Planung von Revitalisierungen
Viele Fliessgewässer sind durch Verbauungen, Kraftwerke, Kiesentnahmen, Geschiebesammler oder Querbauwerke beeinflusst. Seit dem 1. Januar 2011 resp. seit dem 1. Juni 2011 sind das neue Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer (GSchG) sowie die neue Gewässerschutzverordnung (GSchV) in Kraft. Ein wichtiger Punkt in diesem angepassten Gesetz ist die Pflicht, für alle Fliessgewässer das Revitalisierungspotenzial festzulegen.
Vorgehen im Kanton Graubünden
In der Schweiz sind rund 15‘000 km Fliessgewässer in einem schlechten Zustand. Ziel des Bundes ist es, in den nächsten 80 Jahren ein Viertel dieser Fliessgewässer, also ca. 4‘000 km, zu revitalisieren. Dazu ist eine übergeordnete kantonale Planung notwendig. Diese strategische Planung soll in einem ersten Schritt einen Zeithorizont von 20 Jahren abdecken und wird alle 12 Jahre aktualisiert. Im Kanton Graubünden wurde für rund 2‘115 km Fliessgewässer der Zustand erhoben und nach der Ökomorphologie Stufe F beurteilt. Ca. 500 km davon wurden mit der Klasse III (stark beeinträchtigt) oder IV (künstlich) beurteilt und gelten dadurch als sanierungsbedürftig.
Mit dem Schreiben vom 10. Juli 2014 wurden alle Gemeinden aufgefordert, Revitalisierungsprojekte anzumelden, die in die strategische Revitalisierungsplanung des Kantons aufgenommen werden sollen. Insgesamt sind Rückmeldungen von ca. 110 Gemeinden oder Organisationen eingegangen. Auf Grund dieser Rückmeldungen wurde die strategische Revitalisierungsplanung für die nächsten 20 Jahre festgelegt. In der sogenannten Karte "e", die Ende 2014 zusammen mit dem Schlussbericht zur strategischen Revitalisierungsplanung dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) abgegeben wurde, wurden ausschliesslich die von den Gemeinden angemeldeten Projekte aufgenommen. Diese Karte steht als interaktive Karte über den ganzen Kanton (siehe unten) zur Verfügung. Jetzt geht es darum, die angemeldeten Projekte zusammen mit den Gemeinden umzusetzen.
Eine Übersicht über die im Kanton bereits vorgenommen Revitalisierungen können ebenfalls der interaktiven Karte entnommen werden.
Der erweiterte Revitalisierungsperimeter
Die Gewässerschutzgesetzgebung verlangt, dass der in der Nutzungsplanung festzulegende Gewässerraum erhöht werden muss, soweit dies zur Gewährleistung des für eine Revitalisierung erforderlichen Raumes erforderlich ist. Dabei geht das Gesetz über den Betrachtungshorizont von 20 Jahren hinaus. Damit für die Ermittlung der benötigten Flächen nicht bereits bei der 2014 eingereichten Planung über das gesamte Kantonsgebiet Revitalisierungsprojekte ausgearbeitet werden mussten, wurde ein zweistufiges Vorgehen ausgearbeitet, welches mit dem Beschluss vom 24. Juni 2014 (RB 640) von der Regierung zur Kenntnis genommen wurde. Die erste Stufe beinhaltet den minimalen Gewässerraum, der bis Ende 2018 im Rahmen einer Nutzungsplanung festgelegt werden muss. Die zweite Stufe bildet der sogenannte "erweiterte Revitalisierungsperimeter". Dieser Perimeter wurde durch ein Fachbüro erarbeitet und umfasst das Gebiet, wo Revitalisierungsprojekte möglich sind, welche mit hoher Kostenbeteiligung des Bundes realisiert werden könnten. Innerhalb des erweiterten Revitalisierungsperimeters wird die landwirtschaftliche Bewirtschaftung bis zur Realisierung eines Revitalisierungsprojektes nicht eingeschränkt. Der erweiterte Revitalisierungsperimeter dient als Arbeitsgrundlage und zeigt auf, wo das öffentliche Interesse an Gewässerrenaturierungen zu berücksichtigen ist. Er entfaltet aber keine Rechtsverbindlichkeit. Wie bei jedem Bauvorhaben ausserhalb der Bauzone oder bei Änderungen der Ortsplanung ist der erweiterte Revitalisierungsperimeter eine weitere Grundlage, die für eine umfassende Interessenabwägung beizuziehen ist. Durch die bestehenden Genehmigungsverfahren sind das rechtliche Gehör und das Rechtsschutzinteresse von Eigentümern und Bewirtschaftern jederzeit gewahrt.
Der erweiterte Revitalisierungsperimeter war nicht Bestandteil der strategischen Revitalisierungsplanung, welche dem Bund eingereicht wurde. Er wird nicht in der Richt- und der Nutzungsplanung festgelegt. Er soll jedoch als Grundlage in der Synthesekarte des Richtplanes abgebildet werden. Diese Synthesekarte ist eine Arbeitsgrundlage, die zur Information über die Homepage des ANU oder über das Geoportal www.geo.gr.ch des Kantons abgerufen werden kann.
Im Juli 2014 und im Juli 2016 wurden bei den Gemeinden zwei Vernehmlassungen zum erweiterten Revitalisierungsperimeter vorgenommen, mit dem Ziel, Konflikte zwischen dem Perimeter und bestehenden Bauzonen zu bereinigen. Im „Auswertungsbericht zur Anhörung zum überarbeiteten Revitalisierungsperimeter“ wurden die Rückmeldungen der Gemeinden aus der zweiten Vernehmlassung ausgewertet und zusammengefasst (Siehe Dokument ANU-406-48d). Weitere Konfliktbereinigungen mit anderen bestehenden Nutzungen, insbesondere mit der Landwirtschaft, können erst dann vorgenommen werden, wenn durch die Gemeinden konkrete Revitalisierungsprojekte ausgearbeitet werden. Eine Anpassung der Karte ist nicht notwendig, kann aber bei Bedarf vorgenommen werden.
Interaktive Karte Oberflächengewässer