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Session: 16.06.2009
Bis heute kennt der Kanton Graubünden noch keine Regelung über die Offenlegung der Parteifinanzen. Dieser Umstand schmälert das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik und stellt einen Mangel in unserer Demokratie dar.

Für die Öffentlichkeit in unserem Kanton ist es von zentraler Wichtigkeit, dass sie erfährt, wer mit welchen finanziellen Beiträgen entsprechende Wahl- und Abstimmungskämpfe finanziert. Mehr Transparenz in dieser Frage ist von grosser öffentlicher Bedeutung. Daher ist es grundlegend, dass die Interessenbindungen die durch finanzielle Abhängigkeiten entstehen können, zumindest vor dem Wahltag offen und transparent vorliegen.

Es ist ein normaler demokratischer Prozess, dass Verbände oder Unternehmen mit der Politik im Dialog stehen. Es ist dabei auch natürlich, dass die politischen Prozessteilnehmer ihre Interessen versuchen durchzusetzen. Es geht in diesem Vorstoss nicht darum, irgendwelche Spenden - ohne die der politische Alltag nicht auskommt - zu verbieten. Es geht jedoch darum Transparenz und Offenlegung zu schaffen.

Im Kanton Graubünden regelt das Gesetz über den Grossen Rat in Art. 11, dass dessen Mitglieder ihre Interessenbindungen offen legen müssen. Diese Regelung wurde aus Gründen der Transparenz geschaffen, damit die Öffentlichkeit sich ein Bild darüber machen kann, von welchen Bindungen ein Parlamentsmitglied bei seinen Entscheiden allenfalls beeinflusst wird. Schlussfolgernd scheint es nur logisch, dass auch offen gelegt wird, welchen finanziellen Bindungen Parteien und Fraktionen allenfalls unterliegen und durch welche finanziellen Abhängigkeiten sie in ihrer Entscheidungsfindung unter Umständen beeinflusst werden.

Die Transparenz in der Parteienfinanzierung stellt in der Schweizer Demokratie kein Novum dar. Bis heute ist schon in den Kantonen Tessin und Genf die Offenlegung der Finanzen gesetzlich geregelt. Im Kanton Tessin publizieren die Parteien ihre Spenden ab 10'000 Franken seit 1998 im Protokoll des Grossen Rates. Diese Beispiele zeigen insbesondere auch auf, dass Transparenz und Offenlegung überhaupt nicht zwingend mit einer öffentlichen Parteienfinanzierung zusammenhängen.

Im Kanton Genf ist die Offenlegung der Spenden an die Parteien mit der Parteienfinanzierung kombiniert. Der Kanton Tessin kennt wie der Kanton Graubünden keine direkte Parteienfinanzierung.

Aufgrund der aufgeführten Argumente wird die Regierung eingeladen, folgende gesetzliche Grundlagen zu schaffen:

1. Die im Grossen Rat vertretenen Parteien müssen über ihre Parteifinanzen jährlich einen Rechenschaftsbericht ablegen.

2. Die Parteien müssen ihre Ausgaben und Einnahmen bei den kantonalen und nationalen Abstimmungen und Wahlen offen legen.

Poschiavo, 16. Juni 2009

Zurfluh, Jäger, Peyer, Arquint, Baselgia-Brunner, Bucher-Brini, Frigg-Walt, Gartmann- Albin, Jaag, Menge, Meyer Persili (Chur), Pfiffner-Bearth, Thöny, Trepp, Locher Benguerel

Session: 16.06.2009
Vorstoss: dt Auftrag

Antwort der Regierung

Die Frage der Parteienfinanzierung ist in der Schweiz ein Dauerthema in der Politik. Auf Bundesebene ist die Forderung nach mehr Transparenz in Fragen der Abstimmungs-, Wahlkampf- und Parteienfinanzierung seit den 1970-er Jahren immer wieder gestellt worden. Dabei hat sich gezeigt, dass Bestimmungen über eine Offenlegungspflicht der Parteienfinanzierung weder bei den Parteien selbst, noch in den eidgenössischen Räten mehrheitsfähig sind. Auch in den letzten zwei Jahren lehnten es die eidgenössischen Räte bei der Beratung verschiedener parlamentarischer Initiativen, aber auch anlässlich der Nationalratsdebatte vom 8. Dezember 2008 über die Finanzmarktkrise und das Bundesrettungspaket für die UBS ab, eine Offenlegungspflicht für Parteifinanzen auch nur in Erwägung zu ziehen. Im Juni dieses Jahres ist wiederum eine parlamentarische Initiative mit der nämlichen Forderung eingereicht worden. Die staatspolitische Kommission des Nationalrats empfiehlt deren Ablehnung.

Auf kantonaler Ebene haben bis heute lediglich zwei Kantone Transparenznormen für die Parteienfinanzierung geschaffen: Der Kanton Tessin (1998) und der Kanton Genf (1999). Verschiedene Bemühungen, ähnliche Verfahren auch in anderen Kantonen durchzusetzen, scheiterten. So beispielsweise zuletzt in den Kantonen Luzern und Bern (vgl. Protokoll Kantonsrat Luzern 1/2008 S. 604 ff. und Tagblatt Junisession 2008, S. 502 ff.).

Im Kanton Graubünden bildete die Transparenz der Parteienfinanzierung bei der Totalrevision des Gesetzes über die politischen Rechte im Kanton Graubünden vom 17. Juni 2005 ein Thema. Die Botschaft der Regierung sah in Konkretisierung von Art. 20 Abs. 2 der Kantonsverfassung eine direkte staatliche Parteienfinanzierung vor. Als Äquivalent sollten dafür Parteien, die Beiträge beziehen, bezüglich ihrer finanziellen Verhältnisse Transparenz schaffen und dem Grossen Rat ihre Jahresrechnung zur Kenntnis bringen müssen (vgl. Botschaft der Regierung an den Grossen Rat, Heft Nr. 1/25-26, S. 20 ff.). Mit der Ablehnung einer direkten Parteienfinanzierung durch den Grossen Rat wurde auch die damit zusammenhängende Transparenzbestimmung hinfällig (vgl. GRP 1-2005/2006, S. 147 ff.).

Vor diesem Hintergrund sieht die Regierung aus verschiedenen Gründen für den Kanton Graubünden keinen Handlungsbedarf. Den Stimmberechtigten darf durchaus zugetraut werden, dass sie die Interessen der verschiedenen Akteure in Wahl- und Abstimmungskämpfen durchschauen und erkennen, welche gesellschaftlichen Kräfte hinter den verschiedenen Wahl- und Abstimmungskomitees stehen. Die Regierung hat auch grösste Bedenken bezüglich der Umsetzbarkeit einer Offenlegungspflicht. Erfahrungen aus dem Ausland lassen einen erheblichen Verwaltungsaufwand und die Gefahr der Umgehung der Bestimmungen befürchten. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, wie die verschiedenen, oft ad hoc gegründeten Initiativ- und Referendumskomitees erfasst und kontrolliert werden sollen. Es wäre nämlich ein Gebot der rechtsgleichen Behandlung, dass nicht bloss die im Grossen Rat vertretenen Parteien, sondern alle politischen Akteure den Transparenzbestimmungen zu unterstellen wären. Normen, die nicht kontrollierbar sind, nützen aber kaum etwas. Schliesslich sieht die Regierung auch keinen Anlass für einen kantonalen Alleingang in diesem Bereich. Allfällige kantonale Regelungen wären vielmehr auf das Vorgehen des Bundes abzustimmen, zeigen sich doch auf Bundesebene analoge Fragestellungen und sind teilweise die gleichen politischen Akteure aktiv. Wie dargelegt, zeichnet sich zurzeit aber auf Bundesebene keine Regelung in dieser Frage ab.

Aus all diesen Gründen beantragt die Regierung, den vorliegenden Auftrag nicht zu überweisen.

Datum: 9. September 2009