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ist für Opfer häuslicher Gewalt oft nicht einfach. Viele Betroffene wissen nicht wie weiter und haben Angst, den Missstand anzusprechen oder gar zu melden. Im Kantonsspital Graubünden können sie sich beraten und Gewaltspuren ärztlich dokumentieren lassen – anonym und kostenlos.

Im vergangenen Jahr haben 284 Personen die Bündner Polizei wegen häuslicher Gewalt um Hilfe gerufen. Es kann jedoch von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden. Häusliche Gewalt beginnt nicht erst bei körperlichen Gewalt. Auch Bedrohungen, Beschimpfungen, Belästigungen und Kontrolle sind Formen von Gewalt.

Oft haben die Opfern Angst, dass die Situation weiter eskaliert, wenn sie sich wehren und den Vorfall melden. Sie sind finanziell abhängig oder möchten die Kinder schützen. Doch wenn sie zu spät reagieren, haben sie schlechtere Aussichten auf Glaubwürdigkeit.

Damit sie nicht direkt zur Polizei gehen müssen, bietet das Kantonsspital in Chur seit März 2023 sogenannte «Forensic Nursing»- Sprechstunden an. Dies ist das erste Angebot dieser Art in der Deutschschweiz und richtet sich an Opfer jeglicher Art von Gewalt. Bei der Sprechstunde werden Beweise dokumentiert, die auf psychische, körperliche oder sexuelle Gewaltanwendung hinweisen. Diese Dokumentation ist insbesondere auch wichtig, falls es zu einem juristischen Nachspiel kommen sollte.

Untersuchung beginnt mit einem Gespräch

Bei Häuslicher Gewalt liegt oft ein Machtgefälle vor. Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen Dominanz- und Kontrollverhalten und Gewaltausübung. Darum steht in den Sprechstunden zuerst das Gespräch mit den Gewaltbetroffenen im Zentrum. Dürfen die Betroffenen zum Beispiel selber über Geld bestimmen oder wird ihnen der Kontozugriff verweigert? Nach dem Gespräch wird die Person untersucht und Verletzungen werden beschrieben, gemessen und fotografiert. Der Bericht und die Fotos gehören den Betroffenen. Sie entscheiden selbst, ob sie diese aufbewahren, archivieren oder für eine Anzeige verwenden möchten. Solche Entscheidungen brauchen oft Zeit, und dieses Angebot verschafft den Betroffenen diese Zeit. Kommt es später zu einer Anzeige, können solche Beweise ausschlaggebend sein, denn es steht Aussage gegen Aussage. Eigene Fotos von Verletzungen sind hingegen nicht rechtsgültig.
Nach der Untersuchung werden mögliche Anlaufstellen aufgezeigt, wie zum Beispiel das Frauenhaus oder die Opferhilfe. Die Entscheidung über den weiteren Prozess bleibt bei den Betroffenen. Doch meist hilft den Betroffenen bereits das Reden über eine Tat und der Besitz von Beweisen bei der Verarbeitung des Traumas. Für eine Inanspruchnahme der «Forensic Nursing»-Sprechstunde braucht es keine Anzeige bei der Polizei. Das Angebot ist kostenlos, anonym und vertraulich.

Ergreifende Kurzfilme zu Häusliche Gewalt

Häusliche Gewalt ist nach wie vor ein Tabuthema. In der Westschweiz wollen sieben Künstlerinnen das Schweigen brechen. Wahrheitsgetreue Geschichten wurden in einer Filmserie zusammengefasst namens «Brisons le silence» (Brechen wir das Schweigen). Dabei zeigen sie auf eindrückliche Weise, was die Betroffenen durchleben. Die Kurzvideos können hier angeschaut werden.

Zurzeit sind die Videos erst auf Französisch mit deutschen Untertiteln. Eine deutsche Vertonung folgt demnächst.

 

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Bild: Camille Bovey mit «Sous Emprise» für «Brisons le silence»

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