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Session: 03.12.2007
Die europäische Situation auf dem Strommarkt aber auch die schweizerische Strommarktliberalisierung verursacht in letzter Zeit und wohl auch in Zukunft bei den Stromproduzenten, aber auch den Händlern und Versorgern einige Umstellungen und Neuorientierungen. Die Rätia Energie AG, mit einer 46%- Beteiligung des Kantons Graubünden, hat sich in den letzten Jahren vom regionalen zum kantonalen und neuerdings sogar internationalen Player entwickelt. Im Zusammenhang mit der bedeutenden finanziellen Beteiligung des Kantons an diesem, unterdessen international tätigen Unternehmen und den enormen Veränderungen desselben, stellen sich einige Fragen betreffend die zukünftige Entwicklung und der Interessenwahrung des Kantons Graubünden.

1. Welche längerfristigen kantonalen Interessen verfolgt die Regierung mit der grossen finanziellen Beteiligung an der Rätia-Energie AG in einem sich international verändernden Elektrizitäts- und Energiemarkt?

2. Wie will die Regierung diese Interessen wahrnehmen und welche Möglichkeiten hat sie, im Rahmen ihrer finanziellen Beteiligung auf die Geschäftstätigkeit der Rätia Energie AG Einfluss zu nehmen?

3. Gibt es strategische Überlegungen der Regierung über die mittel- und langfristige Entwicklung der Rätia Energie AG, bzw. gibt es Weisungen oder eine materielle Auseinandersetzung mit den Vertretern des Kantons im Verwaltungsrat?

4. Wie beurteilt die Regierung das Engagement der Rätia Energie AG im Ausland wie z.B. Süditalien (Gaskraftwerk) oder Osteuropa bzw. Deutschland (Kohlekraftwerk) bzgl. Umweltverträglichkeit und Positionierung der Rätia Energie als Unternehmen mit „sauberer Energie“?

5. Wie beurteilt die Regierung die enorm steigenden Verwaltungsratshonorare und teilt die Regierung die Auffassung, dass bei grösserem finanziellen Engagement des Kantons, sei dies bei Unternehmungen der Privatwirtschaft oder öffentlich rechtlichen Anstalten, auf das Augenmass bei den Bezügen der Gremienmitglieder besonders Acht gegeben werden muss?

6. Die Rätia-Energie AG ist in den letzten Jahren durch geschicktes Handeln und ein günstiges Umfeld zu einem bedeutenden Unternehmen mit entsprechender Wertsteigerung geworden. Wie beurteilt die Regierung, unter dem Aspekt der aktuellen forschen Internationalisierung dieses Unternehmens, das Risikomanagement auch bezogen auf die Erhaltung des Wertes der Kantonsbeteiligung?

7. Der Kanton als Grossaktionär und gleichzeitig Bewilligungsinstanz ist bzgl. Interessenabwägung bei einigen Entscheiden in einer schwierigen Situation. Prüft die Regierung aufgrund der heutigen Situation auf dem Strommarkt und im Sinne einer Interessenentflechtung eine Reduktion des finanziellen Engagements bei der Rätia-Energie AG?

Chur, 3. Dezember 2007

Name: Pfenninger, Peyer, Arquint, Baselgia-Brunner, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Jaag, Jäger, Menge, Meyer Persili (Chur), Pfiffner-Bearth, Thöny, Trepp

Session: 03.12.2007
Vorstoss: dt Anfrage

Antwort der Regierung

Die im Zusammenhang mit der zukünftigen Entwicklung und der Interessenwahrung des Kantons Graubünden an der Rätia Energie AG aufgeworfenen Fragen beantwortet die Regierung wie folgt:

1. Die Beteiligung des Kantons an der Rätia Energie AG (RE) erlaubt ihm, verschiedene energiepolitische Zielsetzungen aktiv zu verfolgen. Die Möglichkeit, Strom aus kantonalen Beteiligungen via Grischelectra AG in einem international vernetzten Markt verwerten zu können, ermöglicht zusätzliche Wertschöpfung und schafft Arbeitsplätze. Das Unternehmen versorgt darüber hinaus rund die Hälfte der bündnerischen Haushalte und nimmt damit in erheblichem Umfang Versorgungsaufgaben im Kanton wahr. Mit RE "verfügt" der Kanton über ein erfolgreich am internationalen Markt tätiges Unternehmen, was zudem Vorteile für die Verwertung der Beteiligungsenergie von Kanton und Gemeinden und zusätzliche Optionen beim Heimfall von Partnerwerken schafft.

2. Dem Kanton steht die Ausübung sämtlicher Aktionärsrechte einer börsenkotierten Aktiengesellschaft frei. Zur Zeit sind sechs von zwölf Mitgliedern des Verwaltungsrates, davon der Präsident und der Vizepräsident, von der Regierung zur Wahl vorgeschlagen worden. Die Regierung lässt sich regelmässig durch ihre Vertreter im Verwaltungsrat über die Strategie und wichtige Vorhaben informieren und stimmt diese mit den Eignerinteressen ab.

3. Für die Strategie und Führung der Unternehmung sind deren Organe, insbesondere der Verwaltungsrat, verantwortlich. Die Regierung verfolgt mit der Beteiligung an der RE energiepolitische und volkswirtschaftliche Ziele. Durch die massgebliche Beteiligung partizipiert der Kanton am Unternehmenserfolg auf vielfältige Art und Weise. Daneben stärkt sie die energiepolitische Position des Kantons bezüglich Versorgungssicherheit, Verwertung der Beteiligungsenergie und Optionen für den Heimfall.

4. Ein breit diversifizierter Kraftwerkspark - geographisch wie auch bezüglich Energieträger - ist für das international tätige Unternehmen eine wichtige Voraussetzung für solides Wachstum und Ertragssicherung sowohl im Vertrieb als auch im Stromhandel, aber auch zur Reduktion von Preis- und Lieferrisiken. Ergänzend will die Unternehmung mit dem Ausbau der Wasserkraft im Kanton und auch mit der Beteiligung an Windkraftanlagen in Italien ihre Position als Produzentin erneuerbarer Energien weiter ausbauen. Die Regierung hält das Auslandengagement der RE als richtig und notwendig, um die volkswirtschaftlichen Vorteile für Graubünden erhalten zu können.

5. Die Verwaltungsrats-Honorare der RE wurden im Jahre 2006 nach sechs Jahren angehoben. Im Branchenvergleich zu ähnlich grossen, börsenkotierten Gesellschaften und unter Berücksichtigung der Unternehmensentwicklung beurteilt die Regierung die im Geschäftsbericht offen ausgewiesenen VR-Honorare der RE als angemessen. Nach Auffassung der Regierung sollen, überall dort, wo die Regierung dafür zuständig ist, für die Bemessung entsprechender Entschädigungen das unternehmerische Risiko, die Grösse des Unternehmens, die Art der Finanzierung des Unternehmens sowie die zeitliche Beanspruchung Berücksichtigung finden.

6. In den letzten zehn Jahren hat sich der Kurs der RE-Inhaberaktien etwa verzehnfacht. Zu einer verantwortungsvollen Unternehmensführung gehört zweifelsfrei ein wirkungsvolles Risikomanagement. Dieses ist für die RE im Geschäftsbericht 2007 abgebildet. Dass im dynamischen Umfeld der Stromwirtschaft als Folge veränderter Preise im Markt auch mit Ergebnisverschlechterungen gerechnet werden muss, gehört zum unternehmerischen - möglichst abgesicherten - Risiko. Für die Regierung entscheidend ist, dass das Risk-Management der
RE seitens der externen Revisoren als angemessen beurteilt wird.

7. Wie mehrfach dargelegt, ist die Beteiligung des Kantons an der RE als wichtiges Instrument zur Umsetzung einer eigenständigen Energiepolitik zu betrachten. Dabei handelt es sich um eine längerfristige Strategie. Demzufolge besteht zur Zeit auch kein Anlass für eine Überprüfung des Umfangs dieser Beteiligung. Die mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse verbundenen Aufgaben nimmt der Kanton gestützt auf die relevante Gesetzgebung unabhängig von unternehmerischen Interessen wahr.

Datum: 7. Februar 2008