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Session: 21.04.2009
Auch die Schweiz steuert auf die Wirtschaftskrise zu. Neben einem dramatischen Anstieg der Arbeitslosigkeit ist leider auch ein erheblicher Kaufkraftverlust der erwerbstätigen Bevölkerung, insbesondere des Mittelstandes, zu erwarten. Dies lässt den Privatkonsum, die wichtigste Stütze der Konjunktur, einbrechen und führt so zu einer konjunkturellen Negativspirale. Auch CVP-Volkswirtschaftsministerin Leuthard und das ihr unterstellte Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) warnen eindringlich vor diesem Szenario.

Ein Teil des zu erwartenden Kaufkraftverlustes in der Schweiz ist leider hausgemacht. Insbesondere der angekündigte massive Prämienanstieg bei der Krankenversicherung (man geht von über 10% aus), wird sich als eigentlicher Kaufkraftkiller erweisen.

Die Politik ist nun auch in Graubünden gefordert. Massnahmen zur Stützung der privaten Nachfrage sind dringlich, müssen aber dort ansetzen, wo die Konsumquote besonders hoch ist, also bei den unteren und mittleren Einkommensschichten. Entlastungsmassnahmen für Reiche bringen in der Rezession hingegen nichts.

Darum muss der konjunkturpolitische Hebel beim System der Krankenkassenprämienverbilligung angesetzt werden. Dieses System hat sich zur Unterstützung von Versicherten in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen sehr bewährt und sollte angesichts der Wirtschaftskrise zu Gunsten des unteren Mittelstandes und des Mittelstandes ausgebaut werden. So kann dem zu erwartenden Prämienanstieg entgegengewirkt und damit ein wichtiger Beitrag zur Stützung der Konjunktur geleistet werden. Zudem zeichnet sich ab, dass der Bund seine Prämienverbilligungsbeiträge an die Kantone erhöhen wird, was auch für ein entschiedenes Handeln seitens der Regierung spricht.

In diesem Sinne wird die Regierung beauftragt, das Gesetz über die Krankenversicherung und die Prämienverbilligung (KPVG) so zu revidieren, dass in Graubünden kein Haushalt mehr als 8% des anrechenbaren Einkommens für die Krankenversicherung aufwenden muss.

Chur, 21. April 2009

Trepp, Arquint, Baselgia-Brunner, Bucher-Brini, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Jaag, Jäger, Menge, Meyer Persili (Chur), Peyer, Pfenninger, Pfiffner-Bearth, Thöny, Locher Benguerel, Michel (Chur)

Session: 21.04.2009
Vorstoss: dt Auftrag

Antwort der Regierung

Die mit dem Fraktionsauftrag angestrebte Reduktion des maximalen Selbstbehaltsatzes auf acht Prozent würde ihre Wirkung primär bei mittelständischen Familien entfalten.

Die mittelständischen Familien wurden im Rahmen der auf den 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Teilrevision des Gesetzes über die Krankenversicherung und die Prämienverbilligung (KPVG) spürbar entlastet. Zum einen werden gemäss dieser Revision die Prämien von Kindern und jungen Erwachsenen in Ausbildung bis zu einem anrechenbaren Einkommen von 65'000 Franken zu hundert Prozent und darüber bis zu einem anrechenbaren Einkommen von 80'000 Franken um einen degressiv abgestuften Prozentsatz verbilligt. Zum andern wurde der maximale Selbstbehaltsatz von zwölf Prozent auf zehn Prozent reduziert. Der maximale Selbstbehaltsatz von zehn Prozent kommt dabei bereits bei einem anrechenbaren Einkommen über 40'000 Franken zum Tragen.

Eine weitere Entlastung haben beziehungsweise werden die Familien im Rahmen der vom Grossen Rat in der Oktobersession 2006 und in der Junisession 2009 beschlossenen Steuergesetzrevisionen erfahren. Im Rahmen der beiden Steuergesetzrevisionen wurden die Kinder- und Kinderbetreuungsabzüge wie folgt erhöht:

Kinderabzug:
Für Kinder im Vorschulalter: Erhöhung von 2'400 Franken auf 5'000 Franken (per 1. Januar 2008) beziehungsweise 6'000 Franken (per 1. Januar 2010);
Für ältere minderjährige Kinder in schulischer oder beruflicher Ausbildung: Erhöhung von 2'400 Franken auf 8'000 Franken (per 1. Januar 2008) beziehungsweise 9'000 Franken (per 1. Januar 2010).

Kinderbetreuungsabzug:
Für jedes Kinder unter 14 Jahren: Erhöhung von 2'000 Franken auf maximal 6'000 Franken (per 1. Januar 2008) beziehungsweise maximal 10'000 Franken (per 1. Januar 2010).

Die Erhöhung der Kinder- und Kinderbetreuungsabzüge hat einen doppelten Effekt. Zum einen erfahren die Familien eine steuerliche Entlastung. Zum andern erhalten sie höhere Prämienverbilligungsbeiträge, führt doch der erhöhte Kinderabzug bei der IPV-Berechnung zu tieferen anrechenbaren Einkommen.

Der vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) für das Jahr 2010 angekündigte Prämienaufschlag im Kanton von etwa fünfzehn Prozent wird bei gleichbleibendem anrechenbarem Einkommen zu keiner Mehrbelastung der Prämienverbilligungsbezüger und zu keiner Reduktion ihrer Kaufkraft führen. Der Kanton übernimmt gemäss dem geltenden System der Prämienverbilligung diesen Prämienanstieg vollumfänglich im Rahmen der IPV. Das geltende System der Prämienverbilligung beinhaltet einen automatischen Konjunkturstabilisator analog der Arbeitslosenversicherung.

Gemäss Modellrechnung wird das IPV-Volumen im Jahr 2010 durch den angekündigten Prämienaufschlag um über 20 Millionen Franken ansteigen. Der Umstand, dass der Kanton bei gleichbleibenden Einkommen den Prämienanstieg vollumfänglich über die IPV übernimmt, wird dazu führen, dass das IPV-Volumen in den nächsten Jahren weiterhin überdurchschnittlich ansteigen wird. Mittel- und längerfristig ist deshalb zu befürchten, dass die IPV in der vorliegenden Ausgestaltung ohne Steuererhöhung nicht mehr finanzierbar sein wird. Eine Reduktion des maximalen Selbstbehalts von zehn auf acht Prozent würde gemäss Modellrechnung zu einer zusätzlichen Erhöhung der Prämienverbilligungsbeiträge im Jahr 2010 um rund 18 Millionen Franken führen.

Die Umsetzung des Fraktionsauftrages der SP würde zudem eine Revision des KPVG bedingen. Nach Auffassung der Regierung ist allerdings davon abzusehen, kurzfristig konjunkturbedingt Anpassungen am bewährten System der Prämienverbilligung vorzunehmen.

Unter Hinweis auf die durch den vom BAG angekündigten Prämienaufschlag erforderlichen zusätzlichen finanziellen Mittel, den automatischen konjunkturellen Stabilisator des geltenden Systems der Prämienverbilligungsbeiträge, die vom Grossen Rat beschlossenen und sich positiv auf die Prämienverbilligungsbeiträge auswirkenden Erhöhungen der Kinder- und Kinderbetreuungsabzüge und die massiven finanziellen Auswirkungen beantragt die Regierung die Ablehnung des Fraktionsauftrages der SP.

6. Juli 2009