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Session: 22.10.2013
Die Steuergesetzrevision aus dem Jahre 2009 bewirkte, bedingt durch diverse Steuerabzugsmöglichkeiten, einige unbestrittenermassen nicht sozialpolitisch begründbaren Krankenkassen-Prämienverbilligungen. Der Botschaft der Regierung zur Korrektur dieser, vor allem den Mittelstand betreffenden Auswirkungen, hat der Grosse Rat August 2013 einstimmig zugestimmt.

Regierung und Verwaltung haben weitergehende Auskünfte, über zusätzliche Auswirkungen der damaligen Steuergesetzrevision zu erteilen, verweigert. Begründung: Das gebe zu viel Arbeit.

Für eine Gesamtschau und um die nötige Transparenz herzustellen, sind jedoch Zahlen über Steuer-Effekte für Höchst-, mittlere und untere Einkommen und für juristische Personen sowie über Steuerausfälle für Kanton und Gemeinden, absolut notwendig. Diese zum Teil von grossen Teilen der Bevölkerung als sehr negativ empfundenen Auswirkungen, sind weit umfangreicher und bedeutsamer.

Verweigert wurde auch eine rekursfähige Verfügung, diese Auskunftsverweigerung anzufechten. Begründung: Es gebe dazu keine gesetzliche Grundlage. Es wäre durchaus interessant richterlich festzustellen, inwieweit das Parlament das Recht hat, auch etwas weitergehende Auskünfte zu einer Vorlage zu erhalten. Die Aussage der Steuerverwaltung, meine Anfrage stehe nicht direkt im Zusammenhang mit der in der August-Session zu behandelnden KPVG-Revision, ist eine politische Aussage und eine unstatthafte politische Einmischung in die parlamentarischen Geschäfte durch eine Verwaltungseinheit. Dies ist mit aller Entschiedenheit zurückzuweisen.

Nun zwingt man mich wieder einmal, um das Auskunftsrecht des Parlamentes sicherzustellen, eine schriftliche Anfrage einzureichen.

Zu meinen Fragen:

1. Jährliche Steuerausfälle für die Jahre 2010, 2011 und 2012 von natürlichen und juristischen Personen seit Inkrafttreten der Steuergesetzreform vom August 2009 für Gemeinden und Kanton? Ausfälle für die 10 grössten Gemeinden sind separat aufzuführen.

2. Durchschnittliche jährliche Steuerreduktionen der Jahre 2010, 2011 und 2012 für Einkommen über 300'000, über 150'000, über 80'000 und unter 80'000 Franken?

3. Gibt es keine gesetzliche Grundlage, einen Regierungsentscheid oder einen Verwaltungsentscheid mit einer rekursfähigen Verfügung anzufechten? Falls dem so ist und eine solche erforderlich sein sollte, ist die Regierung bereit, dafür eine gesetzliche Grundlage zu schaffen?

Chur, 22. Oktober 2013

Trepp, Baselgia-Brunner, Bucher-Brini, Gartmann-Albin, Jaag, Locher Benguerel, Müller, Peyer, Pfenninger, Pult, Thöny, Deplazes, Michel (Igis), Monigatti

Antwort der Regierung

Nach Art. 26 des Gesetzes über den Grossen Rat (GRG; BR 170.100) haben die Mitglieder des Grossen Rates gegenüber der Verwaltung ein Auskunftsrecht. Nach Auffassung der Regierung beschränkt sich dieses Recht auf Auskünfte zu Kenntnissen, die in der Verwaltung vorhanden sind oder auf Fragen, deren Beantwortung ohne grossen Aufwand möglich ist. Erfordert die Erteilung einer Auskunft zeitintensive Abklärungen oder Erhebungen, handelt es sich nicht mehr um einen vom Auskunftsrecht abgedeckten Bereich. Lehnt die Verwaltung die Beantwortung eines Auskunftsbegehrens ab, entscheidet die Präsidentenkonferenz über die Frage; diese wurde trotz entsprechendem Hinweis des Ratsbüros vorliegend nicht angerufen.

Nach Art. 48 GRG können von der Regierung Auskünfte über wichtige Angelegenheiten verlangt werden. Die Bestimmung ist sehr kurz gefasst. Sie schreibt auf der einen Seite kein Quorum vor, das auf der Seite der Absender einer Anfrage erfüllt sein müsste. Auf der anderen Seite enthält die Bestimmung auch keine Verpflichtung der Regierung zu einer substantiierten Antwort. Die Geschäftsordnung des Grossen Rates (GGO; BR 170.140) sieht in Art. 70 vor, dass die Regierung die Anfrage schriftlich beantwortet und dass die Anfragerin oder der Anfrager sich von der Antwort befriedigt, teilweise oder nicht befriedigt erklären kann. Zudem kann der Rat eine Diskussion beschliessen, aber keine weitergehenden Massnahmen ergreifen. Nach dieser Regelung liegt es damit in den Händen der Regierung, den Inhalt einer Antwort zu definieren und deren Detaillierungsgrad zu bestimmen.

Nach Art. 47 GRG können Kommissionen, Fraktionen oder mindestens 20 Ratsmitglieder einen Auftrag einbringen, mit welchem die Regierung aufgefordert wird, den Grossen Rat bei der Ausübung eigener Kompetenzen zu unterstützen (Abs. 1 lit. a) bzw. selber Massnahmen zu treffen (Abs. 1 lit. b). Der Auftrag hat die Wirkung einer Weisung (lit. a) bzw. einer Richtlinie (lit. b). Der Auftrag stellt damit substantiell höhere Anforderungen an das zur Erteilung notwendige Quorum einerseits und an die Verbindlichkeit der Antwort der Regierung andererseits. Das zeigt sich auch in der Behandlung des Auftrages im Grossen Rat, da letztlich der Rat entscheidet, ob der Vorstoss der Regierung zu überweisen oder abzulehnen ist.

Die unterschiedlichen Anforderungen an das Quorum sowie die unterschiedlichen Wirkungen von Auftrag und Anfrage lassen auch Rückschlüsse auf den Gegenstand der beiden Instrumente zu. Mit dem Auftrag kann die Mehrheit des Grossen Rates die Regierung auffordern, in eine bestimmte Richtung tätig zu werden, insbesondere vertiefte Abklärungen zu veranlassen bzw. einen Bericht oder eine Gesetzesvorlage zu unterbreiten. Mit der Anfrage kann ein einzelner Grossrat der Regierung Fragen zu wichtigen Angelegenheiten unterbreiten. Die Beantwortung muss mit deutlich geringerem Aufwand möglich sein als die Bearbeitung eines Auftrages. Ob dies im Einzelfall zutrifft, entscheidet die Regierung.

Die Anfrage Trepp kann nicht ohne vertiefte Abklärungen beantwortet werden. Nach Auskunft der Steuerverwaltung müssten äusserst zeitaufwendige Auswertungen im EDV-System programmiert und verarbeitet werden. Insgesamt ist mit rund zehn Manntagen zu rechnen. Dieser Umfang der Abklärungen kann nach Auffassung der Regierung nicht Gegenstand einer Anfrage sein, sondern müsste in die Form eines Auftrages gekleidet werden.

Die konkreten Fragen von Grossrat Trepp lassen sich demnach zusammenfassend wie folgt beantworten:

1/2. Die Regierung verzichtet auf die inhaltliche Beantwortung der Fragen.

3. Art. 26 Abs. 3 GRG sieht bei unterschiedlichen Auffassungen zum Auskunfts- und Akteneinsichtsrecht im konkreten Fall kein Rechtsmittelverfahren, sondern ein ratsinternes Konfliktbereinigungsverfahren vor. Es gibt aus Sicht der Regierung keinen Grund, diese sinnvolle Regelung zu ändern.

12. Dezember 2013