Spannende Lesung: Mord in der Mediothek
Bevor Sie sich jetzt um die Sicherheit Ihrer Kinder sorgen – keine Bange: Sie befanden sich zu keiner Zeit in Gefahr. Gemordet wurde nur auf dem Papier!
Am 23. November waren verschiedene Klassen zur Lesung + Workshop von Rita Juon geladen, Krimiautorin von Masein am Heinzenberg, einer (literarisch) ausserordentlich gefährlichen Gegend im Kanton Graubünden. Nicht nur im Dorf Andeer, in der Viamala Schlucht, nein, auch auf einer Wanderung am Piz Beverin verstarben Menschen auf mysteriöse Weise. Die Lokalkrimis von Rita Juon sind alle in der Gegend Domleschg/ Hinterrhein angesiedelt, die RHB kommt vor, das Altersheim von Thusis, die Dorfbevölkerung ist involviert sowie die Polizei als Ermittler.
Doch wie wird man zur Krimiautorin? Wie findet man einen Verlag? Wie läuft der ganze Prozess ab mit den Lektoren usw.? Und kann man davon leben?
Wie so viele Schülerinnen schrieb Rita in der Schule gerne Aufsätze. Dann studierte sie aber Softwareingenieurin und arbeitete lange in diesem Beruf, auch heute noch, aber reduziert. Irgendwann heiratete sie, Kinder kamen zur Welt, sie schrieb einen Krimi, der nie beendet wurde, die Diskette verschwand, sie engagierte sich in der Gemeindepolitik – wie das Leben halt so spielt. Dann langsam keimte die Idee in ihr, ‘Ich will einen Krimi schreiben’.
Für ihren ersten Roman, ‘Tod am Piz Beverin’ musste sie intensiv recherchieren. Auch wenn man in der Nähe wohne, bedeute das nicht, dass man alles wisse. Alle Details müssten stimmen, dies habe aber auch zu ganz vielen interessanten Begegnungen geführt.
Wie soll das Opfer sterben? Ihr grosses Vorbild ist Agatha Christie, die nicht wahllos dahinmetzelt in ihren Romanen, sondern eher subtil vorgeht, mal Gift hier, mal eine kleine Pistole dort. Es kann auch mal vorkommen, dass ihr das Opfer ans Herz wächst und sie dann diese Figur nicht mehr umbringen will, dann müsse halt eine andere ‘dranglauben’.
Schreiben soll Spass machen, wenn ihr nicht drum sei, gehe sie lieber Ski fahren. Es soll kein Zwang sein, fünf Seiten pro Tag sei wunderbar, sie leide aber an mangelnder Selbstdisziplin. Sie schreibt am Computer, meist abends und nachts, braucht absolute Ruhe.
Rita Juon achtet darauf, dass ihre Täter und Opfer vom Geschlecht her ausgewogen seien. Sie wolle nicht beschuldigt werden, alle Mörder seien männlich, die Opfer alle weiblich. Auch sei gutes Deutsch wichtig für sie, ebenfalls dass die Geschichte ‘verhebe’. Unplausible Schlüsse sind ihr ein Gräuel. Alles begänne mit einer Idee und ein paar Figuren, und los geht es. Tönt einfach, ist es aber nicht. Schreiben sei ein bisschen wie Software herstellen: entwickeln und lösen, ein langwieriger Prozess. Für die beiden folgenden Romane habe sie noch viel intensiver recherchiert, einer handle zum Teil in Südafrika, das sei etwas kompliziert gewesen, dann um Demenz, vom Goldwaschen, Familiengeschichte usw.
Hat das Manuskript um die 200 Seiten, gäbe sie es der Mutter, der Tochter und der Schwägerin zum Erstlesen, ihr Mann und der Sohn seien quasi Nichtleser. Dann wird geändert. Dann geht es an die Lektorin vom Orte-Verlag, die es mit vielen Kommentaren retourniert. Dann werde wieder und wieder geändert, bis der Zeitpunkt kommt, wo es in den Druck geht. Man solle sich jetzt nicht vorstellen, eine Karriere wie die von Dan Brown zu haben, von ihren Büchern würden 1'000 bis 1'500 Exemplare verkauft, verdienen würde sie so um die 2 Franken pro Exemplar. Auch gäbe es in und um Chur mehrere Autor*innen, die lokale Krimis schreiben, die Konkurrenz sei also gross.
Ich glaube, die Anwesenden kamen zur Erkenntnis, dass das Schreiben eines Krimis doch schwieriger sei als angenommen und fliesse nicht so einfach aus der Feder/ von der Tastatur. Vielleicht also doch für die geplante MA, SA oder FMA etwas anderes in Betracht ziehen. Werden einige bei der nächsten Krimilektüre etwas genauer auf gewisse Sachen achten, ob es ‘verhebe’ oder die Figuren glaubwürdig sind? Hoffentlich! Und Achtung bei der nächsten Wanderung im Schams: Dort geschehen sehr viele mysteriöse Unfälle…
Isabel Heim Vadis