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Session: 06.12.2007
Der Grundsatz der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit wird in Graubünden mit einem progressiven Tarif umgesetzt. Dieser beruht auf der Überlegung, dass mit steigendem Einkommen ein immer grösserer Teil des Einkommens zur freien Verfügung steht und die Leistungsfähigkeit damit überproportional steigt. Die Kosten, welche die Kinder verursachen, reduzieren nun aber diese Leistungsfähigkeit wieder, was ebenfalls in der Progressionswirkung berücksichtigt werden muss.

Gemäss dem am 1. Januar 2008 in Kraft tretenden und am 17. Oktober 2006 durch den Grossen Rat beschlossenen Art. 36 lit. l des Steuergesetzes des Kantons Graubünden (BR 720.000; StG), werden von den Einkünften die 500 Franken übersteigenden Kosten der Kinderbetreuung durch Dritte abgezogen, wenn Kinder unter 14 Jahren, für die ein Kinderabzug gewährt wird, während der Arbeitszeit betreut werden. Der Abzug beträgt maximal 6'000 Franken pro Kind; er wird allein erziehenden Eltern sowie Zweitverdienerehepaaren, die zu mehr als 120 Prozent erwerbstätig sind, gewährt.

Am 12. Februar 2007 nahm der Grosse Rat den Familienbericht Graubünden zur Kenntnis, in welchem eindrücklich aufgezeigt wurde, dass der Kanton Graubünden im Jahre 2005 die tiefste Geburtenziffer aller Kantone aufwies. Verschiedene Massnahmen wurden zur Verbesserung der Situation in die Wege geleitet.

Art. 7 Abs. 1 des Gesetzes vom 18. Mai 2003 über die Förderung der familienergänzenden Kinderbetreuung im Kanton Graubünden (BR 548.300) sieht nach wie vor vor, dass die Tarife der anerkannten Angebote nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Erziehungsberechtigten abzustufen sind.

Bei der Kinderkrippe St. Joseph in Chur betragen die Kinderbetreuungskosten ab 1. Januar 2008 für ein Kind für zwei ganze Betreuungstage pro Woche (bei 4 Wochen Ferien p.a.) – unter Berücksichtigung der Erhöhung der Beiträge der öffentlichen Hand per 1. Januar 2008 – im höchsten Einkommenssegment (d.h. bei über Fr. 160'000 p.a. zu berücksichtigendes Einkommen beider Elternteile [= satzbestimmende steuerbare Einkommen zuzüglich 10 Prozent der satzbestimmenden steuerbaren Vermögen]) Fr. 10'868.— p.a. Beträgt das massgebliche gemeinsame Einkommen mehr als Fr. 70'000.— können nicht mehr alle Kosten der Kinderbetreuung abgezogen werden.

Auch wenn gemäss dem Familienbericht Graubünden Art. 7 Abs. 1 des genannten Gesetzes aufgehoben werden soll, werden die Kinderkrippen für die Erhebung der Betreuungstarife voraussichtlich weiterhin an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern festhalten. Falls sie davon abweichen, werden sie jedenfalls solche Tarife erheben, die ihre Kosten zu decken vermögen.

Im Sinne einer gerechteren Familienbesteuerung, einer Entlastung des Mittelstandes und im Nachgange zur Kenntnisnahme der besorgniserregenden Zahlen im Familienbericht Graubünden, worin es das erklärte Primärziel des äusserst geburtenschwachen Kantons Graubünden ist, die Rahmenbedingungen zu verbessern, um die Geburtenzahlen zu erhöhen, gilt es, einerseits die effektiven Kinderbetreuungskosten in einem höheren Umfang vom steuerbaren Reineinkommen als abziehbar zu erklären, als dies heute der Fall ist, und andererseits die „familieninterne“ Kinderbetreuung demgegenüber nicht zu diskriminieren.

Die Unterzeichnenden laden die Regierung ein, angesichts der im Familienbericht Graubünden festgestellten Tatsachen und im Sinne einer effektiven Entlastung der Familien mit erwerbstätigen Eltern dem Grossen Rat eine Vorlage zur Teilrevision des Steuergesetzes zu unterbreiten, worin im Rahmen der Gestaltungsmöglichkeiten des Steuerharmonisierungsgesetzes eine angemessene Erhöhung der Abzüge für Kosten der Kinderbetreuung vom Reineinkommen vorgesehen wird. Dabei soll gleichzeitig geprüft werden, ob der Kinderabzug nach Art. 38 lit. d StG ebenfalls einer Erhöhung unterzogen werden könnte, zumal die familienergänzende Kinderbetreuung gegenüber der „familieninternen“ Kinderbetreuung keine Bevorzugung erfahren darf.

Chur, 6. Dezember 2007

Name: Tenchio, Pfäffli, Parolini, Arquint, Augustin, Barandun, Baselgia-Brunner, Berther (Sedrun), Bezzola (Samedan), Blumenthal, Bondolfi, Bucher-Brini, Caduff, Cahannes Renggli, Campell, Candinas (Rabius), Casparis-Nigg, Casty, Casutt, Caviezel (Pitasch), Caviezel-Sutter (Thusis), Cavigelli, Claus, Dermont, Donatsch, Dudli, Fasani, Florin-Caluori, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Giovanoli, Hardegger, Hartmann (Chur), Hartmann (Champfèr), Jaag, Jäger, Kleis-Kümin, Koch, Kollegger, Krättli-Lori, Kunz, Loepfe, Menge, Meyer Persili (Chur), Meyer-Grass (Klosters), Noi-Togni, Parpan, Pedrini, Peyer, Pfenninger, Pfiffner-Bearth, Plozza, Ragettli, Rathgeb, Righetti, Sax, Thomann, Thöny, Thurner-Steier, Trepp, Troncana-Sauer, Vetsch (Pragg-Jenaz), Brunold, Candinas (Disentis), Cattaneo, Hartmann (Küblis), Mainetti, Züst

Session: 06.12.2007
Vorstoss: dt Auftrag

Antwort der Regierung

Die beiden Aufträge zielen in die gleiche Richtung und enthalten teilweise die gleichen Forderungen, weshalb die Regierung die Vorstösse gemeinsam beantwortet.

In der letzten Teilrevision des Steuergesetzes sind die kinderrelevanten Abzüge stark erhöht worden. Diese Teilrevision ist auf den 1.1.2008 in Kraft getreten. Der Kinderabzug wurde von Fr. 3'400 auf Fr. 8'000 (für Kinder im Vorschulalter auf Fr. 5'000) und der Abzug für die externe Kinderbetreuung von Fr. 2'800 auf einen Maximalbetrag von Fr. 6'000 erhöht. Zudem haben sich Regierung und Parlament bei der Beratung des Familienberichts eingehend mit der Höhe der Kinder- und Ausbildungszulagen befasst und festgehalten, dass die Familienzulagen ein wichtiges Instrument des Familienlastenausgleichs und damit der Familienpolitik darstellen.

Die Höhe der Kinder- und Ausbildungszulagen wird nicht im Gesetz über die Familienzulagen (KFZG), sondern in den Ausführungsbestimmungen geregelt und liegt in der Kompetenz der Regierung. Das Familienzulagengesetz des Bundes (FamZG) schreibt minimale Zulagen von Fr. 200 resp. Fr. 250 pro Monat vor. Die entsprechende Finanzierung durch die Arbeitgebenden könnte in der kantonalen Familienausgleichskasse mit einem Beitrag von 1.7% der AHV-pflichtigen Lohnsummen sichergestellt werden.

Höhere Zulagen erfordern auch höhere Finanzierungsbeiträge, was eine Zusatzbelastung für die Wirtschaft bedeutet. Im Interesse der Unterstützung und Förderung von Familien mit Kindern kann sich die Regierung eine Erhöhung der Kinder- und Ausbildungszulagen über die Minimalansätze des FamZG im Rahmen von 10% auf Fr. 220 resp. Fr. 270 vorstellen. Der Beitragssatz für die entsprechende Finanzierung muss in diesem Fall auf ca. 1.9% der AHV-pflichtigen Lohnsummen festgesetzt werden. Eine noch höhere Belastung kommt für die Regierung im Interesse des Wirtschaftsstandortes Graubünden nicht in Frage.

Zu den steuerrechtlichen Forderungen hält die Regierung ausdrücklich fest, dass sie die im Auftrag Tenchio geäusserte Auffassung teilt, wonach die progressive Wirkung der Steuertarife auch bei der Berücksichtigung der Kosten der Kinder beachtet werden muss. Mit der starken Erhöhung der Kinderabzüge in der letzten Teilrevision steht Graubünden im interkantonalen Verhältnis sehr gut da. In der weiten Mehrheit der Kantone liegen die Kinderabzüge unter Fr. 8'000; lediglich zwei Kantone kennen einen höheren Abzug. Die Regierung sieht daher keine Veranlassung, diesen Abzug nochmals und erst kurz nach der letzten Anpassung erneut zu erhöhen. Hingegen scheint der Abzug für Kinder in auswärtiger Ausbildung im Vergleich zu den effektiven Aufwendungen zu tief ausgefallen zu sein. Wenn man die Kosten beachtet, welche bei Studenten anfallen, die sich während der Woche am Studienort aufhalten, scheint der heutige Abzug von Fr. 14'000 zu tief. Die Regierung ist bereit, hier eine Erhöhung auf Fr. 18'000 vorzuschlagen.

Die Kosten der Kinderkrippen und der Kindertagesstätten hängen vom Einkommen der Eltern ab. Diese Tarifstruktur ist eine Voraussetzung, um Subventionen erhalten zu können. Eltern mit hohem Einkommen und/oder Vermögen bezahlen daher den drei- bis vierfachen Betrag im Vergleich zu Eltern in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen. Steuerlich können die effektiven Kosten bis zu einem Maximalbetrag von Fr. 6'000 in Abzug gebracht werden. Diese Limite scheint angesichts der recht hohen Maximaltarife als zu tief. Die Regierung ist bereit, eine Erhöhung des Maximalbetrages für die Kosten der externen Kinderbetreuung auf Fr. 10'000 vorzuschlagen. Ein Abzug für die familieninterne Kinderbetreuung kann demgegenüber nicht vorgesehen werden. Das Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden lässt einen derartigen Abzug nicht zu. Zudem ist aus Sicht der Regierung das Steuerrecht der falsche Ort, um ausserfiskalische Zielsetzungen umsetzen zu wollen.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Regierung bereit ist, die beiden Aufträge Cavigelli und Tenchio im Sinne der Erwägungen entgegen zu nehmen. Die Umsetzung der Aufträge kann in die laufende Revision der Familienzulagengesetzgebung bzw. in die Teilrevision des Steuergesetzes eingebaut werden, welche im Herbst 2008 in die Vernehmlassung gegeben und auf den 1.1.2010 in Kraft gesetzt werden soll.

Datum: 28. Februar 2008