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Session: 23.04.2009
Das aktualisierte Wirtschaftsleitbild Graubünden 2010 vom November 2008 zeigt in aller Deutlichkeit auf, dass Graubünden zunehmend ins wirtschaftliche Abseits gerät. Seit 1995 verliert unser Kanton ständig Arbeitsplätze. Das BIP (Brutto-Inland-Produkt) lag 2005 sogar tiefer als jenes von 1990. Die Erreichbarkeit spielt eine immer wichtigere Rolle. Graubünden liegt bezüglich Bahnanbindung im Vergleich zu den übrigen Kantonen auf dem letzten Platz. Das Wallis zeigt es: Nach der Eröffnung des Lötschberg-Basistunnels setzte bei den Pendlern und Gästen ein eigentlicher Boom ein. Die Bahnfrequenzen stiegen innert kürzester Zeit um 30%. Verschiedene Regionen Graubündens haben aufgrund der hohen Lebensqualität gute Chancen, sich zur Pendlerregion von Zürich zu entwickeln. Voraussetzung dazu ist aber eine markante Fahrzeitreduktion und eine Kapazitätserhöhung.

Graubünden ist von Zürich und Bodensee her sowie innerhalb des Kantons mit einer über 100-jährigen Bahninfrastruktur erschlossen. Es ist daher an der Zeit, sich über die langfristigen Bedürfnisse Gedanken zu machen. Dabei soll geprüft werden, wie die bündnerischen Zentren Chur, Davos und Engadin St. Moritz an die Metropolen Zürich, München und Mailand ange-bunden werden können. Eine langfristige, visionäre Verkehrsplanung ist für unseren Kanton überlebenswichtig. Kurz- und mittelfristige Bedürfnisse sind von der Regierung erkannt und mit entsprechenden Planungen (z.B. Prättigau, schnellere Ver-bindung Zürich) angegangen worden. Viele Einzelprojekte, welche auf Partikularinteressen beruhen, sind in den letzten Jahren eingereicht worden (Erschliessung Lenzerheide, Bahntunnel Schanfigg – Davos usw.). Die ganzheitliche Optik gerät mit all diesen Einzelprojekten unter die Räder.

Bis 2010 wird der Bund eine Bahn 2030 Vorlage ausarbeiten. Bei den FinöV- und ZEB1-Vorlagen ist die Ostschweiz praktisch leer ausgegangen. Umso wichtiger ist es, dass der Ausbau Zürich – Chur – Davos – zusammen mit allen daran interessierten Regionen – bei Bahn 2030 angemeldet werden kann.

Die Resultate der zurzeit untersuchten innovativen Bahnprojekte werden anfangs 2010 vorliegen. Daraufhin fordern wir die Regierung auf, dem Grossen Rat im 2010/11 einen Bericht „Gesamtschau Schienenverkehr Graubünden 2020-2050“ zu erstellen. Zur Finanzierung dieses Projektes für ein ÖV-Gesamtkonzept könnten die Mittel aus dem Kredit für "Neue Verkehrsverbindungen" herangezogen werden.

Der Bericht sollte wenigstens Folgendes beinhalten:

a) Ein langfristiges Gesamtkonzept ÖV;

b) Vorschläge zu attraktiven Bahnanbindungen der bündnerischen Zentren an die Metropolen Zürich, München und Mailand zur Verbesserung der touristischen Wertschöpfung sowie für die Entwicklung als Wohnregion;

c) Beschleunigungsmöglichkeiten auf dem RhB-Netz zu den kleineren Zentren, insbesondere Reichenau – Disentis darlegen;

d) Prüfen von systemübergreifenden Vernetzungen zwischen Normal- und Schmalspuranlagen sowie Postautolinien, Berg-bahnen und Ortsnetzen (Feinerschliessung);

e) Eine Priorisierung von möglichen Projekten als Diskussionsgrundlage für den Grossen Rat.

Chur, 23. April 2009

Feltscher, Berther (Sedrun), Buchli, Clavadetscher, Conrad, Donatsch, Jaag, Parpan, Sax, Stoffel, Thöny

Session: 23.04.2009
Vorstoss: dt Auftrag

Antwort der Regierung

Die Regierung teilt den im Kommissionsauftrag vertretenen Standpunkt, wonach die Attraktivität Graubündens als Tourismus-, Wirtschafts- und Wohnstandort stark von der Anbindung an das nationale bzw. internationale Eisenbahnnetz sowie von der künftigen Wettbewerbsfähigkeit der Rhätischen Bahn (RhB) abhängt. So stellt die Qualität der Erreichbarkeit generell einen wesentlichen Faktor auch für die künftige gesellschaftliche wie wirtschaftliche Entwicklung unseres Kantons dar.

Der Kanton Graubünden setzte sich dementsprechend schon in der Vergangenheit für raschere und häufigere Bahn- und Busverbindungen ein. Der nunmehr seit 10 Jahren in Betrieb stehende Vereinatunnel wie auch die mit dem attraktiven Fahrplanangebot von Bahn 2000 deutlich verringerten Reisezeiten (allein von Zürich nach Chur um bis zu 20 Minuten) seien als prägnante Beispiele dafür erwähnt. Die Wichtigkeit von Erreichbarkeit und verkehrsmässiger Anbindung werden durch die strategischen Absichten und die Entwicklungsschwerpunkte im aktuellen Regierungsprogramm 2009 – 2012 untermauert.

Als Daueraufgabe stellt sich der Kanton der anspruchsvollen Herausforderung, bestehende Fahrplanangebote des öffentlichen Verkehrs auf der Schiene wie auf der Strasse nutzbringend für die Fahrgäste zu verbessern. Mittelfristig (voraussichtlich bis 2014) ist eine verbesserte Erreichbarkeit von Graubünden durch die stufenweise Einführung eines IC-Halbstundentaktes Zürich – Chur zu erwarten, was mit Attracktivitätssteigerung auf dem RhB-Netz mit dem Ausbau der Infrastruktur und der Beschaffung von zusätzlichem Rollmaterial einhergehen müsste. Nebst solchen kurz- und mittelfristig greifenden Massnahmen wirkte der Kanton in den vergangenen 10 Jahren in verschiedenen Projekten mit, welche die Ergänzung des aktuellen RhB-Netzes zum Gegenstand hatten (Zu(g)kunft Graubünden, 2001; Vorstudie "Strecken- und Netzergänzungen RhB", 2004; Prüfung von Netzerweiterungs- und Optimierungsprojekten [Grossprojekte] durch die Rhätische Bahn, 2007). Zusätzlich wurden als Folge der Revision des Gesetzes über die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung im Kanton Graubünden (GWE) eine Anzahl von konkreten Schieneninfrastruktur-Ideen zur Überprüfung der Zweckmässigkeit angemeldet. Drei davon (Beschleunigung auf der Strecke Chur - Zürich; Beschleunigung auf der Prättigauer Linie sowie Alternativ-Erschliessung Lenzerheide) hat die Regierung für die Überprüfung von Zweckmässigkeit und Machbarkeit freigegeben. Die Auffassung, dass bei einer Vielzahl von Projektideen mit vorwiegend regionalem Interesse die kantonale Sicht auf der Strecke bleibt, ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Anhand der auf eine vergleichbare Basis gestellten Projektideen beabsichtigt deshalb die Regierung in einem Bericht an den Grossen Rat Handlungsbedarf sowie Handlungsoptionen für einen künftigen Ausbau des öV-Angebotes in Graubünden aufzuzeigen. Damit im fraglichen Bericht die aus dem Projekt "Neue Verkehrsverbindungen" sich ergebenden Erkenntnisse verwerten lassen können, ist allerdings zweckmässigerweise eine Auslegeordnung frühestens auf das Jahr 2012 vorzusehen. Der entsprechende Bericht soll sich alsdann darauf beschränken, die Zielsetzungen und Möglichkeiten verbesserter Bahnanbindungen marktorientiert aufzuzeigen sowie innerbündnerisch Optionen für Optimierungen (durch Beschleunigung oder Erweiterung) des bestehenden RhB-Netzes aufzuzeigen (gemäss lit. b und c des Kommissionsauftrages). Im Weiteren soll der Bericht eine Priorisierung von Verkehrsprojekten der Zukunft im kantonalen Interesse erlauben (lit. e des Kommissionsauftrages).

Nicht Inhalt des einverlangten Berichts kann hingegen die systematische und wirkungsorientierte Überprüfung des Bahn- und Busregionalverkehrs und die nachfrageorientierte Weiterentwicklung des öV-Angebots innerhalb des Kantons sein. Eine solche breite Auslegeordnung würde den Rahmen dieses Berichts sprengen, welcher nach dem Wortlaut des Kommissionsvorstosses in erster Linie darauf abzielt, die Möglichkeiten und Prioritäten aufzuzeigen, wie die Erreichbarkeit von Graubünden durch einen bedarfsgerechten Ausbau der Infrastrukturen längerfristig verbessert werden kann.

Mit den genannten Einschränkungen auf lit. b, c und e ist die Regierung bereit, den Kommissionsauftrag entgegenzunehmen.

8. Juli 2009