Navigation

Inhaltsbereich

Session: 29.08.2008
Zur Förderung der Nutzung von erneuerbaren Energien, die fossile Brennstoffe ersetzen, und zur Förderung einer guten Möglichkeit für eine zusätzliche Einnahmequelle sind Biogasanlagen auf Landwirtschaftsbetrieben zu begrüssen.

Gemäss Art. 16a Abs. 1bis des Bundesgesetzes über die Raumplanung (RPG) kann eine Biogasanlage auf einem Landwirtschaftsbetrieb bewilligt werden, wenn die verarbeitete Biomasse einen engen Bezug zur Landwirtschaft sowie zum Standortbetrieb hat. Gemäss Art. 34a der Raumplanungsverordnung vom (RPV) gelten Bauten und Anlagen zur Energiegewinnung aus Biomasse als zonenkonform in der Landwirtschaftszone, wenn ganz bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden.

Biogasanlagen, die von Bauernhöfen betrieben werden, sind an einigen Orten in Graubünden in Betrieb. Diese befinden sich in relativ weiter Entfernung zum Siedlungsgebiet. Neuerdings gibt es die Absicht, eine Biogasanlage direkt neben dem Siedlungsgebiet in der Dorfzone und nicht auf einem frei stehenden Bauernhof zu errichten.

Bei der Erzeugung und in der Nutzung von Biogas gibt es zahlreiche Gefahrenquellen und Risiken. Zur Beurteilung der Sicherheitsaspekte für landwirtschaftliche Biogasanlagen werden in der Schweiz die SUVA-Publikation „Sichere Biogas-Anlagen“ (66055.D, 1993), der Bericht Nr. 530 / 1999 „Sicherheitsregeln für landwirtschaftliche Biogasanlagen“ der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Agrarwirtschaft und Landtechnik Tänikon (FAT) und die SUVA-Publikation „Explosionsschutz Grundsätze Mindestvorschriften Zonen“ (2153.3, Oktober 2005) angewendet. Der FAT-Bericht bezieht sich auf den Stand der Technik von 1998 und ist in diesem Sinne veraltet. Die Sicherheitsregeln sollten kontinuierlich dem aktuellen Stand der Technik angepasst und die gemachten Erfahrungen berücksichtigt werden. In diesen Publikationen fehlen insbesondere Angaben über Sicherheitsabstände zu Siedlungsgebieten. Eine Prüfung der Sicherheitsaspekte kann behelfsmässig aufgrund von Regeln für Biogasanlagen, die in der EU angewendet werden, durchgeführt werden.

In Deutschland sind Zwischenfälle an Biogasanlagen bekannt geworden, die zeigen, dass durch Havarien grosse Zerstörungen mit entsprechenden finanziellen Schäden und auch mit tödlichem Ausgang entstehen können. Gemäss dem deutschen Fachverband Biogas e.V. waren im September 2007 in Deutschland 3'700 Biogasanlagen in Betrieb. Bis jetzt seien im Zusammenhang mit solchen Anlagen vier Explosionen bekannt. Dies weise auf eine relativ kleine Explosionswahrscheinlichkeit hin. Die Möglichkeit einer Explosion besteht in jedem Fall. Zur Erstellung einer Biogasanlage ist deshalb unbedingt notwendig, einen Standort zu evaluieren, der sich in genügendem Abstand zum Siedlungsbereich befindet, um zu verhindern, dass Menschen in der näheren Umgebung durch eine Havarie gefährdet werden.

In diesem Zusammenhang wird die Regierung ersucht, folgende Fragen zu beantworten:

1. Teilt die Regierung die Auffassung, dass die „Sicherheitsregeln für landwirtschaftliche Biogasanlagen“ der FAT ungenügend sind für die Beurteilung von Biogasanlagen in unmittelbarer Nähe zum Siedlungsgebiet?

2. Teilt die Regierung die Auffassung, dass Biogasanlagen durch Havarien eine potenzielle Gefahr bergen für Leben und Gesundheit, wie dies durch Zwischenfälle dokumentiert ist?

3. Ist die Regierung gewillt, beim BAB Verfahren für Biogasanlagen in der Nähe zum Siedlungsgebiet einen genügenden Sicherheitsabstand zu verlangen, damit Leben und Gesundheit der Bewohner nicht gefährdet werden und der Standortevaluation solcher Anlagen besondere Beachtung zu schenken?

Chur, 29. August 2008

Blumenthal, Caduff, Berther (Sedrun), Cavigelli, Conrad, Geisseler, Keller, Kollegger, Montalta, Pfister, Portner, Quinter, Thurner-Steier

Session: 29.08.2008
Vorstoss: dt Anfrage

Antwort der Regierung

Biogasanlagen erzeugen ein energetisch verwertbares Gas, welches in seinen Eigenschafen ähnlich wie Erdgas ist, wenn es von der Quelle austritt. Biogas, welches in ein Verteilnetz eingespiesen oder als Treibstoff verwendet wird, muss aufbereitet werden wie Erdgas ab Quelle. Der Umgang mit solchen Gasen erfordert entsprechende Vorsicht, Ausrüstung und Massnahmen, damit bei Betriebsstörungen oder Unfällen die Folgen im tragbaren Rahmen bleiben. Um im Einzelfall zu einer korrekten Beurteilung solcher Gefahren und Risiken zu gelangen, sind verschiedene Einflussfaktoren zu berücksichtigen. Dazu gehören die Bauweise, die Entlastungsrichtung, und die Umgebung. Neben dem Explosionsrisiko spielt auch der Umgang mit den im Biogas enthaltenen Schadstoffen eine Rolle. Aufgrund des langjährigen Einsatzes vor allem von Stadtgas in Agglomerationen können die anerkannten Regeln für Niederdruck-Anlagen im Wesentlichen übernommen werden.

Frage 1
Der FAT Bericht "Sicherheitsregeln für landwirtschaftliche Biogasanlagen" (Nr. 530/1999) ist eine Zusammenfassung der wichtigsten Regeln im Umgang mit Biogas. Er stützt sich und verweist auf Richtlinien der einschlägigen Fachorganisationen, welche sich detaillierter mit den verschiedenen Teilaspekten befassen, die bei einer Biogasanlage berücksichtigt werden müssen. Der wiedergegebene Stand der Technik ist nicht veraltet, die Zusammenfassung allein reicht aber nicht aus, um alle Aspekte, abschliessend zu behandeln.

Frage 2
Die Regierung teilt die Auffassung, dass Biogasanlagen je nach Betriebszustand eine potentielle Gefahr darstellen können. Das Bundesamt für Energie (BFE) informierte am 5. Februar 2008, dass betreffend dem Betrieb von Biogasanlagen eine Risikoanalyse in Auftrag gegeben wurde. Die Ergebnisse dieser Analyse liegen zur Zeit noch nicht vor. Sie sind aus Sicht der Regierung für eine abschliessende Beurteilung des Gefährdungspotentials von Biogasanlagen unerlässlich.

Frage 3
Die Regierung ist gewillt und bestrebt, im Rahmen der bestehenden Verfahren auch für hinreichende Sicherheitsabstände bei Biogasanlagen zu sorgen. Die Gemeinden können dieses Anliegen unterstützen, indem sie BAB-Gesuche auf die Vollständigkeit der Unterlagen überprüfen.

Gemäss dem SUVA-Merkblatt "Explosionsschutz - Grundsätze, Mindestvorschriften, Zonen" ist vor Inbetriebnahme einer Anlage in einem Explosionsschutzdokument aufzuzeigen, dass die Vorschriften des Explosionsschutzes erfüllt sind. Dabei sind Explosionsrisiken zu ermitteln, angemessene (betriebliche) Massnahmen vorzusehen und Betriebsanweisungen festzuhalten. Die Regierung vertritt die Ansicht, dass ein Explosionsschutzdokument als Teil der BAB-Gesuchsunterlagen beizubringen ist. Bauliche Schutzmassnahmen wie Sicherheitsabstände gegenüber umliegenden Gebäuden sind gemäss FAT-Bericht Nr. 530 im Einzelfall zu beurteilen. Nach Meinung der Regierung sind auch diese Mindestabstände gegenüber umliegenden Gebäuden und Wegen gestützt auf die vom BFE initiierte Risikoanalyse zu überprüfen und im Rahmen des BAB-Gesuchs auszuweisen.

Datum: 27. Oktober 2008