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Session: 11.02.2009
Über das gesamte Kantonsgebiet verteilt bieten sehr unterschiedlich organisierte Trägerschaften ausserhalb der kantonalen Zentralverwaltung Service-Public-Leistungen an. Diese werden zum Teil überregional, kantonal oder sogar über die Kantonsgrenzen hinaus nachgefragt. Zu denken ist beispielhaft an die öffentlichen und privaten Mittelschulen, an die öffentlichen Regional- und die Privatspitäler sowie weitere Institutionen mit besonderen Angeboten im Gesundheitsbereich, an das Institut für Schnee- und Lawinenforschung in Davos, an das Institut für berufliche Weiterbildung IbW in Chur oder die Sanitätsnotrufzentrale 144 in Ilanz. Einige dieser Trägerschaften profitieren von kantonalen Beiträgen und/oder anderen kantonalen Fördermassnahmen.

Im Tätigkeitsbereich dieser Trägerschaften verändern sich die Rahmenbedingungen aus unterschiedlichen Gründen seit längerem. Zu einem massgeblichen Anteil sind die Rahmenbedingungen kantonal mit gestaltbar. Die aktuellsten Beispiele für Einflussnahmen durch den Kanton sind die faktisch durch den Kanton veranlasste Aufhebung der Bündner Fachschule für Pflege in Ilanz, die vom Kanton mitgetragene finanzielle Sanierung der Schweizerischen Schule für Touristik und Hotellerie AG (SSTH, HTM-Immobilien AG) in Chur sowie die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW), welche der Kanton per 2006 als kantonale Anstalt des öffentlichen Rechts unter seine Fittiche genommen hat. Besonders erwähnenswert ist ausserdem die Unsicherheit über die Haltung des Kantons zu den Untergymnasien.

Die in diesem Auftrag gemeinten Service-Public-Angebote werden aufgrund des hohen Spezialisierungsgrads, der besonderen Leistungsqualität oder aus anderen Gründen über den engen Kreis der einheimischen Bevölkerung vor Ort hinaus nachgefragt. In der jeweiligen Region schaffen sie qualifizierte Arbeitsplätze für die ansässige Bevölkerung, lösen sie weitere volkswirtschaftliche Wertschöpfung aus und machen sie die Standortregion insgesamt attraktiver. Die Veränderungen, welche vielfach mit einer Verlegung der Service-Public-Angebote ins Zentrum gleichzusetzen sind, widerspiegeln so eine politisch ernst zu nehmende Zentrum-Peripherie-Problematik.

Die kantonale Politik hat sich bisher noch nie gesamtheitlich mit dieser Problematik auseinandergesetzt. Es fehlen insbesondere die systematische Erfassung, Bewertung und Prüfung der Förderwürdigkeit dieser Service-Public-Angebote in den verschiedenen Regionen unseres Kantons sowie auch Antworten auf die Frage, ob und - wenn ja - inwiefern konkrete kantonalpolitische Massnahmen einzuleiten sind.

Die CVP-Fraktion fordert die Regierung daher auf, in einem Bericht - entweder als Teil des Berichts zur umfassenden Reform der Staatsstrukturen gemäss Beschluss der Regierung vom Dezember 2008 oder als separater Bericht - zu folgenden Themen vertieft Stellung zu nehmen:

1. Übersicht über die Service-Public-Leistungen mit überregionaler Bedeutung und Nachfrage, welche durch Trägerschaften ausserhalb der kantonalen Zentralverwaltung in den verschiedenen Regionen des Kantons angeboten werden

2. Beurteilung der Leistungen des Kantons zugunsten der Trägerschaften dieser Service-Public-Angebote

3. Handlungsmöglichkeiten des Kantons zur Unterstützung von Service-Public-Leistungen mit überregionaler Bedeutung und Nachfrage, welche durch Trägerschaften ausserhalb der kantonalen Zentralverwaltung in den verschiedenen Regionen des Kantons angeboten werden

4. Aufzeigen einer Strategie des Kantons über die Erbringung von Service-Public-Leistungen mit überregionaler Bedeutung und Nachfrage, welche durch Trägerschaften ausserhalb der kantonalen Zentralverwaltung in den verschiedenen Regionen des Kantons angeboten werden

5. Einführen einer Pflicht zur Überprüfung der Regionenverträglichkeit in den regierungsrätlichen Botschaften, wenn kantonale Massnahmen eine oder mehrere Regionen wirtschaftlich oder gesellschaftlich besonders treffen

Chur, 11. Februar 2009

Cavigelli, Augustin, Berni, Berther (Disentis), Berther (Sedrun), Blumenthal, Bondolfi, Bundi, Caduff, Cahannes Renggli, Candinas, Darms-Landolt, Dermont, Fallet, Fasani, Federspiel, Florin-Caluori, Geisseler, Keller, Kleis-Kümin, Kollegger, Loepfe, Niederer, Parpan, Pfister, Plozza, Quinter, Righetti, Sax, Tenchio, Thurner-Steier, Tuor, Zanetti

Session: 11.02.2009
Vorstoss: dt Auftrag

Antwort der Regierung

Unter Service-Public werden die Angebote der öffentlichen Hand verstanden. Unterschiedliche Staatsebenen erbringen dabei in unterschiedlichen Organisationsformen unterschiedliche Leistungen. Während der Bund vor allem für Post, Telekommunikation, elektronische Medien, den öffentlichen Verkehr und teilweise den Strassenbau zuständig ist, erstrecken sich die Dienstleistungen der Kantone und Gemeinden beispielsweise auf das Gesundheitswesen, die Bildung, teilweise den Strassenbau und weitere Aufgaben in den Bereichen Wirtschaft und Kultur. Im Fraktionsauftrag wird eine gesamtheitliche Auseinandersetzung der kantonalen Politik mit diesem Themengebiet vermisst und dazu ein umfassender Bericht verlangt.

Die Regierung setzt sich mit der letztlich angesprochenen Zentrum-Peripherie-Problematik sowohl innerkantonal wie auch im Verhältnis zu ausserkantonalen Zentren und Wirtschaftsräumen laufend auseinander. Strategische Leitlinie ist dabei das Regierungsprogramm. Dieses nimmt für die Periode 2009-2012 insbesondere unter den vom Grossen Rat vorgegebenen Leitsätzen A, C und E auf das Verhältnis Peripherie – Zentrum und die Möglichkeit der Behauptung der Peripherie im wirtschaftlichen Wettbewerb Bezug. Neben der Bündner NFA und der Reform der Gemeindestrukturen, der Neuen Regionalpolitik und der Bereitstellung leistungsfähiger Strassen- und Schienennetze werden Standortmarketing, Sondernutzungsräume, Bildungs- und Forschungseinrichtungen von hoher Qualität sowie die Stärkung der Wirtschaft als konkrete Instrumente zur Förderung gerade auch der Peripherie genannt. Sie tragen insbesondere zur Verbesserung der Standortvoraussetzungen für unternehmerische Tätigkeiten in Berg-, Rand- und Grenzregionen bei, schaffen qualifizierte Arbeitsplätze und sollen gerade auch der Verlegung von Service-Public-Angeboten in den Zentren entgegen wirken. Gleichzeitig muss aber festgehalten werden, dass auch in peripheren Regionen strukturelle Veränderungen notwendig sind. Die strategischen Absichten und Entwicklungsschwerpunkte gemäss Regierungsprogramm werden in den Jahresprogrammen konkretisiert und über die Fortschritte wird in den jährlichen Erfolgskontrollen Bericht erstattet. Aufgrund dieser strategischen Ausrichtung und der dafür zur Verfügung stehenden Instrumente erachtet es die Regierung nicht als notwendig, einen separaten Bericht zu der im Fraktionsauftrag angesprochenen Thematik zu verfassen. Zu den thematischen Vorstellungen im Auftrag nimmt die Regierung wie folgt Stellung:

1. Service-Public-Angebote von Trägerschaften ausserhalb der kantonalen Verwaltung, die überregional nachgefragt und vom Kanton subventioniert werden,
erbringen beispielsweise im Bereich der Wirtschaft Graubünden Ferien, im Bereich der Gesundheit Spitäler, Spitex, Institutionen des Rettungswesens sowie psychiatrische und Kinder- und jugendpsychiatrische Dienste, im Bereich Bildung Sonderschulen, private Mittelschulen, Hochschulen und Fachhochschulen, Berufsschulen und Lehrwerkstätten, im Bereich Kultur Institutionen der Sprachförderung, Sing- und Musikschulen sowie spezielle Einrichtungen und schliesslich im Bereich Verkehr die RhB, die Matterhorn Gotthard Bahn und öffentliche Strassentransportdienste.

2. Der Kanton beurteilt seine Leistungen zugunsten der Trägerschaften der entsprechenden Service-Public-Angebote laufend im Rahmen der Gesetzgebung, von Investitionsvorhaben und Vollzugsfragen. Die Leistungen zwischen Kanton und den betreffenden Trägerschaften werden mittels Vereinbarungen geregelt. Darin werden die Anforderungen bezüglich Qualität, Effizienz und Wirtschaftlichkeit festgelegt. Fester Bestandteil ist auch eine Beitragsüberprüfung.

3. Er bemüht sich darum, seine Handlungsmöglichkeiten im Bereich des Service-Public laufend zu optimieren. Leitlinien dieser Optimierung sind einerseits die Bedürfnisse der nachfragenden Bevölkerung und die Einbettung in das gesetzgeberische Gesamtkonzept der Förderung und Unterstützung öffentlicher Leistungen, andererseits aber auch die finanziellen Möglichkeiten und die sich ändernden Verhältnisse. Unter anderem mit den Instrumenten der Neuen Regionalpolitik lassen sich ausgewiesene Bedürfnisse in den Regionen bei der Gestaltung von Service-Public-Angeboten berücksichtigen. Dadurch können Perspektiven für die regionale Entwicklung eröffnet werden.

4. In den einleitenden Bemerkungen wurde bereits aufgezeigt, welche Strategien die Regierung im Bereich des Service-Public verfolgt. Diese sind transparent und vom Grossen Rat und seinen zuständigen Kommissionen kontrollierbar. Wie in der Beantwortung anderer Vorstösse festgehalten, erachtet die Regierung es als ausreichend, ihre zentralen politischen Planungen als Strategieinstrumente einzusetzen. Auf Sonderberichte möchte sie nicht zuletzt auch aus Ressourcengründen verzichten.

5. Die Regierung ist bereit, die im Auftrag geforderte Überprüfung der Regionenverträglichkeit in Botschaften vorzunehmen, wenn kantonale Massnahmen eine oder mehrere Regionen wirtschaftlich oder gesellschaftlich besonders treffen.

Die Regierung ist bereit, den Auftrag bezüglich Ziffer 5 entgegen zu nehmen. Die Themen 1 bis 4 werden gemäss den Ausführungen berücksichtigt, das Verfassen eines besonderen Berichtes lehnt die Regierung dagegen ab.

Datum: 5. Mai 2009