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Session: 21.10.2008
Der Kanton Graubünden wird von der A 13 von der Kantonsgrenze zu St. Gallen bis zur Kantonsgrenze mit dem Tessin durchschnitten. Diese Nationalstrasse ist für das Wild unüberwindlich.

Ein Forscherteam der eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft in Birmensdorf (WSL) ist aufgrund von Untersuchungen zum Ergebnis gelangt, dass z.B. Rehe, welche durch die Autobahn oder Eisenbahnstrecken voneinander getrennt sind, sich in ihrem Erbgut unterscheiden.

Verhindert die Zerschneidung des Lebensraums, dass Tiere nicht mehr ab- und zuwandern könnten, so droht auf lange Sicht Inzucht. Dies hätte zur Folge, dass einseitig ausgestattete Lebewesen nur schlecht auf Änderungen der Umwelt, Parasiten oder neue Krankheiten reagieren, wodurch der Bestand vom Aussterben bedroht ist. Ermöglicht man dem isoliert lebenden (Schalen-)Wild, künftig wieder vermehrt zu wandern und sich mit anderen Beständen zu mischen, kann der Effekt der Verkehrswege rückgängig gemacht werden. Hierzu braucht es jedoch Verbindungen wie Grün- bzw. Wildbrücken und Unterführungen zu den abgeschnittenen Lebensräumen. Derzeit existieren 25 derartige Wildtierwege in der Schweiz.

Im gesamtschweizerischen Mittel weist der Kanton Graubünden ein hoher Zerstückelungsgrad auf. Ober- oder unterirdische Verbindungen für das Wild existieren nicht.

In diesem Zusammenhang bitte ich die Regierung, folgende Fragen zu beantworten:

1. Wie stellt sich die Regierung zur beschriebenen Problematik?

2. Ist die Regierung bereit, entsprechende bauliche Massnahmen in Form von Wildbrücken und Unterführungen an der A 13 in die Wege zu leiten?

3. Wie viele Wildverbindungswege entlang der A 13 erachtet die Regierung für sinnvoll?

4. Mit welchen Kosten ist dabei zu rechnen?

5. Können hierfür Gelder des Bundes ausgelöst werden?

6. Sollte der Bau von Wildverbindungswegen in die Kompetenz des Bundes fallen,ist die Regierung bereit, bei diesem zu intervenieren und sich für die Erstellung von Grünbrücken und Unterführungen einzusetzen?


Chur, 21. Oktober 2008

Menge, Casutt, Bucher-Brini, Frigg, Gartmann-Albin, Jenny, Keller, Koch, Kunz, Perl, Piffner-Bearth, Pfister, Thöny, Toschini, Trepp, Candinas (Disentis), Michel (Chur), Züst

Session: 21.10.2008
Vorstoss: dt Anfrage

Antwort der Regierung

Die Zerschneidung von Lebensräumen durch Infrastruktur-, Siedlungs- und Industrieanlagen erweist sich in der Tat in der Schweiz und in ganz Mitteleuropa als ein Problem mit Folgen, die bis zur negativen Beeinflussung des Genpools von lokalen Populationen wild lebender Tiere (Isolierung, Inzucht etc.) reichen können. Allerdings trifft es nicht zu, dass der Kanton Graubünden im gesamtschweizerischen Vergleich einen hohen Zerstückelungsgrad aufweist. Innerhalb der Schweiz sind die grossen Alpenkantone und insbesondere Graubünden deutlich weniger stark von dieser Problematik betroffen. Wörtlich heisst es denn auch im Grundlagenbericht zur überregionalen Vernetzung von Lebensräumen betreffend die Korridore für Wildtiere (BUWAL 2001): „Die Landschaft in den Alpenkantonen ist weitgehend reich an ökologisch wertvollen Strukturen und weist häufig einen hohen Vernetzungsgrad auf. (…) Mit Ausnahme bestimmter Autobahnabschnitte ist der Barriereneffekt der Verkehrsträger für Wildtiere eher gering.“

Gemäss nationalem Inventar sind in Graubünden neun Wildtierkorridore von überregionaler Bedeutung aufgeführt. Davon sind zwei durch die Nationalstrasse A13 weitgehend unterbrochen, nämlich die Korridore Maienfeld und Haldenstein.

Zu den konkreten Fragen äussert sich die Regierung wie folgt:

1. Die Regierung nimmt diese Problematik ernst. Deshalb sind die Wildtierkorridore auch in den kantonalen Richtplan aufgenommen worden. Damit soll bei sämtlichen planerischen Aktivitäten darauf geachtet werden, dass die Einflussbereiche dieser Wildtierkorridore frei gehalten werden.

2. Das Tiefbauamt Graubünden hat in Zusammenarbeit mit den betroffenen kantonalen Amtsstellen die Sanierung des unterbrochenen Korridors bei Haldenstein bereits in die Wege geleitet. Im Rahmen der geplanten Zusammenlegung der Nord- und Südspuren der A13 nördlich von Chur ist im Bereich Halbmil eine Wildtierpassage geplant. Die Realisierung dieser und weiterer Grünbrücken obliegt dem Bundesamt für Strassen (ASTRA), da die Nationalstrassen mit Inkrafttreten der NFA in die alleinige Verantwortung des Bundes übergegangen sind.

3. Entlang der A13 bestehen sieben Wildtierkorridore von überregionaler Bedeutung. Künftig ist vermehrt darauf zu achten, dass die bestehenden, noch nicht unterbrochenen Korridore hinsichtlich der Durchlässigkeit aufgewertet werden. Wichtig wäre auch die Sanierung des zweiten unterbrochenen Korridors zwischen Sargans und Landquart.

4. Eine seriöse Kostenschätzung für alle wünschbaren Massnahmen kann mit den heute vorhandenen Grundlagen nicht gemacht werden. Die Ausgangslage sowie die Randbedingungen unterscheiden sich bei jedem Projekt erheblich. Allein der Kostenvoranschlag für die Wildüberführung Halbmil (A 13) beträgt ca. 11 Mio. Franken.

5. Wie bereits erwähnt, ist der Bund seit dem 1. Januar 2008 für das Nationalstrassennetz allein zuständig. Dies gilt auch für die Projektierung und den Bau von Verbindungen zugunsten von Wildtierkorridoren entlang der A 13.

6. Die Regierung will vorerst die Auswirkungen nach der Realisierung der Wildtierpassage Halbmil abwarten. Darauf abgestützt soll danach mit dem Bund das weitere Vorgehen, insbesondere beim unterbrochenen Korridor zwischen Sargans und Landquart, geprüft und festgelegt werden.

Datum: 7. Januar 2009