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Session: 23.10.2007
Das vom Volk am 17. Juni 2007 angenommene Sprachengesetz sollte am 1. Januar 2008 in Kraft treten.

Aufgrund der von den Befürwortern des Gesetzes im Vorfeld der Volksabstimmung gemachten Versprechungen und in Anbetracht der Tatsache, dass sich in Italienischbünden die Situation in Bezug auf die Zustellung von Texten in italienischer Sprache sowohl seitens der kantonalen Verwaltung als auch seitens der kantonalen Institutionen zu verschlechtern anstatt sich zu verbessern scheint, stelle ich der Regierung folgende Fragen:

1. Ist ein Ausbau des kantonalen Übersetzungsdienstes - vorzugsweise mit Aufträgen auch in die Peripherie des Kantons - eindeutig und unaufschiebbar vorgesehen? Auf die Kritik von Gemeinden und Privaten, Übersetzungen würden nicht ausgeführt, antworten die kantonalen Ämter, dass der Übersetzungsdienst hoffnungslos mit Arbeit überlastet sei.

2. Wie erfolgt die Information zum Sprachengesetz in den kantonalen Institutionen, die dem kantonalen Stellenplan unterstehen?

Vor der Volksabstimmung wurde behauptet, dass die Angehörigen der Sprachminderheiten dank dem Sprachengesetz leichteren Zugang zu Stellen in der kantonalen Verwaltung haben werden. Wie erklärt es sich also, dass in den vergangenen Monaten junge Italienischbündner in Luzern und Zürich angestellt wurden, während dieselben Jugendlichen im Kanton Graubünden aus sprachlichen Gründen nicht in Betracht gezogen wurden? Wird man mit dem Inkrafttreten des Sprachengesetzes diese äusserst paradoxe Situation beheben?

3. Wird es - immer noch mit Inkrafttreten des Sprachengesetzes - endlich möglich sein, dass in den Tälern Italienischbündens unter den Notrufnummern (117, 144) in italienischer Sprache geantwortet wird?

4. Wie einschneidend wirken sich die Änderungen des Bundes bei der Volkszählung auf die Absichten des Sprachengesetzes aus?

Diese Präzisierungen sollen auch unterstreichen, dass das Sprachengesetz kein Alibigesetz sein sollte und auch keine rein symbolische Bedeutung haben sollte.

Chur, 23. Oktober 2007

Name: Noi-Togni, Mengotti, Arquint, Casutt, Kleis-Kümin, Koch, Meyer Persili (Chur), Pedrini, Troncana-Sauer, Märchy-Caduff (Domat/Ems), Scartazzini

Session: 23.10.2007
Vorstoss: dt Anfrage

Antwort der Regierung

Die Regierung wird das Sprachengesetz des Kantons Graubünden (SpG), das in der Volksabstimmung vom 17. Juni 2007 von der Bündner Bevölkerung mit 22'582 Ja- gegen 19'334 Nein-Stimmen angenommen wurde, zusammen mit der Sprachenverordnung (SpV) auf den 1. Januar 2008 in Kraft setzen.

In der vorliegend zu beantwortenden Anfrage wird in den einleitenden Bemerkungen der Eindruck erweckt, dass sich in Italienischbünden die Situation in Bezug auf die Zustellung von Texten in italienischer Sprache sowohl seitens der kantonalen Verwaltung als auch seitens der kantonalen Institutionen zu verschlechtern anstatt zu verbessern scheint. Dieser Eindruck entspricht nicht den Tatsachen, ganz im Gegenteil, in den letzten Jahren und Monaten hat das Volumen der Übersetzungen auch in die italienische Sprache laufend zugenommen. Dies belegen etwa auch die im Landesbericht ausgewiesenen statistischen Angaben zu den erledigten Übersetzungsaufträgen (vgl. Landesbericht 2006, S. 34).

Ob die in der Einleitung zu den Fragen 3 und 4 erhobenen Vorwürfe, dass in den vergangenen Monaten junge Italienischbündner in Luzern und Zürich angestellt wurden, während dieselben Jugendlichen im Kanton Graubünden aus sprachlichen Gründen nicht in Betracht gezogen worden sind, den Tatsachen entsprechen, entzieht sich unserer Kenntnis. Entsprechende Detailinformationen zu den Anstellungsverfahren in der kantonalen Verwaltung liegen nicht vor.

Zu den einzelnen Fragen äussert sich die Regierung wie folgt:

1. Ein Ausbau des kantonalen Übersetzungsdienstes im Zuge mit der Umsetzung des kantonalen Sprachengesetzes ist nicht geplant. Der Übersetzungsdienst ist zwar gut ausgelastet, kann aber normalerweise alle Aufträge zeitgerecht erledigen. Eine Ausnahme bildete eine kurze Phase im September 2007 nach einem Personalwechsel beim italienischen Übersetzungsdienst. Im Übrigen gehört es nicht zum Aufgabenbereich des Kantonalen Übersetzungsdienstes, Übersetzungsarbeiten für Gemeinden und Private zu erledigen.

2. Die Information der Mitarbeitenden der kantonalen Verwaltung über die Auswirkungen des Sprachengesetzes beginnt unmittelbar mit der Inkraftsetzung des Gesetzes und der dazugehörigen Verordnung. Sämtliche Dienststellen werden über das Inkrafttreten in Kenntnis gesetzt und sind angehalten, die einschlägigen Bestimmungen, welche sie unmittelbar betreffen, anzuwenden respektive umzusetzen.

3. Den Mitarbeitenden der Notfallnummer 117 sowie der Sanitätsnotrufzentrale 144 ist es ein grosses Anliegen, alle Kundinnen und Kunden in ihrer Sprache zu bedienen, soweit dies aus betrieblichen Gründen und aufgrund der getrennten Einsatzzentralen überhaupt möglich ist. Allerdings kann in einem 24-Stunden-Schichtbetrieb nicht immer garantiert werden, dass eine Mitarbeiterin bzw. ein Mitarbeiter im Dienst steht, um sämtliche Anrufe perfekt dreisprachig entgegen zu nehmen. So steht in der Sanitätsnotrufzentrale 144 nachts oder zuweilen auch in der Nebensaison nur eine Person für die Einsatzzentralen im Dienst, welche nicht uneingeschränkt in der Lage ist, alle drei Kantonssprachen in gleicher Qualität abzudecken. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die Einsatzzentralen in unserem Tourismuskanton sehr oft auch mit weiteren Sprachen ausländischer Gäste konfrontiert werden. Die Verantwortlichen der beiden Einsatzzentralen unternehmen grosse Anstrengungen, dass bei der Rekrutierung von neuen Mitarbeitenden auf die Beherrschung der Kantonssprachen Rücksicht genommen wird.

4. Richtig ist, dass das Bundesparlament beschlossen hat, dass anstelle der alle zehn Jahre stattfindenden Volkszählung in Zukunft Register ausgewertet und der zusätzliche Informationsbedarf mittels jährlicher und thematischer Stichprobenerhebungen abgedeckt werden soll. Zusätzlich wird den Kantonen angeboten, auf ihrem Gebiet die Stichproben auszudehnen. Diese neue Volkszählungsmethode sieht mithin die Möglichkeit vor, bei Bedarf (z.B. in Sprachgrenzgemeinden) Daten zu erheben, die eine Zuordnung einer Gemeinde zu einem Sprachgebiet im Sinne des Sprachengesetzes zulassen. Die Regierung hat denn auch in ihrer Stellungnahme zur Anpassung der eidgenössischen Volkszählung in Aussicht gestellt, von der Möglichkeit einer solchen vertieften Erhebung in Bezug auf die Sprachenzugehörigkeit Gebrauch zu machen. Es kann deshalb davon ausgegangen werden, dass auch nach der Änderung der bundesrechtlichen Bestimmungen über die Volkszählung das erforderliche Datenmaterial zum Vollzug des kantonalen Sprachengesetzes vorliegen wird.

Datum: 17. Dezember 2007