Wissen, wo es welche Biotope gibt – dies ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, damit wir unsere einheimische Biodiversität erhalten und fördern können. Dementsprechend gehören die Biotopinventare von Bund und Kanton zu den bedeutendsten Fachgrundlagen in Sachen Lebensräume.
Der Bund hat für folgende Lebensraum-Typen eigene Inventare erlassen:
- Hoch- und Übergangsmoore
- Flachmoore
- Auengebiete
- Amphibienlaichgebiete
- Trockenwiesen und Trockenweiden
Es gibt ganz bestimmte Kriterien, nach denen eine Fläche in eines dieser Biotopinventare des Bundes aufgenommen wird. Diese Kriterien sind in den einschlägigen Kartierungsschlüsseln des Bundesamts für Umwelt BAFU festgelegt.
Ergänzend zu den Kartierungsschlüsseln des Bundes hat das Amt für Natur und Umwelt Kriterien festgelegt, mit denen man den Objekten, die nicht im Bundesinventar aufgeführt sind, die Bedeutung «regionale Bedeutung» oder «lokale Bedeutung» zuweisen kann.
Im Weiteren gibt es im kantonalen Biotopinventar Lebensraumtypen, zu denen es keine nationalen Objekte gibt, namentlich Hecken oder Wiesen mit seltenen Arten. Diese Biotope gelten ebenfalls als schutzwürdig.
Das Biotopinventar Graubünden
Das Biotopinventar Graubünden beinhaltet Lebensräume, die eine grosse Anzahl von bedrohten und seltenen Tier- und Pflanzenarten beherbergen. Viele dieser Lebensräume befinden sich in der landwirtschaftlichen Nutzfläche und werden von Landwirten und Landwirtinnen bewirtschaftet. Ebenso kommen diese Lebensräume im Sömmerungsgebiet vor, wo sie beweidet werden oder wo vor allem Moore bewusst von der Beweidung ausgezäunt werden.
Flachmoore, Trockenwiesen und Trockenweiden brauchen eine extensive Bewirtschaftung, damit sie als Lebensräume erhalten bleiben. Dies bedeutet:
- keine Düngung,
- später Schnittzeitpunkt,
- schonende Beweidung.
Im Biotopinventar werden die Umrisse der Objekte festgelegt sowie Vegetationstyp und Schutzziele beschrieben.
Tabelle 1: Anzahl Biotope im Biotopinventar. Das Inventar enthält insgesamt über 10 000 Biotope; davon sind rund 9400 Trockenwiesen, Trockenweiden und Flachmoore.
Tabelle 2: Die Fläche der Biotope im Biotopinventar. Die Gesamtfläche aller Biotope beläuft sich auf rund 27 300 Hektaren (273 km2). Dies entspricht 3,8 % der Kantonsfläche.
Mehr Informationen zu den Lebensräumen, die im Biotopinventar enthalten sind, finden Sie hier:
Trockenwiesen und -weiden
Moore
Auen
Amphibienlaichgebiete
Sind inventarisierte Biotope automatisch geschützt?
Biotope, die in einem Bundesinventar figurieren, sind über die jeweilige Biotopschutz-Verordnung des Bundes unmittelbar geschützt. Ist über die Aufnahme einer Fläche in ein Bundesinventar noch nicht entschieden, gilt ein weitgehendes Veränderungsverbot. Biotope von voraussichtlich nationaler Bedeutung sind also vom Zeitpunkt der Kartierung an ebenfalls weitgehend geschützt.
Biotope von regionaler und lokaler Bedeutung sind jedoch erst formell geschützt, wenn sie in der Nutzungsplanung der Standortgemeinde einer Naturschutzzone oder einer Trockenstandortszone zugewiesen oder als Schutzobjekt im Generellen Gestaltungsplan festgelegt sind. Für grossflächige Objekte wie beispielsweise Tal-Auen kann auch eine Landschaftsschutzzone in Frage kommen. Ebenfalls als Schutzlegung gilt eine Anmerkung im Grundbuch.
Einbezug der Gemeinden und Grundeigentümer, Rechtsschutz
Die Biotope von nationaler Bedeutung werden vom Bundesrat nach Anhören der Kantone bezeichnet. Weil er seine Festlegungen auf dem Verordnungsweg erlässt, gibt es gegen seine Entscheide zur Aufnahme eines Objekts in eines der Biotopinventare des Bundes keine Rechtsmittel.
Allerdings sieht das Bundesrecht vor, dass die Kantone den genauen Grenzverlauf der Inventarobjekte festlegen müssen. Solange dieser Grenzverlauf noch nicht festgelegt ist, kann jedermann, der ein schutzwürdiges Interesse geltend machen kann, beim Amt für Natur und Umwelt eine Feststellungsverfügung über die Zugehörigkeit eines Grundstücks zu einem Bundesinventar-Objekt beantragen. Gegen eine solche Verfügung besteht eine Beschwerdemöglichkeit.
Im Gegensatz zum Bundesrecht sieht das kantonale Recht einen frühzeitigen Einbezug der Gemeinden, der Grundeigentümer und der Grundeigentümerinnen vor. Da die kantonalen Inventare rechtlich als Fachgrundlagen definiert sind, die ausschliesslich amtsinterne Wirkung entfalten, sieht das kantonale Recht jedoch ebenfalls keine Rechtsmittel gegen Inventarentscheide vor.
Der rechtlich verbindliche Schutz der inventarisierten Objekte erfolgt im Rahmen der Nutzungsplanung. Hier besteht auch ein individueller Rechtsschutz. Im Rahmen der Nutzungsplanung werden bei den Bundesinventar-Objekten mit der Zonenfestlegung auch die genauen Objektabgrenzungen grundeigentümerverbindlich festgelegt.
Aufgabe der Gemeinden
Das Biotopinventar ist bei der Ortsplanung zu berücksichtigen. Die Trockenwiesen und Trockenweiden von nationaler und regionaler Bedeutung sind als Trockenstandortzone aufzunehmen.
Für den Schutz und Erhalt von Trockenwiesen- und Trockenweiden-Objekten (TWW-Objekten) kennt die Trockenwiesenverordnung (TwwV) das spezielle Instrument des Vorranggebietes. TWW-Vorranggebiete sind ebenfalls in der Nutzungsplanung festzulegen. Die anderen Biotoptypen sind als Naturschutzzonen umzusetzen. Kleinere Objekte können auch im Generellen Gestaltungsplan als punktförmige, linienförmige oder flächige Schutzobjekte festgelegt werden.
Bei Eingriffen in Objekte müssen Wiederherstellungs- oder Ersatzmassnahmen geleistet werden. Das Bauwesen ist Sache der Gemeinden. Die Gemeinden sind folglich auch zuständig für
- die Verfahrenskoordination,
- die Baukontrollen,
- die Umsetzung der verfügten Auflagen (wie z. B. Beizug einer UBB durch die Bauherrschaft, Zustellung des UBB-Schlussberichts etc.).