Amphibien-Laichgebiete sind Biodiversitäts-Hotspots, welche nicht nur für Amphibien, sondern auch für zahlreiche andere Arten von zentraler Bedeutung sind. Ein Grossteil der einst vorhandenen, natürlichen Amphibien-Laichgebiete wurde in den letzten rund 150 Jahren im Zuge der Landnutzungs-Intensivierung und der Entwässerung der Landschaft zerstört.
Amphibien gehören heute daher zu den am stärksten bedrohten Arten. In den meisten Regionen Graubündens konnte ihr Rückgang trotz zahlreicher Fördermassnahmen bis anhin nicht gestoppt werden.
Was sind Amphibien-Laichgebiete?
Als Amphibien-Laichgebiete bezeichnet man Still- und Fliessgewässer sowie Feuchtflächen aller Art, welche von Amphibien als Laich- und Aufenthaltsgewässer genutzt werden. Diese Gewässer können permanent bestehen oder periodisch austrocknen.
Zu den Amphibien-Laichgebieten gehören neben dem eigentlichen Laichgewässer (Kernzone / Bereich A) oft auch der dazugehörige, angrenzende Landlebensraum (Umgebungszone / Bereich B), welcher von den Amphibien ausserhalb der Laichsaison genutzt wird.
Amphibien-Laichgebiete im Kanton Graubünden
Im kantonalen Biotopinventar sind heute knapp 300 Amphibien-Laichgebiete inventarisiert. 40 davon sind von nationaler Bedeutung. Diese Gebiete repräsentieren allerdings nur einen Bruchteil der tatsächlich vorhandenen Laichgewässer, da insbesondere in höheren Lagen sehr viele Klein- und Kleinstgewässer nicht inventarisiert sind.
Einst waren die Lebensräume von Fröschen, Molchen, Kröten und Salamandern grossflächige Feuchtgebiete entlang von Flüssen und Seen sowie feuchte, gut strukturierte Laub- und Mischwälder und Moore. Der grösste Teil dieser Lebensräume wurde in den letzten rund 150 Jahren durch die Intensivierung der Landnutzung und der Entwässerung der Landschaft zerstört. Deshalb gehören Amphibien und andere wassergebundene Lebewesen heute zu den am stärksten bedrohten Organismengruppen überhaupt.
7 der 11 im Kanton Graubünden vorkommenden Amphibienarten sind gemäss der Roten Liste gefährdet, und ihre Bestände sind in vielen Regionen trotz zahlreicher Fördermassnahmen noch immer im Rückgang.
Ökologische Bedeutung
Amphibien haben im Verlauf ihres Lebenszyklus sehr vielfältige Lebensraum-Ansprüche. Die eigentlichen Laichgewässer werden dabei oft nur im Frühjahr und Sommer zur Reproduktion genutzt.
Nach der Überwinterung wandern Amphibien oft massenhaft von ihren Überwinterungsquartieren in die Laichgewässer. Nach dem Laichgeschäft ziehen sich die erwachsenen Individuen der meisten Arten wieder in ihre Landlebensräume zurück, in welchen sie den grössten Teil des Jahres verbringen. Für die Überwinterung suchen sie dabei je nach Art zusätzlich unterschiedliche Winterquartiere (frostfreie Unterschlüpfe oder Gewässer) auf.
Amphibien-Laichgebiete sind nicht nur Lebensraum von Amphibien, sondern auch von einer Vielzahl anderer, wassergebundener Organismen. Dazu gehören beispielsweise verschiedene Wasserpflanzen, Reptilien, Vögel, Säugetiere, Gewässerinsekten, Krebstiere sowie Schnecken und Muscheln. Amphibien-Laichgebiete sind somit eigentliche Biodiversitäts-Hotspots, welche für zahlreiche Artengruppen und für die Funktion der Ökosysteme von essentieller Bedeutung sind.
Welche Arten sind typisch für Amphibien-Laichgebiete?
- Grasfrosch, Erdkröte, Bergmolch, Gelbbauchunke, Feuersalamander
- Ringelnatter
- Vögel (Enten, Reiher, Rallen, Watvögel)
- Kleine und mittlere Säugetiere (Wasserspitzmaus, Iltis)
- Gewässerinsekten (Libellen, Wasserkäfer, Zweiflügler, Köcherfliegen, Eintagsfliegen usw.)
- Krebstiere
- Mollusken (Schnecken und Muscheln)
- Wasserpflanzen (Schilf, Rohrkolben, Armleuchteralgen, Laichkräuter, Moose usw.)
Schutz von Amphibien-Laichgebieten
Zum besseren Schutz der Amphibien hat der Bundesrat eine Verordnung erlassen und das Bundesinventar der Amphibien-Laichgebiete von nationaler Bedeutung erstellt. Zusätzlich wurden im Rahmen der Inventar-Revision 2018 weitere Amphibien-Laichgebiete von regionaler und lokaler Bedeutung ausgeschieden.
Durch die Aufnahme der Objekte in die Biotopinventare sollen die Fortpflanzungsgewässer geschützt und ungeschmälert erhalten werden. Grundsätzlich sind aber alle Amphibien sowie ihre Laichgewässer gemäss der Natur- und Heimatschutzverordnung geschützt. Sie dürfen nicht beeinträchtigt oder zerstört werden. Dies gilt sowohl für die Kernzone als auch für die Umgebungszone.
Es ist Aufgabe der Kantone, dafür zu sorgen, dass Pläne und Vorschriften für die zulässige Nutzung des Gebietes der Verordnung entsprechen. Bestehende Nutzungen dürfen den Schutzzielen nicht zuwiderlaufen. Seltene und gefährdete Pflanzen- und Tierarten sind gezielt zu fördern.
Das Amt für Natur und Umwelt hat für den Vollzug des Amphibien- und Reptilienschutzes in Graubünden eine Leistungsvereinbarung mit der Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz (karch) abgeschlossen. Diese unterhält in Graubünden eine Regionalvertretung.
Vor allem bei nicht-inventarisierten Feuchtstandorten und Kleingewässern ist eine ungeschmälerte Erhaltung nicht immer möglich. Lässt sich eine Beeinträchtigung von Amphibien-Laichgebieten durch technische Eingriffe unter Abwägung aller Interessen nicht vermeiden, wird der/die Verursachende von der zuständigen Behörde im massgeblichen Verfahren verpflichtet, für angemessene Schutz- und Ersatzmassnahmen zu sorgen.
Anlage und Pflege von Amphibien-Laichgebieten
Amphibien und andere wassergebundene Lebewesen können durch die Anlage und Pflege von künstlichen Laichgewässern sehr wirksam gefördert werden. Amphibienweiher leisten nicht nur einen äusserst wertvollen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität, sondern sind oft auch sehr attraktive Elemente in der Landschaft und Ziele von Erholungssuchenden. Die Anlage sowie die Pflege von Amphibien-Laichgebieten wird durch das Amt für Natur und Umwelt gezielt gefördert und fachlich sowie finanziell unterstützt.
Unter anderem werden im Rahmen von Biotop-Verbundprojekten in verschiedenen Regionen (Churer Rheintal, Domleschg/Heinzenberg, Albulatal, Misox) bestehende Defizite im Angebot sowie in der Vernetzung von Laichgewässern und Landlebensräumen systematisch behoben.
Die Pflege und der Unterhalt von Amphibien-Laichgewässern werden in den meisten Fällen durch Gemeindebetriebe, lokale Naturschutz-Organisationen oder Jägersektionen übernommen. Dabei werden Pflegevereinbarungen mit dem Amt für Natur und Umwelt angestrebt; dadurch kann ein Grossteil des anfallenden Aufwands durch Bund und Kanton finanziert werden. Bei der Pflege von Weihern werden grundsätzlich folgende Ziele verfolgt:
- periodisches Auslichten / Zurückschneiden von anstehenden Gehölzen, um eine zu starke Beschattung zu verhindern;
- abschnittsweise späte Mahd der Ufervegetation, um eine sukzessive Verlandung zu verhindern;
- periodisches Entfernen von stark wüchsigen Pflanzen wie Schilf oder Rohrkolben (nie alles auf einmal);
- gelegentliche Entfernung von Fall-Laub oder stark wüchsigen Wasserpflanzen / Algen, falls der Weiher dadurch zu verlanden droht. Das entfernte Material muss mindestens 24 Stunden am Weiherrand liegen gelassen werden, damit möglichst viele Lebewesen, die sich darin aufhalten, wieder zurück ins Wasser wandern können;
- Neophyten-Bekämpfung.
Amphibien-Zugstellen
Bei einigen Arten (insbesondere Grasfrosch, Erdkröte und Bergmolch) finden im Frühjahr Massenwanderungen von den Winterquartieren zu den Laichgewässern statt. Oft sind diese Wanderrouten durch Verkehrswege beeinträchtigt. An stark befahrenen Strassen können die wandernden Populationen empfindliche Verluste durch den Strassentod erleiden.
Gegenwärtig sind im Kanton Graubünden 54 solcher Zugstellen an Strassen bekannt. Um den Tieren eine möglichst gefahrlose Strassenüberquerung zu ermöglichen, werden bei den meisten Zugstellen temporäre Schutzmassnahmen getroffen (Signaltafeln, Zäune, Kübel) oder permanente Leit- und Durchlass-Systeme installiert.
Aufgaben der Gemeinden
- Sie unterstützen den Vollzug des Amphibienschutzes (insbesondere bezüglich Schutz von Amphibien-Laichgebieten und Amphibien-Zugstellen).
- Sie unterstützen die Anlage und Pflege von Amphibien-Laichgebieten (Finanzierung grösstenteils durch das Amt für Natur und Umwelt).