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Session: 10.06.2008
In den letzten Jahren ist die Jugendkriminalität immer wieder thematisiert worden. Durch Jugendliche ausgeübte Straftaten und Vandalismus beherrschten leider all zu oft die Schlagzeilen der nationalen aber auch der Bündner Medien. Fälle, wie die Grabschändungen auf Bündner Friedhöfen, diverse Raubüberfälle, wie auch körperliche Gewalt unter Jugendlichen und gegenüber Erwachsenen, sind jedermann präsent. Vandalismus und Nachtruhestörungen beschäftigen die Polizeiorgane auch hierzulande nahezu täglich. Gemäss Medienmitteilung zur Kriminal- und Verkehrsunfallstatistik Graubünden 2006 hat eine Arbeitsgruppe der Kantonspolizei Graubünden und der Stadtpolizei Chur sich eingehend mit der Jugendkriminalität auseinander gesetzt und dazu einen Bericht verfasst. Leider wird dieser Bericht vertraulich behandelt und somit für die Öffentlichkeit nicht einsehbar. Aus der Medienmitteilung ist lediglich ersichtlich, dass es eine Steigerung der als gerichtspolizeilich relevant eingestuften Ereignisse gab.

Die Unterzeichnenden ersuchen die Regierung – im Lichte des seit 1. Januar 2007 in Kraft getretenen neuen Jugendstrafrechts – um Beantwortung nachfolgender Fragen:

1. Trifft das subjektive Empfinden zu, dass die Jugendkriminalität in den letzten Jahren zugenommen hat?

2. Kann die Regierung einen Überblick über die Delikte sowie deren Schwere in den letzten fünf Jahren geben?

3. Kann die Regierung eine Zusammenstellung über die in Graubünden in den letzten fünf Jahren ausgesprochenen Jugendstrafmassnahmen liefern?

4. Welche Massnahmen hat die Regierung auf Grund des von der Kantonspolizei Graubünden erarbeiteten Berichtes eingeleitet, um die Jugendkriminalität in Graubünden einzudämmen?

5. Wer koordiniert verwaltungsintern zwischen EKUD und DJSG die Massnahmen gegen Jugendgewalt?

Chur, 10. Juni 2008

Hartmann (Chur), Candinas, Parolini, Arquint, Barandun, Baselgia-Brunner, Berther (Sedrun), Bezzola (Zernez), Bischoff, Bleiker, Blumenthal, Bondolfi, Brandenburger, Brantschen, Brüesch, Buchli, Caduff, Campell, Castelberg-Fleischhauer, Casty, Casutt, Caviezel (Pitasch), Caviezel-Sutter (Thusis), Christoffel-Casty, Claus, Clavadetscher, Darms-Landolt, Dermont, Donatsch, Dudli, Felix, Feltscher, Florin-Caluori, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Geisseler, Hardegger, Hartmann (Champfèr), Hasler, Jäger, Jenny, Keller, Kessler, Kleis-Kümin, Koch, Kollegger, Krättli-Lori, Kunz, Mani-Heldstab, Märchy-Michel (Malans), Marti, Meyer-Grass (Klosters Dorf), Michel (Davos Monstein), Nick, Niederer, Peyer, Pfäffli, Pfenninger, Portner, Quinter, Ragettli, Rathgeb, Ratti, Rizzi, Sax, Stiffler, Tenchio, Thomann, Toschini, Trepp, Troncana-Sauer, Valär, Vetsch (Klosters Dorf), Wettstein, Furrer-Cabalzar, Hartmann (Küblis), Hemmi, Janett, Locher Benguerel, Märchy-Caduff (Domat/Ems), Michel (Chur), Patt, Scartazzini

Antwort der Regierung

1. In den Jahren 2001 bis 2006 war eine Zunahme der von der Jugendanwaltschaft geführten Strafverfahren von durchschnittlich etwa 360 auf 400 bis 450 Fälle pro Jahr zu verzeichnen. Im Jahre 2007 war ein Anstieg auf insgesamt 578 Fälle festzustellen, der damit zusammenhing, dass die Jugendanwaltschaft per 1. Januar 2007 die Strafkompetenz der Schulräte zu übernehmen hatte. Es handelte sich um zusätzlich 194 Fälle von zehn- bis 15-jährigen Jugendlichen, überwiegend Delikte ohne Gewaltkomponente, d.h. vor allem Diebstähle und Sachbeschädigungen, Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrs- und das Betäubungsmittelgesetz. Die Schulräte hatten in den Jahren 1997 bis 2006 jeweils zwischen 110 (2004) und 173 (1998) Verfahren geführt. Die Zahl der wegen Gewaltdelikten geführten Jugendstrafverfahren hat im Jahre 2007 etwas zugenommen (2004: 52, 2005: 50, 2006: 39, 2007: 59 Verfahren).

Unter Berücksichtigung der kriminalstatistischen Zahlen zeigt das Phänomen Jugendkriminalität insgesamt keine statistische Signifikanz. Es lassen sich zwar punktuelle Ausschläge feststellen, welche eine erhebliche kriminelle Energie offenbaren, wie bei einer Serie von Raubüberfällen im Jahre 2005, bei den Grabschändungen und einer Serie von tätlichen Angriffen im Jahre 2006. Diese Täterschaft wurde überführt und bestraft. Diese Ereignisse sind jedoch nicht repräsentativ für die allgemeine Lage in Chur und Umgebung bzw. im Kanton. Zu berücksichtigen ist hingegen die Lage in grösseren Städten, z.B. Zürich, welche sowohl qualitative wie quantitative Ausprägung zeigt, die sich verzögert auch in Graubünden in städtischen Verhältnissen manifestieren könnten.

2. Die Kriminalstatistik der Kantonspolizei zeigt einen Anteil Jugendlicher an der ermittelten Täterschaft, welche nach einem Anstieg im Jahre 2003 ungefähr gleich geblieben ist. Dies trifft im Wesentlichen sowohl für die Delikte gesamthaft als auch für die relevanten Deliktskategorien zu. Die Kriminalstatistik geht aber nicht auf die Schwere einer Straftat ein, sondern nur auf ihre rechtliche Beurteilung.

3.

 

Strafen und Massnahmen / Jahr

 

2003

 

2004

 

2005

 

2006

 

2007

 

 

Verweis

 

83

 

119

 

117

 

136

 

140

 

 

Busse

 

94

 

112

 

107

 

76

 

84

 

 

Persönliche Arbeitsleistung

 

93

 

117

 

92

 

133

 

228

 

 

Kursteilnahmen:

Drogenberatung

Gewaltpräventionskurs

 

 

 

 

     

 

31

5

 

 

Freiheitsentzug

 

33

 

40

 

21

 

17

 

17

 

 

Absehen von

Strafe + Massnahme

 

 

9

 

 

2

 

 

15

 

 

14

 

 

11

 

 

Schutzmassnahmen:

Aufsicht

Persönliche Betreuung

Ambulante Behandlung

Unterbringung

 

 

 

 5

 

 

 

 2

 

 

 

 

 

2

 

 

 

 

 

2

 

 

6

1

3

2

 


4. Zusätzlich zur einer Aufstockung der Jugendanwaltschaft durch die Regierung hat der frühere Vorsteher des Departements für Justiz, Sicherheit und Gesundheit die Kantonspolizei beauftragt, nach Bedarf Schwerpunkte in diesem Bereich zu setzen. Nach Vornahme einer Aufgabenpriorisierung hat die Kantonspolizei bisher auf die Verschiebung von Personalressourcen zur spezifischen Bekämpfung der Jugendkriminalität verzichtet.

5. Die Führung und Koordination des Themas Massnahmen gegen Jugendgewalt unter den involvierten Departementen Volkswirtschaft und Soziales (DVS), Erziehung-, Kultur- und Umweltschutz (EKUD) und Justiz, Sicherheit und Gesundheit (DJSG) liegt beim Amt für Volksschule und Sport (AVS). Damit soll auch deutlich werden, dass es nicht ausschliesslich Sache der Polizei sein kann, diesen Phänomenen zu begegnen. Sie erfordern interdepartementale Zusammenarbeit aller involvierten Dienststellen.

Datum: 11. September 2008