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Session: 17.06.2009
Mit dem Erlass der Nachlass-Steuer für direkte Nachkommen wurde in Art. 188f StG eine Übergangsregelung geschaffen, wonach die Nachlass-Steuer auf Erbvorbezügen von Nachkommen, welche vor 2001 ausgerichtet wurden, abgerechnet werden müsse. Nach Inkrafttreten der Vorlage hat die kant. Steuerverwaltung mit der Veranlagung dieser alten Erbvorbezüge begonnen; in der Zwischenzeit dürften etwa 30% dieser Veranlagungen rechtskräftig sein.

Nun hat das kant. Verwaltungsgericht überraschend festgestellt, dass die Rechtsgrundlagen für diese Besteuerung ungenügend seien und diese Erbvorbezüge deshalb nicht besteuert werden dürften. Der Entscheid ist noch nicht rechtskräftig und an das Bundesgericht weitergezogen. Sollte er aber früher oder später rechtskräftig werden, hätte dies zur Folge, dass die restlichen rund 70% der in Frage stehenden Erbvorbezüge nicht mehr besteuert werden. Dies wäre eine krasse Ungleichbehandlung von absolut gleich gelagerten Fällen, welche zwar steuerrechtlich korrekt, nach dem Rechtsempfinden weiter Bevölkerungskreise aber krass ungerecht wäre. Diese Ungleichheit ist umso härter, als es ein reiner Zufall ist, ob ein Betroffener bereits rechtskräftig veranlagt ist, der Entscheid kurzfristig zurückgezogen wurde oder die Veranlagung noch nicht vorgenommen wurde.

Für den Fall, dass der Entscheid des kant. Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird, wird die Regierung deshalb aufgefordert, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, welche es gestattet, die für diese Erbvorbezüge erhobenen Steuern zurückzuzahlen oder die noch offenen Steuerguthaben zu streichen.

Poschiavo, 17. Juni 2009

Nick, Barandun, Bezzola (Samedan), Bezzola (Zernez), Bühler-Flury, Casparis-Nigg, Caviezel (Pitasch), Claus, Clavadetscher, Donatsch, Feltscher, Hartmann (Chur), Hartmann (Champfèr), Jenny, Kessler, Krättli-Lori, Kunz, Marti, Meyer-Grass (Klosters Dorf), Michel, Peer, Perl, Pfäffli, Ragettli, Rizzi, Thomann, Toschini, Valär, Vetsch (Pragg-Jenaz), Wettstein, Furrer-Cabalzar, Gunzinger

Session: 17.06.2009
Vorstoss: dt Auftrag

Antwort der Regierung

Erbvorbezüge stellen einen Steuertatbestand dar und werden mit der kantonalen Nachlasssteuer erfasst. Bis Ende 2000 erfolgte die Besteuerung nicht im Zeitpunkt der Ausrichtung des Erbvorbezugs, sondern beim späteren Ableben des zuwendenden Erblassers zusammen mit dem übrigen Nachlassvermögen. Per 1.1.2001 wurde die gesetzliche Regelung geändert; Erbvorbezüge werden seither im Zeitpunkt der Vermögensübertragung besteuert.

Auf den 1.1.2008 wurden die Nachkommen von der Nachlasssteuer befreit (Art. 107 Abs. 2 StG). Für die vor 2001 ausgerichteten, noch nicht besteuerten Erbvorbezüge an Nachkommen legte der Gesetzgeber fest, dass diese Erbvorbezüge an Nachkommen mit dem Inkrafttreten der Teilrevision besteuert werden sollen. Der Gesetzgeber hat dazu in dieser Revision mit Art. 188f Abs. 2 StG eine gesetzliche Grundlage geschaffen. Diese Regelung wurde in der Botschaft zur Teilrevision des Steuergesetzes erläutert und im Grossen Rat diskutiert; der gesetzgeberische Wille zielte damit klar auf die Besteuerung der altrechtlichen Erbvorbezüge.

Gestützt auf die genannte Übergangsbestimmung begann die Steuerverwaltung im 2008 die altrechtlichen Erbvorbezüge zu veranlagen. Zahlreiche Veranlagungen sind zwischenzeitlich in Rechtskraft erwachsen und die entsprechenden Steuerforderungen sind vielfach auch schon bezahlt worden. Mit Entscheid vom 12. Mai 2009 hat das Verwaltungsgericht entschieden, dass eine gesetzliche Grundlage für die Besteuerung der altrechtlichen Erbvorbezüge fehle (VGU A 09 3). Nach dem Entscheid des Verwaltungsgerichts hat die Steuerverwaltung die Veranlagungsarbeiten eingestellt, die bereits erlassenen, aber noch nicht rechtskräftigen Veranlagungsverfügungen widerrufen und die Inkassohandlungen sistiert.

Die Regierung hat den Entscheid des Verwaltungsgerichts mit Beschwerde beim Bundesgericht angefochten, weil dieser dem klaren Willen des Gesetzgebers widerspricht. Sollte der Beschwerde kein Erfolg beschieden sein oder das Verwaltungsgericht nach einer allfälligen Rückweisung wieder gleich entscheiden, würde eine Situation entstehen, welche mit dem Gerechtigkeitsempfinden nicht mehr in Einklang zu bringen wäre. Die bereits rechtskräftigen Veranlagungsverfügungen könnten ohne gesetzliche Grundlage nicht aufgehoben werden, weil ein Gerichtsentscheid keinen Revisionsgrund darstellt und die Steuerverwaltung an die Rechtskraft einer Verfügung gebunden ist. Rechtskräftig veranlagte Steuern, welche noch nicht bezahlt wurden, müssten gar noch bezogen werden, weil sie als geschuldet gelten. Noch nicht veranlagte Fälle könnten aber nicht weiterverfolgt werden; hier würde eine Besteuerung unterbleiben.

Die genannte Rechtslage würde in dieser speziellen Situation mit dieser neu geschaffenen Übergangsbestimmung zu einem stossenden Ergebnis führen und das Vertrauen der betroffenen Bürgerinnen und Bürger in den Rechtsstaat erschüttern. Die Regierung ist daher bereit, den Fraktionsauftrag entgegenzunehmen und dem Grossen Rat eine Gesetzesvorlage zu unterbreiten, die es der Steuerverwaltung erlaubt, auf die rechtskräftigen Nachlasssteuerveranlagungen betreffend die vor 2001 ausgerichteten, altrechtlichen Erbvorbezüge im Revisionsverfahren zurückzukommen und diese aufzuheben. Die entsprechende Vorlage wird dem Grossen Rat nur dann unterbreitet, wenn der genannte Entscheid des Verwaltungsgerichts materiell Bestand haben sollte.

Datum: 31. August 2009