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Session: 10.06.2008
Das Beurkundungswesen obliegt nach der in der Bundesverfassung getroffenen Verteilung der Kompetenzen den Kantonen. Der Kanton Graubünden hat sich betreffend das Notariatswesen für ein System der Mischform zwischen Amts- und Berufsnotariat entschieden. So gelten als Notariatspersonen im Sinne des kantonalen Notariatsgesetzes (a) die patentierten Notarinnen und Notare, (b) die Kreisnotarinnen und Kreisnotare und (c) die Grundbuchverwalterinnen und Grundbuchverwalter sowie ihre Stellvertreterinnen und Stellvertreter. Die Zuständigkeiten dieser Notariatspersonen überschneiden sich vielfach. So sind die Grundbuchverwalter für die Beurkundung von Rechtsgeschäften betreffend die Grundstücke in ihrem Grundbuchkreis zuständig. Diese Beurkundungen können indes auch von den patentierten Notaren (auf dem ganzen Kantonsgebiet) und den Kreisnotaren (für das jeweilige Kreisgebiet) vorgenommen werden.

Notariatspersonen sind für ihre Tätigkeit im Immobiliarsachenrecht auf die Beschriebe der Grundstücke, wie diese aktuell im Grundbuch enthalten sind (Grundbuchauszüge), angewiesen. Im Handelsregisterwesen können in elektronischer Form aktuelle Auszüge abgerufen werden. Dies stellt eine Arbeitserleichterung auf Seiten der Urkundsparteien, aber ebengleich auf Seiten des Amtes selbst dar, wird doch dadurch mindestens ein Arbeitsgang und unnötige Korrespondenz überflüssig. Die Erfahrung mit diesem Instrumentarium hat auf beiden Seiten eine grosse Effizienz und Befriedigung gezeigt. Es ist nicht erkennbar, weshalb dieses elektronische Hilfsmittel nicht auch im Grundbuchwesen Anwendung finden sollte, würden doch dadurch gerade die in aller Regel überlasteten Grundbuchämter entlastet. Hinzu kommt, dass sich dadurch der patentierte Notar und der Kreisnotar ohne Zeitverlust und ohne unnötige Umtriebe und Aufwand - welcher schliesslich den Urkundsparteien überbunden werden muss -, die für eine sorgfältige Ausübung ihrer Funktion von ihnen benötigten Grundbuchauszüge in den Händen hätten. Nicht zu guter Letzt würden dadurch auch gleich lange Spiesse für sämtliche Notariatspersonen im Kanton Graubünden geschaffen werden, haben doch Grundbuchverwalter bereits heute aufgrund ihres Amtes direkten und unentgeltlichen Zugang zu sämtlichen Grundbucheinträgen.

Aus hiervor genannten Gründen wird die Regierung beauftragt, die Rechtsgrundlagen, welche allen Urkundspersonen im Kanton den direkten und unentgeltlichen Zugang zu sämtlichen grundbuchlichen Einträgen ermöglichen, zu schaffen. Zumindest ist den Notariatspersonen in einer Übergangsphase bis zur Implementierung des direkten Zugriffs der Grundbuchauszug postalisch oder elektronisch, rasch und kostenlos zuzustellen.

Chur, 10. Juni 2008

Name: Bondolfi, Kunz, Augustin, Berther (Sedrun), Bezzola (Samedan), Blumenthal, Bundi, Caduff, Cahannes Renggli, Candinas, Claus, Fallet, Hartmann (Chur), Jenny, Keller, Kessler, Niederer, Parolini, Peyer, Plozza, Portner, Righetti, Tenchio, Tuor, Furrer-Cabalzar, Patt, Pedrini (Soazza)

Session: 10.06.2008
Vorstoss: dt Auftrag

Antwort der Regierung

Gemäss Art. 111m Abs. 1 lit. a der Grundbuchverordnung (SR 211.432.1) können die Kantone Urkundspersonen den Zugriff im Abrufverfahren der nach Art. 111i verfügbaren Daten gestatten. Dazu müssen die Kantone mit den Benutzern nach dem verbindlichen Muster des Eidg. Amtes für Grundbuch- und Bodenrecht Vereinbarungen abschliessen (Abs. 4). Art. 35 Abs. 3 der kantonalen Grundbuchverordnung (KGBV; BR 217.100) sieht für Urkundspersonen des Kantons Graubünden vor, dass diese die Daten, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen, nur mittelbar einholen können. Die für einen Grundbuchauszug zu erhebenden Gebühren richten sich nach Art. 18 der Verordnung über die Gebühren der Grundbuchämter (BR 217.200).

Im Kanton Graubünden existieren drei Systeme für die Führung des Grundbuches mittels Informatik (Capitastra, Terris, ISOV). Technisch wäre bei den Grundbuchämtern, die das Informatik-Grundbuch installiert haben, die individuelle Zugriffsmöglichkeit bereits heute machbar, allerdings nur auf elektronisch erfasste Hauptbuchdaten im jeweiligen Grundbuchkreis.

Im Bund ist ein Projekt „eGRIS“ in Bearbeitung, mit dem voraussichtlich 2011 eine schweizweit harmonisierte Informatisierung des Grundbuchs angestrebt wird. Damit verpflichtet der Bund die Kantone mittelfristig zur Bereitstellung elektronischer Grundbuchdaten für ein gesamtschweizerisches Abrufsystem. Es ist eine Schnittstelle in Entwicklung, welche für die verschiedenen Informatik-Grundbuchsysteme ein einheitliches Datenmodell definiert und die Verbindung der verschiedenen Systeme auch zum Zwecke des einheitlichen und schweizweiten Zugriffs im Abrufverfahren ermöglicht (www.egris.ch). In Kenntnis der Aktivitäten auf Bundesebene erachtet die Regierung die Entwicklung einer praktisch identischen Lösung für ein eigenes Abrufverfahren im Kanton insbesondere aus Kostengründen als unverhältnismässig. Auf die Schaffung von kantonalen Rechtsgrundlagen für den direkten Zugriff im Abrufverfahren durch die Notariatspersonen, wie im Übrigen auch für die weiteren Grundbuchkunden, wie Banken und Behörden etc., ist deshalb zur Zeit zu verzichten.

Aus denselben Gründen ist es zum jetzigen Zeitpunkt abzulehnen, Änderungen in der Gebührenverordnung für bestimmte Kunden (in casu Notariatspersonen) vorzunehmen oder – wie im Auftrag gefordert – bis zur Implementierung des direkten Zugriffs die Grundbuchauszüge den Notariatspersonen kostenlos zuzustellen. Die Gebührenfrage für on-line-Informationen jeglicher Art gilt es im Rahmen der Umsetzung „eGRIS“ neu zu regeln. Inwieweit die Gebühren bspw. je nach Geschäftsart geregelt werden (bspw. Gebührenfreiheit für anonym angeforderte eingeschränkte Informationen, Gebührenerhebung für zusätzliche Zugriffsberechtigungen oder Abrufverfahren), gilt es im Rahmen dieses Projektes zu diskutieren. Bereits heute kann allerdings gesagt werden, dass ein Verzicht des Kantons auf die Gebührenerhebung in der Kasse der Grundbuchkreise zu Buche schlagen würde. Demgegenüber ist davon auszugehen, dass für den Datenbezug über den neu zu schaffenden zentralen Datenpool in jedem Fall Gebühren verlangt werden. So wird im Bericht des Bundes vom 11. Februar 2008 festgehalten, dass der zentrale Datenbezug der (später konsolidierten) Grundbuchdaten eine Dienstleistung sei, deren Realisierung und Betrieb Aufwand verursachen werde. Deshalb sei es notwendig, dass zu den kantonalen Gebühren ein fixer Betrag geschlagen werde, um den Betrieb dieses Systems selbsttragend zu gestalten bzw. die Amortisation der getätigten Investitionen abzudecken.

Vor dem Hintergrund der Entwicklungen auf Bundesebene ist die Regierung bereit, den Auftrag entgegenzunehmen und im Rahmen der Umsetzung des Projektes „eGRIS“, welches den direkten Zugang der Notariatspersonen zum Grundbuch ermöglichen wird, auch die Gebührenfragen allgemein und insbesondere für Notariatspersonen zu prüfen.

Datum: 10 September 2008