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Session: 21.10.2008
Familienfreundlichkeit erhöht die Standortqualität. Für Paare, welche sich eine Familie mit Kindern wünschen, wird es zunehmend wichtiger, ob der gewählte Wohnort und die Region über familienfreundliche Strukturen und Angebote verfügen. Auch allein erziehende Elternteile sind auf solche Angebote dringendst angewiesen. Im Speziellen sind familienergänzende Kinderbetreuungsangebote, finanzielle Entlastungen und fortschrittlich-moderne Arbeitsbedingungen gemeint.

Attraktive Bedingungen für Familien sind ein wichtiger Standortfaktor und gehören in die Wirtschaftsförderung. In Graubünden herrscht aus demographischen Gründen ein zunehmender Fachkräftemangel, welcher die Bedeutung des Standortfaktors zudem noch erhöhen wird. Gefragt sind gute Voraussetzungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und eine Stärkung der ökonomischen Situation einer Familie. Jede Region hat das Potenzial, mit mehr Familienfreundlichkeit ihre Attraktivität zu steigern. Städte und ländliche Regionen, in denen sich junge Familien wohl fühlen sind für die Zukunft gut ausgerüstet und werden im schweizweiten Vergleich konkurrenzfähig.

Obwohl der im Grossen Rat behandelte Familienbericht in allen Fraktionen positiv aufgenommen wurde, hapert es bedenklich in der Umsetzung. Insbesondere gibt es gemäss Aussagen von verschiedensten Fachleuten, offensichtlich viel zu wenig Krippenplätze oder alternative Betreuungsmöglichkeiten für Kinder im Vorschulalter. Ebenso sind die Öffnungszeiten nicht genügend flexibel gestaltet.

Die vollen Wartelisten, sowie der zunehmende Mangel an Betreuungsplätzen fordern nun Sofortmassnahmen, welche möglichst umgehend in Angriff genommen werden müssen. Damit die Betreuung von den Eltern auch finanzierbar ist, müssen die Kosten einkommensabhängig ausgestaltet werden. Es kann nicht angehen, dass Familien, welche voll berufstätig sind, Sozialhilfe beanspruchen müssen, da sie die Kinderbetreuung nicht bezahlen können: Dafür braucht es eine starke Institution.

Die Unterzeichnenden fordern die Regierung auf:

1. Sofortmassnahmen zur Schaffung eines bedarfsgerechten Angebotes an familienergänzender Kinderbetreuung (insbesondere Krippenplätze) zu ergreifen.

2. dafür zu sorgen, dass die Gemeinden die im Familienbericht geforderten Betreuungsangebote anbieten.

3. die Schaffung einer kantonal-koordinierten Auskunfts- und Beratungsstelle für Eltern, welche familienergänzende Kinderbetreuung und Krippenplätze beanspruchen (analog zum Kanton Zürich) in Angriff zu nehmen.


Chur, 21. Oktober 2008

Michel (Chur), Bucher-Brini, Arquint, Baselgia-Brunner, Frigg, Gartmann-Albin, Jäger, Menge, Meyer Persili (Chur), Pfenninger, Pfiffner-Bearth, Thöny, Trepp, Locher Benguerel

Session: 21.10.2008
Vorstoss: dt Auftrag

Antwort der Regierung

Mit dem Fraktionsauftrag in der Oktobersession 2008 des Grossen Rates lädt die SP die Regierung ein, Sofortmassnahmen zur Schaffung eines bedarfsgerechten Angebotes zur familienergänzenden Kinderbetreuung (insbesondere Krippenplätze) zu ergreifen, dafür zu sorgen, dass die Gemeinden die im Familienbericht geforderten Betreuungsangebote anbieten und die Schaffung einer kantonal-koordinierten Auskunfts- und Beratungsstelle in Angriff nehmen.

Der Kanton Graubünden hat als einer der ersten Kantone in der Schweiz dem Bedürfnis, familienergänzende Kinderbetreuung zu fördern, Rechnung getragen. Im Jahre 2003 wurde das Gesetz über die Förderung der familienergänzenden Kinderbetreuung (BR 548.300) erlassen. Dieses regelt die finanzielle Förderung entsprechender Angebote im Kanton. Gemäss Art. 4 legen die Gemeinden in Zusammenarbeit mit den anerkannten Anbietern den Bedarf an familienergänzenden Kinderbetreuungsangeboten fest. Gemäss Art. 5 lit. a bis c ist der Kanton zuständig für die Beratung und Unterstützung der Gemeinden und der Anbieter, für die Koordination der Angebote sowie für deren Anerkennung.

Mit dem kantonalen Finanzierungsgesetz und Anstossfinanzierungen des Bundes sind neue Angebote gefördert und die Zahl der Kinderbetreuungsplätze schrittweise erhöht worden. Die folgende Tabelle zeigt die Entwicklung der Betreuungsplätze und Angebote im Bereich der familienergänzenden Kinderbetreuung (Krippen, Tagesstätten, Mittagstische und Tagesfamilien) im Kanton Graubünden seit dem Jahr 2004:

Jahr     Angebote     Betreuungsplätze     Kinder     Zunahme (Plätze)
2004     20             193.9                      1163         –
2005     22             205.2                      1252         6%
2006     21             227.1                      1460         11%
2007     24             243.6                      1424         7%
2008     29             Zahlen erst im Jahre 2009 erhältlich

Im Familienbericht Graubünden (Heft Nr. 15/2006–2007, Seite 1705) hat die Regierung im Bereich „Familie und familienergänzende Kinderbetreuung“ vier Massnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit aufgeführt. Drei dieser Massnahmen sind aufgrund der Beratungen im Grossen Rat bereits umgesetzt worden: Die Beitragssätze des Kantons und der Gemeinden sind von 15% auf je 20% erhöht (RB vom 11. September 2007, Protokoll Nr. 1103) und gleichzeitig ist der Beitragssatz des Kantons und der Gemeinden für neue Angebote während der Startphase (3 Jahre) von 15% auf je 25% angehoben worden. In der Teilrevision der Ausführungsbestimmungen zum Gesetz über die Förderung der familienergänzenden Kinderbetreuung im Kanton Graubünden (BR 548.310) sind die für die Berechnung der Normkosten massgebenden Aufwendungen erweitert worden (RB vom 3. Juli 2007, Protokoll Nr. 825). Für die Umsetzung der vierten Massnahme zur Aufhebung der Vorgaben für die Tarifgestaltung ist eine Gesetzesänderung notwendig (Aufhebung von Art. 7).

Tatsächlich bestehen derzeit insbesondere in Chur und im Oberengadin Wartelisten für Betreuungsplätze. Die Zuständigkeit für die Festlegung des Bedarfs liegt aber nicht beim Kanton, sondern, wie eingangs erwähnt, bei den Gemeinden.

Das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement und das eidgenössische Departement des Innern bauen gemeinsam eine Internetplattform zum Thema „Vereinbarkeit Beruf und Familie: Massnahmen der Kantone und Gemeinden“ auf. Diese wird umfassend über die von den Kantonen und Gemeinden entwickelten diesbezüglichen Massnahmen informieren. Damit wird dem Anliegen, eine kantonal-koordinierte Auskunfts- und Beratungsstelle aufzubauen, zumindest auf Bundesebene entsprochen.

Auf die im Fraktionsauftrag der SP geforderten Sofortmassnahmen in der familienergänzenden Kinderbetreuung kann die Regierung nicht eintreten. Diese Anliegen zu erfüllen, liegt in der alleinigen Kompetenz der Gemeinden. Eine Informationsplattform für Erziehungsberechtigte und Unternehmen wird durch den Bund realisiert. Die Regierung beantragt deshalb, den Fraktionsauftrag abzulehnen.

Datum: 18. Dezember 2008