Die Erwerbstätigkeit von Frauen unterscheidet sich in verschiedener Hinsicht von jener von Männern. So arbeiten Frauen mehr Teilzeit und haben tendenziell niedrigere berufliche Stellungen inne. Zudem ist die Erwerbsquote der Frauen tiefer als jene der Männer, die Erwerbslosenquote hingegen ist höher. Für gleichwertige Arbeit erhalten Frauen tiefere Löhne – je höher das Einkommen, desto grösser ist die Lohndiskriminierung – und es sind hauptsächlich Frauen, die im Niedriglohnsektor und in prekären Verhältnissen arbeiten.
Die gläserne Decke bei den Führungspositionen hat sich gemäss Schillingreport 2022 ein bisschen geöffnet. So ist der Frauenanteil zumindest in den 100 SMI-Unternehmen in den Geschäftsleitungen um fünf Prozentpunkte auf 19 Prozent gestiegen. In Verwaltungsräten wurde der Richtwert von 30 Prozent geknackt.
Zahlen und Fakten
- Das Ausbildungsniveau von Frauen gleicht sich immer mehr an dasjenige der Männer an; bei jüngeren Generationen ist es gleichwertig.
- Frauen stemmen unverändert über 60 Prozent der unbezahlten Arbeit.
- Frauen haben in der 2. Säule der beruflichen Vorsorge nur die Hälfte der BVG-Guthaben der Männer angespart; sie sind mehr von Altersarmut betroffen.
- In der Lohntüte von Frauen sind im Durchschnitt jeden Monat 1500 Franken weniger drin als in der von Männern.
Ziel
Alle Menschen erhalten den gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit, unabhängig von ihrem Geschlecht. Sie haben dieselben Entwicklungs- und Karrierechancen, basierend auf ihrer Eignung und nicht aufgrund ihres Geschlechts. Die gleichwertige Teilhabe der Geschlechter an der bezahlten und unbezahlten Arbeit ist eine Selbstverständlichkeit, die von Frauen und Männern, Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden gleichermassen akzeptiert und getragen wird. In der Gesellschaft sind Strukturen verankert, die eine Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ermöglichen und fördern.
Wege zum Ziel
Die Stabsstelle zeigt Rollenmodelle auf, die Chancengleichheit ermöglichen. Sie ermuntert Frauen, in der bezahlten Arbeit zu bleiben, und Väter, mehr Teilzeit zu arbeiten und unbezahlte (Betreuungs-)Arbeit zu übernehmen. Sie erhebt und benennt die Nachteile bei einer ungleichen Verteilung für Frauen und Männer.
Die Stabsstelle unterstützt und ermutigt Frauen u. a. mit Weiterbildungen, ihren beruflichen Weg weiterzuverfolgen und Führungspositionen zu übernehmen. Sie berät Einzelpersonen, Firmen und Institutionen bei Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Sie setzt sich für familienergänzende Betreuungsstrukturen ein.
Vor dem Hintergrund des immer grösser werdenden Fachkräftemangels wird den Arbeitgebenden aufgezeigt, wie sie ihren Mitarbeitenden eine bessere Vereinbarkeit bieten können. Zudem lässt sie sich zu Gesetzesvorlagen auf kantonaler und Bundesebene vernehmen, die die ungleiche Verteilung von unbezahlter Arbeit mit Nachteilen z. B. in der Altersabsicherung, im Steuerrecht belegen.
Vereinbarkeit
Die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ist ein Schlüssel zur Gleichstellung und ein Erfordernis der Zeit. Nicht nur Menschen mit familiären Verpflichtungen, auch solche mit nebenberuflichen, politischen oder sportlichen Interessen wünschen sich, ihre Lebenswelten besser aufeinander abstimmen zu können. Tätigkeiten ausserhalb des angestammten Berufs tragen darüber hinaus wesentlich zum Kompetenzstärkung und zur Erweiterung des Erfahrungshorizonts der Menschen bei.
Aktivitäten und Projekte
- Mit dem Aktionsplan Gleichstellung in der Kantonalen Verwaltung (egual21) hat die Stabsstelle den Auftrag, die Gleichstellung in der Kantonalen Verwaltung als Arbeitgeberin zu erheben und verbessern. Längerfristig soll das Thema als wiederkehrender Aktionsplan weitergepflegt werden, sodass aus dem befristeten Projekt ein nachhaltiger Prozess der stetigen Optimierung mit eingespielten, effizienten Strukturen wird.
- Sieben Organisationen, darunter die Stabsstelle für Chancengleichheit, wollen mit dem Projekt Diversity-gr mittels Fakten, guten Beispielen und Denkanstössen die Offenheit für Diversität in der Firmenkultur verankern, die Zusammenarbeit und den Austausch unterschiedlicher Akteure wie Firmen, Institute, öffentliche Hand stärken sowie Diversität und Gleichstellung von Frau und Mann im Erwerbsleben längerfristig in der Wirtschaft und insbesondere in der Tech-Branche strukturell und kulturell verankern.
- Mit dem Aktionsplan «KMU in Aktion» wurden drei Teilprojekte zur Stärkung der Vereinbarkeit in kleineren und mittleren Unternehmen im Bündner Rheintal, der Regionen Albula, Viamala und Surselva sowie im Engadin durchgeführt. Das Programm ermöglichte Bündner KMU, ihre Familienfreundlichkeit zu überprüfen und zu verbessern. Das Projekt hat im Jahr 2010 begonnen und endete im 2021.
Lohngleichheit
Frauen verdienten in der Gesamtwirtschaft im Jahr 2020 gemäss Bundesamt für Statistik (BFS) im Durchschnitt 19,5 Prozent weniger als Männer. Die Lohnungleichheit fängt bereits bei der Erstanstellung an. Bis zur Pensionierung kann für eine Frau ein Lohnunterschied gegenüber Männern von bis zu einer halben Million Franken entstehen.
Lohngleichheitsanalyse
Das Gleichstellungsgesetz verpflichtet neu Arbeitgebende ab 100 Mitarbeitenden dazu, eine Lohngleichheitsanalyse durchzuführen, diese von einer unabhängigen Stelle überprüfen zu lassen und die Mitarbeitenden sowie Aktionärinnen und Aktionäre über das Ergebnis zu informieren. Das Ziel ist es, den verfassungsrechtlichen Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit durchzusetzen. Für die Überprüfung der Lohngleichheit nutzen Betriebe ab 50 Mitarbeitende das Logib-Modul 1. Seit 2021 steht zudem für Betriebe mit zwei bis 49 Mitarbeitenden das Logib-Modul 2 zur Verfügung. Damit können auch kleinere Firmen ihre Löhne mit einem einfachen Instrument überprüfen.
Aktivitäten und Informationen
Teilzeit und Rente
2022 arbeiteten 58 Prozent der Frauen Teilzeit, aber nur 19 Prozent der Männer (Statistik Bund). Die Teilzeitarbeit ist somit ein typisches Merkmal der Erwerbsarbeit von Frauen in der Schweiz. Das hat negative Auswirkungen auf die Karrierechancen, die Positionierung auf dem Arbeitsmarkt, die Altersvorsorge und vieles mehr. Damit Frauen bessergestellt sind in der Altersvorsorge und entlastet werden von der unbezahlten Arbeit, müssen Männer ermuntert werden, mehr unbezahlte Arbeit zu leisten, allenfalls auf Kosten ihrer bezahlten Erwerbsarbeit.
Ein egalitäres Modell, in dem Frauen und Männer im Schnitt mindestens 70 Prozent arbeiten, zahlt sich im Alter aus – wie auch bei einer Scheidung. Wenn aber ein niedriger Beschäftigungsgrad, eine Scheidung und ein ungünstiges Pensionskassenreglement zusammenkommen, wird das Existenzminimum – 3'100 Franken für Einzelpersonen und 4'500 für Paare – nicht erreicht. In der Konsequenz müssen namentlich Frauen im Alter zunehmend Ergänzungsleistungen zur AHV beziehen.
Empfehlungen
- Frauen und Männer sollen sich frühzeitig mit den langfristigen Auswirkungen von Erwerbsentscheiden auf die Altersvorsorge auseinandersetzen. Was im Moment als gute Lösung erscheint, kann bei der Pensionierung zum Problem werden.
- Arbeitgebende sollen die Lohngleichheit sicherstellen, Kleinstpensen vermeiden und das Angebot flexibler Arbeitszeitmodelle für Männer und Frauen auf allen Hierarchiestufen ausbauen.
- Pensionskassen sollen den Geschäftsbericht mit geschlechterspezifischen Daten ergänzen, damit die Verteilung der Geschlechter bei obligatorischen und überobligatorischen Leistungen sichtbar wird.
- Bund, Kantone und Gemeinden sollen familienergänzende Tagesstrukturen finanzieren, die erschwinglich, flächendeckend und flexibel ausgestaltet sind.
- Bundesparlament und Kantonsparlamente sollen den vollen Abzug der Kosten der familienergänzenden Betreuung gewähren und die Individualbesteuerung einführen, um negative Anreize von Frauenerwerbsarbeit zu vermeiden.
Aktivitäten und Informationen
Unbezahlte Arbeit
Eine gleichmässige Verteilung der bezahlten und unbezahlten Arbeit zwischen Männern und Frauen ist eine Voraussetzung für die Gleichstellung der Geschlechter. Solange die unbezahlte Arbeit überwiegend von Frauen übernommen wird und Männer als Arbeitnehmer voll verfügbar bleiben, ist ein gleichberechtigter Zugang der Frauen zum bezahlten Arbeitsmarkt nicht gegeben.
Care-Arbeit ist das Versorgen und Pflegen von Mitmenschen. Der weitaus grösste Teil der nicht bezahlten Care-Arbeit fällt in den privaten Haushalten an. Stärker als jedes andere Wirtschafts- und Arbeitsfeld ist dieses von asymmetrischen Geschlechterverhältnissen geprägt. Dabei verbrachten Mütter in Paarhaushalten gemäss BFS im Jahr 2020 durchschnittlich 52,3 Stunden pro Woche mit Haushalts- und Familienarbeit, Väter hingegen nur 31,7 Stunden.
Auch Männer wollen zunehmend Zeit mit ihren Kindern verbringen und sich vermehrt an der Unterstützung kranker Angehöriger beteiligen. Seit 2010 ist der Zeitaufwand für Haus- und Familienarbeit gemäss BFS bei den Männern um 5,2 und bei den Frauen um 1,2 Stunden gestiegen. Gleichzeitig ist die Erwerbsarbeit bei den Männern um 4,2 Stunden gesunken, bei den Frauen um 2,7 Stunden gewachsen.
Die Nachteile unbezahlter Care-Arbeit können für die Menschen, die sie leisten, einschneidend sein: geringere Chancen auf dem Arbeitsmarkt, fehlende Anerkennung der Qualifikationen, unzureichende soziale Absicherung, weniger Ausbildungsmöglichkeiten, Zementierung von Rollenbildern oder auch ein höheres Armutsrisiko.
Aktivitäten und Informationen