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Session: 10.02.2009
Die Anforderungen an eine IV-Anlehre (Anlehre im Sinne der IV/nur in IV-anerkannten Institutionen), welche die Ausbildungsinstitutionen (z.B. VEBO) an Schulabgänger und Schulabgängerinnen und Schulabgänger von Sonderschulen stellen, sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Sonderschülerinnen und Sonderschülern gelingt es je länger je weniger, eine Attestausbildung (gem. BBG) zu absolvieren. Somit steigt der Bedarf an Plätzen für eine IV-Anlehre, welche aber heute nur in ungenügender Zahl angeboten werden. Ebenfalls fehlen im Kanton Nischenarbeitsplätze in Verwaltungen, Gewerbe und Industrie für Jugendliche zwischen HPS- und Regelklassenniveau. Auch hier stellt die VEBO zu hohe Anforderungen für diese Leistungsgruppe. So bleibt oft nur noch die Platzierung zur Sicherung einer minimalen Tagesstruktur ohne Ausbildungs- und Produktionsanspruch, oder aber ein Ausweichen in ausserkantonale Ausbildungsstätten.

Die oben erwähnte Problematik wirkt sich auch auf den Bedarf an Beschäftigungsplätzen aus. In den nächsten Jahren werden vermehrt jugendliche Sonderschülerinnen und -schüler mit Bedarf nach Beschäftigungsplätzen die Schulen verlassen.

Bereits heute existieren für solche Plätze Wartelisten, was bedeutet, dass es für diese Jugendlichen keine Anschlusslösungen gibt. Dies wiederum führt zwangsläufig zu einem weiteren Rückstau und Verbleib in der HPS während einem 10., 11. oder/und 12. Schuljahr. Dies hat zur Folge, dass damit vermehrt auch Sonderschulplätze geschaffen werden müssen. Diese verlängerte Sonderschulung als Warteraumlösung kann den spezifischen Förderbedarf der Jugendlichen zwischen 16 und 20 Jahren nicht mehr in geeigneter Weise abdecken. Werden in diesem Bereich keine neuen Arbeitsplätze (Beschäftigungsplätze) geschaffen, wird es künftig nicht mehr möglich sein, diese Jugendlichen sinnvoll und rechtzeitig platzieren zu können. So konnte die HPS Olten als Beispiel in den vergangenen Jahren ihre Schulentlassenen mit Beschäftigungsbedarf nur dank (teuren) ausserkantonalen Platzierungen unterbringen.

Aus diesem Grunde stellen wir der Regierung folgende Fragen:

1. Wie viele Ausbildungs- und Beschäftigungsplätze stehen für behinderte Jugendliche im Kanton Graubünden zur Verfügung?

2. Arbeitet der Kanton Graubünden mit Institutionen/Firmen bezüglich ausserkantonalen Platzierungen zusammen und wie hoch sind die Kosten?

3. Gedenkt die Regierung, Massnahmen zu treffen und Gefässe zu schaffen, damit diesen Jugendlichen vermehrt Ausbildungs- und Beschäftigungsplätze zur Verfügung gestellt werden können?

Chur, 10. Februar 2009

Gartmann-Albin, Dermont, Arquint, Baselgia-Brunner, Berther (Sedrun), Bezzola (Samedan), Bischoff, Blumenthal, Bondolfi, Bucher-Brini, Bundi, Campell, Candinas, Casparis-Nigg, Casutt, Caviezel (Pitasch), Caviezel-Sutter (Thusis), Christoffel-Casty, Darms-Landolt, Fasani, Feltscher, Frigg-Walt, Geisseler, Hartmann (Chur), Jaag, Jäger, Jenny, Keller, Kessler, Kleis-Kümin, Krättli-Lori, Kunz, Menge, Meyer Persili (Chur), Meyer-Grass (Klosters Dorf), Noi-Togni, Parolini, Perl, Peyer, Pfäffli, Pfenninger, Pfiffner-Bearth, Plozza, Quinter, Tenchio, Thöny, Thurner-Steier, Toschini, Troncana-Sauer, Valär, Furrer-Cabalzar, Locher Benguerel

Session: 10.02.2009
Vorstoss: dt Anfrage

Antwort der Regierung

Mit dem neuen Bundesgesetz über die Berufsbildung (BBG) wurde die zweijährige Grundbildung mit Attest mit standardisierten Bildungszielen eingeführt. Sie ersetzt die bisherige BBT-Anlehre mit individuellen Bildungszielen. In Ergänzung dazu besteht für Jugendliche, welche den Anforderungen einer Attestausbildung nicht gewachsen sind, die Möglichkeit, gestützt auf das Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG) eine erstmalige berufliche Ausbildung (IV-Anlehre) zu absolvieren. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Anforderungen gerade an Schulabgängerinnen und Schulabgänger von Sonderschulen in einzelnen Berufszweigen gestiegen sind und vermehrt IV-Ausbildungsplätze beansprucht werden müssen. Ein erhöhter Bedarf an IV-Ausbildungsplätzen könnte kurzfristig entstehen durch die Anzahl Schülerinnen und Schüler, welche zur Zeit die Schule verlassen. Die Anforderungen an die Absolvierung einer IV-Anlehre sind nicht angestiegen.

Die Anschlusslösungen für Sonderschülerinnen und Sonderschüler nach der ordentlichen Schulpflicht sind in Beschäftigungs- und Ausbildungsplätze zu unterscheiden. Die Kosten für die IV-Anlehre werden vom Bund getragen. Beschäftigungsplätze für diejenigen, welche nicht befähigt sind eine IV-Anlehre zu absolvieren, stehen in den Wohnheimen und geschützten Werkstätten zur Verfügung.

Arbeitsplätze für Menschen mit eingeschränkter Leistungsfähigkeit sind Mangelware. Beschäftigungsplätze direkt im Anschluss an die Schule werden nur in geringer Zahl benötigt. Beschäftigungsplätze stehen erst dann zur Diskussion, wenn die betroffenen Jugendlichen das 18. Altersjahr erfüllt haben und über eine rechtskräftig zugesprochene IV-Rente verfügen. Vorher kann die Verlängerung der Sonderschulung bewilligt werden. Bis jetzt konnte für alle sonderschulbedürftigen Jugendlichen, die in eine Berufswahlabteilung der dafür vorgesehenen Institutionen übertreten wollten, ein Platz zur Verfügung gestellt werden, ohne dass ein Rückstau zu beobachten wäre.

Die gestellten Fragen sind wie folgt zu beantworten:

1. Gemäss Angebotsinventar 2008 (Stichtag 31. Mai 2008) des kantonalen Sozialamtes stehen für die berufliche Eingliederung in 11 Einrichtungen insgesamt 156 Plätze zur Verfügung (Ersteingliederung/IV-Anlehre 128 Plätze; Wiedereingliederung 28 Plätze). 56 Prozent der Ausbildungsplätze werden in den vom Kanton anerkannten Einrichtungen angeboten, 15 Prozent an einem Arbeitsplatz in der Privatwirtschaft und 29 Prozent ausserkantonal.

2. Der Kanton Graubünden trat am 1. April 2009 der Interkantonalen Vereinbarung für soziale Einrichtungen (IVSE) bei. Bereits vor dem formellen Beitritt zur IVSE hat der Kanton mit ausserkantonalen Einrichtungen zusammengearbeitet. Bei der Ausbildung übernimmt - unabhängig vom Ort der Platzierung - der Bund die Kosten. Bei ausserkantonalen Platzierungen hat der Kanton eine Kostenübernahmegarantie zu leisten. Die durchschnittlichen Kosten für einen Platz in einem Wohnheim mit Beschäftigung betragen pro Kalendertag Fr. 339.—. Die Betroffenen übernehmen mit der Rente plus Ergänzungsleistung eine Tagestaxe von Fr. 122.—. Für einen Platz in einer geschützten Werkstätte entrichtet der Kanton max. Fr. 17.— pro geleistete Arbeitsstunde resp. Fr. 25‘500.— pro Jahr an den Trägerkanton.

3. Die Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren der Ostschweiz beabsichtigen, den Bedarf an Beschäftigungsplätzen für die ganze Ostschweiz zu erheben, was eine gute Koordination ermöglicht. Mit der jährlichen Bedarfsplanung im Behindertenbereich kann die Regierung auf die Nachfrage an Ausbildungs- und Beschäftigungsplätzen angemessen reagieren.

Datum: 27. April 2009