sicherheit der Bevölkerung nicht mehr adäquat gewährleisten kann. Gemäss Vorgaben des Betriebes müssten Interventionszeiten von 30 Minuten eingehalten werden. Aufgrund der personellen Engpässe ist dies ein Ding der Unmöglichkeit. Je nach Situation und Verhältnissen gelten Interventionszeiten bis 90 Minuten. Ein derart langes Zuwarten bis zum Eintreffen der Polizei an einem Interventionsstandort ist bei akuter Gefährdungslage jedenfalls inakzeptabel und mit schwerwiegenden negativen Konsequenzen verbunden. Ohne Erhöhung des Bestandes ist auch die polizeilich gebotene und notwendige Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kantonspolizei in Frage gestellt. Beispielsweise wurden für die Ordnungsdienstkräfte (OD) bisher jährliche Ausbildungswiederholkurse à drei Tage durchgeführt. Der diesjährige Kurs musste wegen personeller Engpässe gestrichen werden. Rund 110 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kantonspolizei konnten im Ordnungsdienst sohin nicht die notwendige Ausbildung erfahren, obwohl bspw. die Euro 08 vor der Tür steht. Solche Beispiele könnten fast beliebig aufgezählt werden. Die Kantonspolizei müsste dringlich Massnahmen gegen die Zunahme der Jugendkriminalität ergreifen können. Notwendig wäre der Aufbau eines speziellen Jugenddienstes bei der Kantonspolizei. Ohne Bestandeserhöhung ein Ding der Unmöglichkeit. Tatsache ist heute und prognostiziert auch für die Zeit bis zum Jahre 2010, dass der effektive Bestand nicht einmal den heute geltenden Sollbestand erreicht. Per 1.1.2007 betrug der effektive Bestand 389,60 gegenüber 408,60 Sollbestand.

Die Unzufriedenheit, ja der Unmut der Polizistinnen und Polizisten nimmt beinahe täglich zu. Das ist weder für das Arbeitsklima im Betrieb förderlich, noch für die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Stress und Unzufriedenheit führen zu vermehrten Ausfällen. Per 31.12.2006 betrug der Überhang an Überzeit bzw. Pikett 29'425 h, was rund 13 Jahresstellen entspricht. Polizistinnen und Polizisten und der sie vertretende Bündner Kantonspolizei-Verband fordern deshalb mittels Resolution die zuständigen politischen Behörden dringendst auf, raschestens für eine Bestandeserhöhung um 40 Stellen besorgt zu sein.

Die Unterzeichnenden stimmen ihrerseits in diese Forderung mit ein und beauftragen die Regierung, den Bestand der Kantonspolizei umgehend um 40 Stellen zu erhöhen.

Chur, 1. September 2007

Name: Augustin, Stiffler, Barandun, Berther (Sedrun), Bischoff, Bleiker, Blumenthal, Brandenburger, Buchli, Bundi, Candinas, Casty, Cavigelli, Darms-Landolt, Dudli, Fallet, Fasani, Felix, Florin-Caluori, Frigg-Walt, Hardegger, Jäger Jenny, Koch, Kollegger, Loepfe, Mani-Heldstab, Menge, Montalta, Niederer, Parolini, Peyer, Pfister, Tenchio, Thöny, Thurner-Steier, Tuor, Zanetti, Casutt-Derungs (Falera), Flütsch, Patt

Session: 01.09.2007
Vorstoss: dt Auftrag

Antwort der Regierung

Am 20. August 2002 entschied die Regierung, den Bestand der Kantonspolizei um 33 Stellen aufzustocken. Auf die Bestandeserhöhung musste jedoch im Rahmen der Struktur- und Leistungsüberprüfung zur Sanierung des Kantonshaushaltes (Botschaft Heft Nr. 2/2003-2004) verzichtet werden. Das Reorganisationsprojekt „P2003“ war keine Folge dieses Entscheids, sondern bereits vorgängig unter dem Namen „P200X“ eingeleitet worden. Mit der Reorganisation, die sich mehrheitlich bewährt hat, wurden schlankere Strukturen und durch die Zusammenlegung der Bezirksorganisation mit der Verkehrspolizei die Voraussetzungen für eine erhöhte Flexibilität und die Nutzung von Synergien geschaffen. Das Reorganisationsprojekt "P2003" hatte zudem zum Ziel, die Frontmitarbeitenden in gewissen Teilbereichen zu entlasten (z.B. mit der Schaffung von vollamtlichen Instruktoren).

Bei der Kantonspolizei wurden in den vergangenen Jahren für die Bewältigung der Aufgaben im Zusammenhang mit dem Schwerverkehr und dem Kontrollzentrum in Unterrealta sowie für die Übernahme von Gemeindepolizeiaufgaben neue Stellen geschaffen. Dies war trotz des Personalstopps möglich, weil diese Stellen durch den Bund beziehungsweise die Gemeinden finanziert werden. Mit Beschluss vom 7. März 2006 (Prot. Nr. 240) und Zustimmung der Geschäftsprüfungskommission hat die Regierung zudem den sogenannten Überhang von 30 Stellen in den ordentlichen Stellenplan überführt und den Sollbestand auf 408.6 Stellen festgelegt. Damit erhielt die Kantonspolizei mehr Flexibilität für die Anstellung neu eintretender Polizeiaspirantinnen und Polizeiaspiranten und Übertritte aus anderen Polizeikorps.

Richtig ist, dass zusätzliche Aufgaben mit dem bestehenden Bestand aufgefangen werden mussten. Allerdings wurden mit der Verzichtsplanung, die aufgrund der stetig zunehmenden Aufgaben notwendig wurde, auch Aufgaben abgebaut (z.B. Kontrolle der Hotelmeldescheine, Leumundsberichte für Einbürgerungen, Transportbegleitungen). Zudem wurde dem GWK die Kompetenz übertragen, in gewissen Bereichen ohne Beizug der Kantonspolizei tätig zu werden.

Die Regierung weiss um die Überstunden und Zeitgutschriften, die grundsätzlich vor allem auf Pikettdienste und auf in den letzten Jahren nicht besetzte Stellen zurückzuführen sind. Eine genaue Analyse zeigt aber, dass sich ungefähr die Hälfte dieser Ansprüche auf ca. 20 Mitarbeitende verteilt, und diese Ansprüche zudem vielfach im Zusammenhang mit der Bewältigung des WEF entstanden sind. Die Kantonspolizei hat vom vorgesetzten Departement seit längerer Zeit den Auftrag, Überstunden und Zeitgutschriften zu reduzieren und entsprechend Prioritäten in der Aufgabenerfüllung zu setzen, um der von einigen Mitarbeitenden geltend gemachten angespannten Arbeitssituation Rechnung zu tragen.

Die Behauptung, die Sicherheit der Bevölkerung könne mit dem derzeitigen Bestand nicht mehr gewährleistet werden, lässt sich aus objektiver Sicht nicht belegen. In den letzten Jahren hat sich die Kriminalitätsentwicklung stabilisiert, die Aufklärungsquote bei den Straftaten ist ungefähr gleich geblieben und die Zahl der Verkehrsunfälle ist sogar leicht zurückgegangen. Allerdings verhält sich das subjektive Sicherheitsempfinden jedes Einzelnen oft nicht kongruent zur tatsächlichen Kriminalitätsentwicklung.

Ein Kommissionsauftrag der KJS verlangt die Ausarbeitung eines Polizeiberichtes zuhanden des Grossen Rates. Die Regierung ist bereit, diesen Auftrag entgegenzunehmen. Dieser Bericht wird in Berücksichtigung der Organisation, Strukturen und Aufgaben der Kantonspolizei auch Aufschluss über den notwendigen Bestand geben. Vorweg ist festzulegen, welche Aufgaben die Kantonspolizei schwergewichtig wahrnehmen soll und welche Interventionszeiten anzustreben sind. Daraus leitet sich der dafür notwendige Personalbestand ab. Zeigt sich, dass eine Bestandeserhöhung erforderlich ist, wird die Regierung dem Grossen Rat diese im Zusammenhang mit dem geforderten Polizeibericht beantragen. Ohne über die notwendigen Entscheidungsgrundlagen zu verfügen lässt es sich nicht rechtfertigen, eine Bestandeserhöhung zu beschliessen. Die Regierung beantragt den Auftrag abzulehnen und vorerst den Polizeibericht, der dem Grossen Rat im Jahre 2008 zugestellt werden soll, abzuwarten.

Datum: 26. Oktober 2007