Navigation

Inhaltsbereich

Session: 16.06.2009
Die Gemeindeautonomie wird in Graubünden hoch gehalten. So haben Gemeinden auch betreffend des Stimm- und Wahlrechts Freiheiten, die ihnen von Seiten des Kantons garantiert werden. Als aktuelles Beispiel kann die Möglichkeit gelten, ein Stimm- und Wahlrecht für Ausländerinnen und Ausländer einzuführen. Einige Gemeinden haben davon in der Zwischenzeit Gebrauch gemacht. In früheren Jahren wurde auch das Stimmrechtsalter 18 resp. sogar das Frauenstimmrecht – dank entsprechender Kompetenzzuweisung – zunächst in einzelnen Bündner Gemeinden eingeführt, bevor die Änderung anschliessend kantonsweit Geltung erhielt.

Im Kanton Glarus stimmte im Jahr 2007 die Landsgemeinde dem aktiven Stimm- und Wahlrechtsalter 16 zu. In einigen anderen Kantonen sind Bestrebungen dazu ebenfalls am Laufen. Der Grosse Rat in Graubünden hat einen entsprechenden Auftrag, trotz Unterstützung der Regierung, in der Junisession 2007 ganz knapp mit 45 zu 44 Stimmen abgelehnt.

Ein tieferes Stimmrecht auf Gemeindeebene würde es Jugendlichen vor allem auch in geneigten Gemeinden ermöglichen, sich für einzelne Sachthemen einzusetzen und dazu beispielsweise an Gemeindeversammlungen mitzureden. Die direkte Demokratie und die Möglichkeit Jugendlicher, sich zu Themen einzubringen, die sie auf lokaler Ebene ganz besonders betreffen, würden gestärkt. Jugendlichen kann und soll nach Ansicht der Unterzeichnenden durchaus mehr Mitsprache eingeräumt werden. Ohne obligatorische flächendeckende Einführung wird allerdings gleichzeitig den Vorbehalten der Gegner eines kantonalen Stimmrechtsalters 16 Rechnung getragen.

Die Regierung wird somit aufgefordert, dem Grossen Rat eine Änderung der kantonalen Gesetzgebung mit dem Ziel zu unterbreiten, Gemeinden die Einführung eines kommunalen Stimm- und Wahlrechts 16 zu ermöglichen.

Poschiavo, 16. Juni 2009

Gartmann-Albin, Zurfluh, Jäger, Arquint, Baselgia-Brunner, Bucher-Brini, Frigg-Walt, Jaag, Menge, Meyer Persili (Chur), Peyer, Pfiffner-Bearth, Thöny, Trepp, Locher Benguerel

Session: 16.06.2009
Vorstoss: dt Auftrag

Antwort der Regierung

Art. 9 Abs. 1 der Kantonsverfassung sieht für alle staatlichen Ebenen (Kanton, Bezirke, Kreise und Gemeinden) ein einheitliches Stimmrechtsalter von 18 Jahren vor. Die Frage der Senkung des Stimmrechtsalters auf 16 Jahre wurde im Kanton Graubünden in den letzten Jahren mehrmals thematisiert. So lehnte der Grosse Rat in der Junisession 2007 die Überweisung eines Fraktionsauftrags der SP betreffend aktives Stimmrechtsalter 16 ab (vgl. GRP 6I2006-2007, S. 1220 ff.). In der Folge lancierten Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Jungparteien am 3. April 2008 eine kantonale Volksinitiative für Stimmrechtsalter 16 in Graubünden. Das Stimmrechtsalter 16 (aktives Stimm- und Wahlrecht) sollte danach in kantonalen und kommunalen Angelegenheiten eingeführt werden (vgl. Kantonsamtsblatt Nr. 13 vom 3. April 2008, S. 1240). Zu einer Einreichung dieser Initiative kam es dann allerdings nicht. Die Sammelfrist ist am 3. April 2009 unbenutzt abgelaufen (vgl. Kantonsamtsblatt Nr. 14 vom 9. April 2009, S. 1394).

Auf Bundesebene gilt weiterhin das Stimmrechtsalter 18 (vgl. Art. 136 Abs. 1 Bundesverfassung). Auch da gab es erst kürzlich erfolglose Bestrebungen für eine Herabsetzung des Stimmrechtsalters auf 16 Jahre: Am 24. September 2008 lehnte es der Nationalrat ab, der parlamentarischen Initiative Allemann Folge zu leisten (vgl. Amtliches Bulletin Nationalrat, Herbstsession 2008, S. 1300). Von den Kantonen kennt bis heute einzig der Kanton Glarus das (aktive) Stimm- und Wahlrechtsalter 16 für kommunale und kantonale Angelegenheiten (Beschluss der Landsgemeinde vom 6. Mai 2007). Im Kanton Bern wird das Stimmvolk am 29. November 2009 über Stimmrechtsalter 16 abstimmen, nachdem der Grosse Rat des Kantons Bern eine entsprechende Vorlage verabschiedet hat.

In Berücksichtigung der aufgezeigten Entwicklung auf der Bundesebene sowie in den andern Kantonen und vor dem Hintergrund, dass der Grosse Rat erst vor relativ kurzer Zeit einen Vorstoss zur Senkung des Stimmrechtsalters auf 16 Jahre abgelehnt hat und auch der Versuch gescheitert ist, dem Anliegen mit einer Volksinitiative zum Durchbruch zu verhelfen, sieht die Regierung zurzeit keinen Anlass, diese Thematik erneut aufzugreifen. Davon abgesehen erachtet die Regierung die vorgeschlagene Lösung, den Gemeinden die Möglichkeit einzuräumen, das Stimmrechtsalter 16 einzuführen, als problematisch. Die von der Kantonsverfassung vorgegebene Einheitlichkeit des Stimmrechtsalters für alle kantonalen staatlichen Ebenen sollte nicht aufgebrochen werden. Die bisherigen Erfahrungen mit solchen Differenzierungen (etwa im Bereiche des Ausländer- und Auslandschweizerstimmrechts) zeigen, dass diese immer wieder zu Unsicherheiten bei Behörden und Stimmberechtigten führen und auch einen höheren Verwaltungsaufwand verursachen. Mit der vorgeschlagenen fakultativen Form des Stimmrechtsalters 16 könnten sich auch für die Partizipation bei Wahlen und Abstimmungen in den Regionalverbänden Unsicherheiten bzw. für die Stimmberechtigten nicht leicht nachvollziehbare Ungleichheiten ergeben, nachdem sich die Stimm- und Wahlberechtigung im Regionalverband nach dem Stimm- und Wahlrecht der Wohnsitzgemeinde richtet.

Aus all diesen Gründen beantragt die Regierung, den Vorstoss nicht zu überweisen.

Datum: 9. September 2009