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Session: 26.08.2009
Der Kanton Graubünden sieht in Art. 38 im Steuergesetz die Möglichkeit vor, dass vom steuerbaren Einkommen für Kinder Abzüge gemacht werden können. Obwohl die SP die Entlastung von Familien klar unterstützt, ist das System der Abzüge vom steuerbaren Einkommen nicht unumstritten, weil es in den Auswirkungen höhere Einkommen wohlmehr entlastet als mittlere und tiefere Einkommen.

Ein anderer Ansatz wären Kinderabzüge, die nicht vom steuerbaren Einkommen, sondern vom Steuerbetrag gemacht werden können. Dieses System wird in der Tendenz kleine und mittlere Einkommen stärker entlasten. Ein solcher Systemwechsel hätte aber nicht nur Auswirkungen auf die kantonale Steuergesetzgebung, sondern auch auf die entsprechenden Erlasse von Gemeinden und der Kirchen.

Die Unterzeichnenden ersuchen die Regierung deshalb um die Beantwortung der folgenden Fragen:

1. In welcher Höhe könnte ein Abzug vom Steuerbetrag gemacht werden, um die bisherigen Abzüge vom steuerbaren Einkommen zu ersetzen, d. h. welcher Äquivalenzbetrag pro Kind würde den heutigen Kinderabzügen entsprechen?

2. Welche Steuerausfälle hätte der Ersatz der bisherigen Kinderabzüge durch einen Abzug von Fr. 800.- pro Kind vom Steuerbetrag zur Folge?

3. Welches wären die Auswirkungen auf welche Einkommensgruppe, wenn pro Kind unabhängig davon, ob die Abzugsberechtigten eine steuerbares Einkommen ausweisen oder nicht – ein Abzug vom Steuerbetrag von Fr. 800.- gemacht werden kann resp. eine entsprechende Gutschrift gemacht wird?

4. Welche Auswirkungen hätte ein solcher Systemwechsel auf die Steuern der Gemeinden und der Kirchen?

Chur, 26. August 2009

Meyer Persili (Chur), Locher Benguerel, Thöny, Arquint, Bucher-Brini, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Jaag, Jäger, Menge, Peyer, Pfenninger, Pfiffner-Bearth, Trepp, Pedrini (Soazza)

Session: 26.08.2009
Vorstoss: dt Anfrage

Antwort der Regierung

Die Fraktionsanfrage zielt auf einen Wechsel von den heutigen Kinderabzügen vom Einkommen zu einem Abzug vom Steuerbetrag.

Das geltende System der Einkommenssteuer wird geprägt vom verfassungsrechtlichen Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Art. 95 Abs. 1 Kantonsverfassung, KV). Das Leistungsfähigkeitsprinzip wird im Kanton Graubünden mit einem progressiven Einkommenssteuertarif umgesetzt; bei diesem steigen die Steuersätze mit steigendem steuerbarem Einkommen an. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wird damit in der Bemessungsgrundlage gemessen. Die Kosten, welche Kinder verursachen, reduzieren diese wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, weshalb die entsprechenden Abzüge ebenfalls von der Bemessungsgrundlage vorgenommen werden müssen. Ein Kinderabzug vom Steuerbetrag widerspricht dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Ein solcher Abzug müsste nach Auffassung der Regierung aufgrund von Art. 95 Abs. 1 KV als verfassungswidrig beurteilt werden.

Die Auswirkungen von Steuerabzügen zeigen sich nicht in der Gesamtsteuerbelastung, sondern in der Grenzsteuerbelastung. Die Frage ist nicht, wie hoch die Steuerbelastung oder der anwendbare Steuersatz ist, sondern um wie stark sich die Steuerbelastung durch einen Abzug von Fr. 100.- verändert. Die entsprechenden Zahlen werden in der Fraktionsanfrage der SP betr. Wirkung von Steuerabzügen aufgezeigt.

Im geltenden Recht reduzieren die Kinderabzüge das steuerbare Einkommen. An diese Grösse wird in verschiedenen Bereichen angeknüpft (individuelle Prämienverbilligung, Direktzahlungen, Stipendien, Entschädigungen für Kinderhorte, Existenzminimumberechnung etc.). Mit einem Kinderabzug vom Steuerbetrag müssten in all diesen Bereichen neue Anknüpfungspunkte gefunden werden, wodurch die administrativen Abläufe weiter verkompliziert würden.

Gestützt auf diese allgemeinen Überlegungen lehnt die Regierung den als verfassungswidrig beurteilten Kinderabzug vom Steuerbetrag ab. Sie steht damit im Einklang mit der grossen Mehrheit der Kantone und der Finanzdirektorenkonferenz, welche den für die direkte Bundessteuer beschlossenen Kinderabzug vom Steuerbetrag ebenfalls ablehnen.

Zu den konkreten Fragen nimmt die Regierung wie folgt Stellung:

1. Würden die heutigen Kinderabzüge aufkommensneutral durch Abzüge vom Steuerbetrag ersetzt, könnten diese Fr. 400.-, Fr. 600.- und Fr. 1‘200.- betragen. Ausgehend von einer Kindergutschrift, die bei tiefen Steuerleistungen auch zu einer Auszahlung führt, würden Beträge von Fr. 350.- Fr. 500.- und Fr. 1‘000.- resultieren.
 
2. Mit einem einheitlichen Abzug von Fr. 800.- würde die heute unterschiedliche Höhe der Kinderabzüge aufgegeben und ein höherer Abzug für die auswärtige Ausbildung nicht mehr gewährt. Gegenüber dem geltenden Recht würden im Kanton Mindereinnahmen von rund Fr. 2.8 Mio. resultieren.
 
3. Würde der Abzug von Fr. 800.- pro Kind zu einer Auszahlung führen, wenn die Steuerleistung tiefer ist als dieser Abzug, würden im Kanton Mindereinnahmen von rund Fr. 9.5 Mio. resultieren.
 
4. Für die Gemeinden und die Kirchen müsste ein gleiches System normiert werden wie für den Kanton. Dabei müssten die Abzüge in Abhängigkeit vom Steuerfuss der jeweiligen Hoheitsträger ausgerichtet werden. Das hätte zur Folge, dass die Steuergutschriften in den Gemeinden mit dem höchsten Steuerfuss am höchsten ausfallen und auch die Kirchen verpflichtet wären, entsprechende Gutschriften (von teilweise sehr geringen Beträgen) auszahlen zu müssen.

2. November 2009