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Session: 21.04.2008
Vieles deutet darauf hin, dass es in der Schweiz in den kommenden Jahren im Bereich der Volksschule wieder zu einem grösseren Mangel an Lehrpersonen kommen könnte. Auf eine entsprechende Anfrage aus dem Kantonsrat schrieb der Regierungsrat des Kantons Zürich unter anderem (Anfrage Fahrni, Reinhard, Ritschard, Antwort vom 13. Februar 2008): „Für die kommenden Jahre zeichnet sich ein Lehrermangel an der Volksschule ab. Dieser wird mit Ausnahme des Kindergartens auf allen Stufen zu spüren sein, vor allem auf der Sekundarstufe.“ Aufgrund verschiedener Änderungen im Zürcher Bildungswesen rechnet die Zürcher Regierung damit, dass zudem im Vergleich zu heute 300 zusätzliche Stellen benötigt würden.

In Graubünden müssen zwar momentan bei verschiedenen Schulträgerschaften aufgrund der Rückgänge der Schülerzahlen Stellen gestrichen werden. Vor allem auf der Sekundarstufe 1 und im Bereich der Lehrpersonen mit heilpädagogischer Ausbildung ist es für die Schulträgerschaften aber schon heute fast nicht möglich, derzeit offene Stellen mit entsprechend ausgebildeten Lehrpersonen zu besetzen. Auch in den anderen Stufen wird ein Mangel an Lehrpersonen in der übrigen Schweiz zumindest mittelfristig zu merklichen Auswirkungen auf Graubünden führen. Auf eine zweite Anfrage antwortete die Zürcher Regierung im Übrigen, dass in jenem Kanton in den Sekundarschulabteilungen B und C schon seit einiger Zeit Lehrpersonen eingesetzt würden, die nicht für diese Stufe ausgebildet seien. Von über 900 Lehrpersonen auf den beiden genannten Stufen der Sekundarstufe 1 hätten knapp 11 % nur ein Patent für die Primarschule, 4,5 % gar kein Lehrdiplom und 1 % ein ausländisches Diplom.

In der Dezembersession 2007 behandelte der Grosse Rat die „Anfrage Florin-Caluori betreffend Auswirkungen durch anstehende Veränderungen der Bündner Schulen auf den Lehrerberuf“. Dazu hielt die Regierung in ihrer Antwort fest, dass die Gesellschaft ein grosses Interesse daran habe, „heute und in Zukunft im ganzen Kanton auf allen Schulstufen gute, motivierte Lehrpersonen zu haben“. Im Weiteren wurde festgehalten, dass die Qualität des Lehrer/innen-Berufes u.a. durch folgende Faktoren beeinflusst würde: Ausbildung, konkrete Arbeitsbedingungen, Weiterbildungsmöglichkeiten, Gehalt, Sozialprestige, allgemeine Marktlage. Gleichzeitig bestätigte die Regierung, dass sich die Löhne der Lehrpersonen der Bündner Volksschule im interkantonalen Vergleich (EDK-Ost) am unteren Ende der Skala bewegen würden.

Die Regierung wird um Beantwortung folgender Fragen ersucht:

1. Wie viele Lehrpersonen auf den verschiedenen Stufen der Volksschule (inkl. HeilpädagogInnen) unterrichten derzeit in Graubünden mit einer Befähigung einer anderen Stufe, mit ausländischem Diplom oder gar ohne Lehrdiplom?

2. Welche Auswirkungen wird der schweizweit prognostizierte Mangel von Lehrpersonen auf die Bündner Volksschule haben?

3. Plant die Regierung gegensteuernde Massnahmen wie die Verbesserung der konkreten Anstellungs- und Lohnbedingungen (insbesondere auch die Pflichtlektionenzahl)?

4. Sind neben den in Graubünden schon laufenden Nachqualifikationen für Lehrpersonen noch weitere ähnliche geplant?

5. Welche weiteren Massnahmen werden derzeit geprüft? Unter anderem geht es dabei auch darum, die Tendenz genau zu analysieren, wonach jüngere Lehrpersonen nach wenigen Jahren Unterrichtstätigkeit ihren Beruf aufgeben.

Chur, 21. April 2008

Name: Jäger, Florin-Caluori, Furrer-Cabalzar, Arquint, Baselgia-Brunner, Berni, Bezzola (Samedan), Brandenburger, Bucher-Brini, Butzerin, Christoffel-Casty, Dermont, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Jaag, Koch, Märchy-Michel, Menge, Mengotti, Niederer, Noi-Togni, Parolini, Peyer, Pfenninger, Pfiffner-Bearth, Thöny, Trepp, Troncana-Sauer, Vetsch (Pragg-Jenaz), Locher Benguerel, Michel (Chur)

Session: 21.04.2008
Vorstoss: dt Anfrage

Antwort der Regierung

Die Besetzung von Unterrichtspensen über einen längeren Zeitraum zu planen ist unter anderem deshalb schwierig, weil jede Planung in diesem Bereich immer auch mit zahlreichen kurzfristig wirkenden Unbekannten zu tun hat. Während wirtschaftliche Schwankungen, die sich häufenden Zusammenlegungen von kleinen Schulen sowie eine steigende Anzahl teilzeitlich unterrichtender Lehrpersonen die Schulplanung in allen Kantonen beeinflussen, kommen für Graubünden noch weitere Unsicherheiten hinzu. So ist es jeweils schwer vorauszusehen, wie viele der Bündner Lehrpersonen, welche eine Ausbildung im „Unterland“ absolvieren, in ihren Heimatkanton zurückkehren werden. Ferner hat Graubünden bei der Planung immer auch seine drei Sprachregionen zu berücksichtigen.

Von den Faktoren, welche den Arbeitsmarkt beeinflussen, sind vom Kanton nur die Ausbildung der Lehrpersonen für den Kindergarten und die Primarschule, das Weiterbildungsangebot sowie das minimale Gehalt der Lehrpersonen direkt beeinflussbar. Alle andern Einflussgrössen sind interkantonal geprägt (Ausbildung der Oberstufenlehrpersonen, Ausbildung der Lehrpersonen im sonderpädagogischen Bereich, allgemeine Marktlage, Sozialprestige etc.) oder werden – wie z. B. die konkreten Arbeitsbedingungen – von den kommunalen Schulträgerschaften bestimmt.

Vor dem Hintergrund dieser grundsätzlichen Ausführungen lassen sich die konkreten Fragen des Vorstosses folgendermassen beantworten:

1. Im Schuljahr 2007/08 unterrichten auf der Primarschulstufe 1022 Lehrpersonen (96,2 %) mit einem stufenkonformen Diplom (davon 4 aus dem Ausland). Von den 40 „stufenfremden“ Lehrpersonen erteilen 30 weniger als 10 Lektionen/ Woche. Auf der Volksschul-Oberstufe unterrichten 566 (81,6 %) Lehrpersonen mit einem stufenkonformen Diplom (davon 26 aus dem Ausland). Von den 128 „stufenfremden“ Lehrpersonen erteilen 59 weniger als 10 Lektionen/Woche. Im heilpädagogischen Bereich unterrichten 94 (49.7 %) Lehrpersonen mit einem stufenkonformen Diplom (davon 1 aus dem Ausland). Von den 95 „stufenfremden“ Lehrpersonen erteilen 33 weniger als 10 Lektionen/Woche.
Die Erteilung von Lehrbewilligungen an „stufenfremde“ Lehrpersonen ist auf allen Schulstufen an hohe Anforderungen gebunden.

2. Für das Schuljahr 2008/09 können alle Stellen auf allen Schulstufen besetzt werden. Aufgrund der Geburtenzahlen sowie unter Berücksichtigung der Altersstruktur des heutigen Lehrkörpers ist für die kommenden 10 Jahre in der Bündner Volksschule kein „hausgemachter“ Mangel an Lehrpersonen zu erwarten. Hingegen ist damit zu rechnen, dass umliegende Kantone auch in Zukunft versuchen werden, allfällige Lücken in ihrem Lehrkörper auch durch Rekrutierungen in Graubünden zu schliessen. Solche Abwerbungen halten sich erfahrungsgemäss aber innerhalb verkraftbarer Grenzen.

3. Die Möglichkeiten des Kantons, gegensteuernde Massnahmen zu ergreifen, beschränken sich auf seine direkten Einflussbereiche. Dazu gehören die Prüfung der Pflichtlektionenzahlen sowie ein angestrebter Ausbau der vom Kanton finanzierten obligatorischen Weiterbildung.

4. Folgende Nachqualifikationen sind geplant: Nachqualifikationen der Primarlehrpersonen für Englisch und die erste Fremdsprache (Kantonssprache), Nachqualifikation der Oberstufenlehrpersonen für Englisch. Zur Deckung des Personalbedarfs in Schulischer Heilpädagogik hat die Regierung die Pädagogische Hochschule Graubünden beauftragt, in Zusammenarbeit mit der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik Zürich in den Jahren 2008, 2009, 2010 und 2011 vier Ausbildungskurse mit insgesamt rund 100 Lehrpersonen durchzuführen.

5. Zurzeit sind in Graubünden keine weiteren Massnahmen vorgesehen. Die begrenzte Verbleibdauer im Beruf ist kein auf den Kanton beschränktes Phänomen. Selbstverständlich wird die Situation auf dem Arbeitsmarkt der Volksschule laufend verfolgt. Dadurch ist es möglich, bereits eingeleitete Massnahmen jeweils kurzfristig durch Zusatzmassnahmen zu ergänzen.

Datum: 26. Juni 2008