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Session: 21.04.2009
Gemäss Art. 6 der Postverordnung (VPG; SR 783.01) betreibt die Post landesweit ein flächendeckendes Poststellennetz und stellt sicher, dass die Dienstleistungen des Universaldienstes in allen Regionen für alle Bevölkerungsgruppen in angemessener Distanz erhältlich sind. In den Poststellen sind die Dienstleistungen des Universaldienstes anzubieten. Die Post sorgt ferner im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten für eine kundenorientierte Weiterentwicklung des Poststellennetzes.

Das Poststellennetz ist seit Jahren im Um- und Abbau. Seit dem Jahr 2001 sank die Anzahl der Poststellen in der Schweiz von 3200 auf 2380, mithin um mehr als 25%. Die Schweizerische Post hat ferner 2008 ein solides Ergebnis erzielt. Mit einem Konzerngewinn von 825 Millionen Franken blieb es um 84 Millionen Franken unter demjenigen des Vorjahres (909 Millionen).

Das Poststellennetz soll im Hinblick auf die im Jahr 2012 vorgesehene totale Öffnung des Poststellenmarktes erneut restrukturiert werden. Je nach Ergebnis könnte ein Teil der Poststellen geschlossen oder zu einer Agentur oder Hausservice umgebaut werden, wobei Schliessungen – so die Schweizerische Post – kein Ziel seien. Die Schweizerische Post hat im Internet eine Liste vom 14. April 2009 der bis 2011 zu überprüfenden Standorte aufgeschaltet, gemäss welcher Poststellen in folgenden 47 Ortschaften im Kanton Graubündens betroffen sind:

Alvaneu Dorf, Ardez, Champfèr, Cresta (Avers), Curaglia, Danis, Donat, Falera, Fideris, Filisur, Ftan, Haldenstein, Jenaz, Langwies, Lawin, Li Curt, Lostallo, Lumbrein, Maladers, Morissen, Obersaxen Affeier, Paspels, Rabius, Riom, Rodels, Rothenbrunnen, San Bernardino, San Carlo (Poschiavo), San Vittore, Saas im Prättigau, Safien Platz, Sagogn, Samnaun-Compatsch, Schanf, Scharans, Seewis Dorf, Stampa, Sumvitg, Tamins, Tarasp, Tschiertschen, Tschierv, Uors (Lumnezia), Vicosoprano, Vrin, Waltensburg/Vuorz, Wiesen.

Die Überprüfung will die Post nach „klaren Kriterien“, „im Dialog mit allen Betroffenen“ sowie „im Einvernehmen mit den Gemeinden“ durchführen. Sollte es zu keiner einvernehmlichen Lösung kommen, stehe es den Gemeinden frei, die vom UVEK eingesetzte unabhängige Kommission Poststellen anzurufen. Die Schweizerische Post, so ihre Aussage, werde sich an alle Empfehlungen der Kommission halten, auch wenn sie nicht dazu verpflichtet wäre. Die Post entscheidet endgültig (Art. 7 VPG).

Schliesst eine Poststelle oder wird der Service eingeschränkt, folgen ihr häufig auch andere Geschäfte, worauf die Gemeinde – neben den Arbeitsplatzverlusten – an Attraktivität verliert und ausbluten kann. Ferner ist die Post gemäss einer UVEK-Studie vom Sommer 2008 das wichtigste Geldinstitut für den Zahlungsverkehr und die Bargeldversorgung in der Schweiz, besonders in den ländlichen Gebieten. Es ist deshalb nach den bereits vollzogenen und mitunter massiven Restrukturierungen der letzten Jahre zu fordern, dass das heutige Poststellennetz erhalten bleibt.

Fragen:

1. Wie viele Arbeitsplätze wurden im Kanton Graubünden seit 2001 bis heute mit dem Umbau der Poststellen abgebaut?

2. In ihren Antworten vom 27. Februar 2001 und vom 11. Mai 2004 auf parlamentarische Vorstösse wies die Regierung darauf hin, dass sie ihre regelmässigen Gespräche mit den Verantwortlichen der Post weiterführen werde und die Interessen des Kantons wahren würde. Welches waren die konkreten Resultate der seit Mai 2004 geführten Gespräche, insbesondere betreffend möglichem Abbau von Poststellen im Kanton Graubünden?

3. Die Regierungskonferenz der Gebirgskantone hat im Jahre 2000 eine Arbeitsgruppe eingesetzt, welche sich mit dem Service public und dem Arbeitsplatzabbau im Berggebiet beschäftigte. Die Regierungskonferenz – so die Regierung in einer Antwort vom 27. Februar 2001 auf einen parlamentarischen Vorstoss – werde sich mit der aktuellen Frage des Poststellennetzes beschäftigen und ihre Vorstellungen auf Bundesebene einbringen. Welches waren die Erfolge der genannten Regierungskonferenz?

4. Gedenkt die Regierung im Rahmen der Evaluierung, ob die genannten Bündner Poststellen abgebaut werden sollen oder nicht, Hand zu bieten bzw. Hilfe zu leisten, etwa im Rahmen der Stellungnahmen und der weiteren Verfahren auf Bundesebene? Wenn ja, mit welchen konkreten Massnahmen und Vorkehrungen? Koordiniert der Kanton seine Massnahmen mit allfälligen Massnahmen der Regionen?

5. Wie schätzt die Regierung die Auswirkungen auf den Kanton Graubünden ein als Folge der totalen Öffnung des Poststellenmarktes im Jahre 2012?


Chur, 21. April 2009

Tenchio, Casty, Michel (Davos Monstein), Augustin, Barandun, Berni, Berther (Disentis), Berther (Sedrun), Bezzola (Zernez), Bleiker, Blumenthal, Bondolfi, Brandenburger, Brantschen, Brüesch, Buchli, Bundi, Caduff, Cahannes Renggli, Campell, Candinas, Casparis-Nigg, Castelberg-Fleischhauer, Casutt (Falera), Caviezel-Sutter (Thusis), Cavigelli, Christoffel-Casty, Clavadetscher, Darms-Landolt, Dermont, Dudli, Fallet, Fasani, Federspiel, Felix, Florin-Caluori, Geisseler, Giovanoli, Hardegger, Hartmann (Champfèr), Jeker, Jenny, Keller, Kleis-Kümin, Koch, Loepfe, Märchy-Michel, Marti, Mengotti, Meyer-Grass (Klosters Dorf), Möhr, Niederer, Noi-Togni, Parolini, Parpan, Pedrini, Peer, Perl, Pfäffli, Pfister, Plozza, Portner, Quinter, Ragettli, Righetti, Sax, Stiffler, Thomann, Thurner-Steier, Toschini, Troncana-Sauer, Tuor, Valär, Vetsch (Klosters Dorf), Wettstein, Casutt-Derungs (Falera), Gunzinger

Session: 21.04.2009
Vorstoss: dt Anfrage

Antwort der Regierung

Bei der aktuellen Überprüfung des Poststellennetzes beruft sich die Post auf den unternehmerischen Handlungsspielraum, welcher ihr ermöglichen soll, den Grundversorgungsauftrag effizient und eigenwirtschaftlich erbringen zu können. Die Regierung verfolgt diese Überprüfung aus einer gesamtheitlichen Optik aufmerksam.

1. Aufgrund von Transfers zwischen den verschiedenen Bereichen der Post kann die Frage nach dem Abbau von Stellen im Zusammenhang mit der Reduktion der Anzahl Poststellen in Graubünden nicht direkt beantwortet werden. Im Zeitraum 2001 bis 2008 erfolgte eine teilweise Kompensation mit der Einführung des Haus-Service für 110 Orte und der Inbetriebnahme von fünf mobilen Poststellen. Der Bestand an Agenturen blieb unverändert. Im genannten Zeitraum hat die Anzahl von Postmitarbeitenden von 1’711 auf 1’548 abgenommen. Die ursprünglichen Pläne der Post liessen Schlimmeres erwarten. Nicht zuletzt dank dem Einsatz der Regierung konnten in diesem Reorganisationsprozess auch Erfolge verbucht werden: So wurden im Jahr 2008 rund 150 neue Stellen im Zentrum für Videocodierung und Retouren in Chur geschaffen. An den beiden peripheren Standorten Sitten und Chur erbringt die Post ihre Leistungen in diesem Bereich für die gesamte Schweiz und trägt damit zur Erhaltung dezentraler Arbeitsplätze bei.

2. Eines der wichtigsten Resultate ist, dass die Transparenz rund um die postalische Leistungserbringung zugenommen hat. Die Regierung ist seither über das zuständige Departement in regelmässigem Kontakt mit der Post. Damit wird sie beispielsweise über Neuerungen in der Ausgestaltung der Postdienste und der Entwicklung der Nachfrage informiert. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die Post die Betroffenen und die Gemeinden in die Entscheidungsmechanismen einbezieht. Als Resultat kann auch die unter Punkt 1 aufgeführte Videocodierung mit 150 neu geschaffenen Stellen in Chur erwähnt werden.

3. Anlässlich der Vernehmlassung zur Totalrevision des Post- und Postorganisationsgesetzes wurde auf die besondere Bedeutung der Postdienste für die Berg- und Randregionen hingewiesen und gefordert, dass eine qualitativ einwandfreie Grundversorgung und deren Finanzierung sichergestellt sein müssen. Seit dem 1. Januar 2004 hat die Post einen Infrastrukturauftrag. Dieser verpflichtet die Post zum Betrieb eines flächendeckenden Poststellennetzes. Die Poststellen müssen in angemessener Distanz erreichbar sein.

Bezogen auf den Anteil der Arbeitsplätze in den Volkswirtschaftssektoren 2 und 3 bietet die Post nach eigenen Angaben in den Randregionen mehr Arbeitsplätze an als im Rest des Landes. Im Kanton Graubünden beträgt dieser Anteil 1.65 Prozent im Vergleich zum gesamtschweizerischen Durchschnitt von 1.36 Prozent.

4. Die Regierung nimmt mit Genugtuung zur Kenntnis, dass die Post den Empfehlungen der unabhängigen Kommission Poststellen neu wesentlich mehr Gewicht zumessen will. Auf Anfragen betroffener Gemeinden haben Departement und Dienststellen in der Vergangenheit Unterstützung gewährt, um massgeschneiderte Lösungen zu finden. Die Regierung ist weiterhin gewillt, diese Unterstützung leisten zu lassen. Die Regierung erachtet es als zielführend, dass eine überkommunale Betrachtungsweise eingenommen wird und sich die Gemeinden allfällig regionsweise koordinieren. Eine Intervention der Regierung im Einzelfall drängt sich nicht auf.

5. Die Regierung verfolgt die vollständige Postmarktöffnung in Randregionen mit Wachsamkeit. Gemäss Postregulationsbehörde kann bei einer weiteren Liberalisierung davon ausgegangen werden, dass sich das Poststellennetz und die Zugangspunkte für Postleistungen von einem Kosten- zu einem strategischen Erfolgsfaktor wandeln werden. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass die Finanzierung der Grundversorgung bei der geplanten stufenweisen Marktöffnung weiterhin gesichert ist.
Entscheidend für eine erfolgreiche Weiterentwicklung der Postdienste in der Schweiz wird eine entsprechende Regulierung des Postmarktes sein. Wichtige Weichenstellungen dazu erfolgen mit der Ausgestaltung von Post- und Postorganisationsgesetz und deren Behandlung in den Eidgenössischen Räten.
Wie in Antwort 3 festgehalten wurde, fordert der Kanton Graubünden vom Bund die Sicherstellung einer qualitativ einwandfreien Grundversorgung und deren Finanzierung.

Datum: 8. Juli 2009