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Meine Einschätzung

Halten Sie zuerst alle Informationen, Beobachtungen und Wahrnehmungen im Journal (Seite 4 bis 7) fest.

Bewerten Sie die Ausgangslage anschliessend eigenständig, indem Sie eine Risiko- und Sicherheitsanalyse vornehmen. Stützen Sie sich dafür auf die Informationen, Beobachtungen und Wahrnehmungen im Journal (Seite 10).

Nehmen Sie die Einschätzung vor, bevor Sie Gespräche mit Kindern, Jugendlichen, Eltern oder anderen Fachpersonen führen, um zusätzliche Einblicke zu erhalten. Berücksichtigen Sie im Alltag jedoch weiterhin die Möglichkeit, in Gesprächen spontan auf Beobachtungen und wichtige Fragen einzugehen. Eine gute Balance zwischen sorgfältiger Vorbereitung und situationsbezogenem Handeln ist wichtig.

Einschätzung

Je nachdem, wie hoch Sie das Risiko für die Gefährdung des Wohls der Kinder oder Jugendlichen einschätzen und wie sicher Sie sich in Ihrer Bewertung sind, wird Ihre Einschätzung einer der vier Farbkategorien – Grün, Gelb, Orange oder Rot – zugeordnet.

Grün: Ist das Risiko für eine Gefährdung sehr niedrig bis niedrig und die Einschätzung dazu sicher bis sehr sicher, gehen Sie davon aus, dass kein Unterstützungsbedarf besteht.

Gelb: Ist das Risiko für eine Gefährdung sehr niedrig bis niedrig und die Einschätzung dazu sehr unsicher bis eher sicher, gehen Sie davon aus, dass Unterstützungsbedarf besteht.

Orange: Ist das Risiko für eine Gefährdung eher hoch bis sehr hoch und die Einschätzung dazu sehr unsicher bis eher sicher, gehen Sie davon aus, dass ein erheblicher Unterstützungsbedarf besteht.

Rot: Ist das Risiko für eine Gefährdung eher hoch bis sehr hoch und die Einschätzung dazu sicher bis sehr sicher, gehen Sie davon aus, dass eine Kindeswohlgefährdung vorliegt.

Die Übergänge zwischen den Farbkategorien sind in der Praxis oft fliessend. Konkrete Situationen sind häufig nicht eindeutig. Dies kann bei Fach- und Bezugspersonen zu Unsicherheiten in der Einschätzung führen. Das macht die Zuordnung zu einer Farbkategorie anspruchsvoll. Unterstützung bietet dabei der kollegiale Austausch (Manual, Seite 18) sowie die Fachberatung Kindesschutz (Manual, Seite 20). Im Zweifelsfall sollte die Einschätzung der nächsthöheren Farbkategorie zugeordnet werden. Die Farbkategorie bestimmt das weitere Vorgehen.

Die Zuordnung zur gelben und orangen Ampel zeichnet sich durch Unsicherheit in Bezug auf die Bewertung der Situation aus. Der Ampelstand kann sich nochmals verändern – je nachdem, wie weitere zentrale Grössen für die Einschätzung beurteilt werden. Dazu gehören:

  • Mit welcher Dringlichkeit weitere Abklärungen getätigt werden und mit welcher Aufmerksamkeit die weiteren Entwicklungen beobachtet werden müssen. Beziehungsweise, ob verantwortet werden kann, zu warten und weitere Unterstützung einzuholen. Je jünger das Kind ist, desto schneller kann aufgrund seiner höheren Verletzlichkeit rasches Handeln notwendig sein.
  • Die eigenen beruflichen Möglichkeiten, um die Eltern in einer gesunden Entwicklung ihres Kindes zu unterstützen bzw. eine Gefährdung abzuwenden. Fach- und Bezugspersonen sollten sorgfältig prüfen, ob sie die nötigen Kompetenzen besitzen, um einen Fall weiterzuführen. Wenn Sie unsicher sind, übergeben Sie den Fall an Personen oder Fachstellen mit den notwendigen Kompetenzen.
  • Die Veränderungs- und Kooperationsbereitschaft sowie Fähigkeit der Eltern für freiwillige Unterstützungsangebote. Die gelbe Kategorie betrifft häufig Situationen, in denen Eltern sowie das Kind resp. der/die Jugendliche bereit und in der Lage sind, Hilfe anzunehmen. In dieser Kategorie geht man eher davon aus, dass Eltern den Unterstützungsbedarf erkennen, an einer Veränderung interessiert sind und aktiv mitarbeiten. Bleibt jedoch eine Verbesserung aus oder endet die Kooperation, wird die Situation auf Orange gesetzt. Ein oranger Fall gilt als komplex und dringlich. Häufig ist die Zusammenarbeit mit den Eltern erschwert. Die orange Phase darf nicht lange andauern. Wird keine Lösung gefunden, keine Kooperation erreicht oder der Fall über längere Zeit auf Orange belassen, ordnen Sie ihn der roten Kategorie zu.

Beachten Sie bei der Einschätzung auch immer,

  • dass es sich um eine Momentaufnahme handelt,
  • dass Informationslücken bestehen sowie
  • dass Sie zwischen Beobachtungen und Vermutungen unterscheiden.

Interventionsmöglichkeiten Grün

Unterstützungsbedarf nicht angezeigt

Wenn Sie das Risiko einer Gefährdung als sehr niedrig bis niedrig einschätzen und Sie in dieser Einschätzung sicher bis sehr sicher sind, gehen Sie davon aus, dass kein Unterstützungsbedarf besteht

Eine Besprechung der Situation im Team ist dennoch empfehlenswert, um etwaige Unsicherheiten zu klären oder Irritationen einzuordnen. Entscheiden Sie im Team, ob und wann eine erneute Einschätzung erforderlich sein könnte. Bei Bedarf und wenn es sinnvoll erscheint, können Sie den Eltern Informationen zu Beratungsangeboten zur Verfügung stellen.

Nächste Schritte: Interventionsmassnahmen festhalten (Journal, Seite 14) und Kollegialer Austausch (Manual, Seite 18)

Interventionsmöglichkeiten Gelb

Unterstützungsbedarf angezeigt

Wenn Sie das Risiko einer Gefährdung als sehr niedrig bis niedrig einschätzen, Sie in dieser Einschätzung jedoch sehr unsicher bis eher sicher sind, gehen Sie davon aus, dass Unterstützungsbedarf besteht. Die Dringlichkeit zu handeln, steht hier weniger stark im Fokus.

Auch hier geht es darum, weitere Informationen zur Situation der Kinder resp. Jugendlichen zu erhalten, um Ihre Einschätzung mit relevanten Angaben zu präzisieren. Die Dringlichkeit zu handeln, steht hier weniger stark im Fokus. Prüfen Sie auch in der gelben Farbkategorie zuerst Ihre eigene Einschätzung im kollegialen Austausch, bevor Sie auf die Eltern zugehen.

Nächste Schritte: Interventionsmassnahmen festhalten (Journal, Seite 14) und Kollegialer Austausch (Manual, Seite 18)

Interventionsmöglichkeiten Orange

Unterstützungsbedarf erheblich

Wenn Sie das Risiko einer Gefährdung als eher hoch bis sehr hoch einschätzen, Sie in dieser Einschätzung jedoch sehr unsicher bis eher sicher sind, gehen Sie davon aus, dass ein erheblicher Unterstützungsbedarf besteht.

Ein Fall sollte nicht längere Zeit im orangen Bereich liegen. Seien Sie aufmerksam und versuchen Sie nach Möglichkeit, zeitnah weitere Informationen oder Beobachtungen zur Situation der Kinder oder Jugendlichen zu erhalten. Einerseits, um die Einschätzung zu präzisieren und mehr Sicherheit zu gewinnen, andererseits, um die Situation gegebenenfalls einer anderen Farbkategorie zuordnen zu können.

Austausch mit anderen Fachpersonen, die bereits in den Unterstützungsprozess involviert sind und regelmässig Kontakt zu den Kindern oder Jugendlichen haben, kann in dieser Situation hilfreich sein: z.B. Lehrpersonen, (Schul-)Psychologin resp. Psychologe, Jugend- oder Schulsozialarbeit, Kinder- und Jugendpsychiatrie.

Stellen Sie sicher, dass bei einem Fall im orangen Bereich der kollegiale Austausch zügig eingeleitet wird. Beachten Sie dabei die Geheimhaltungspflichten sowie die Regeln für den Austausch mit Drittpersonen (Manual, Seite 8) und ergänzen Sie das Journal (Seite 11) mit den Informationen aus diesem Austausch.

Es ist empfehlenswert, vor einem Gespräch mit den Eltern zunächst den kollegialen Austausch durchzuführen. Der kollegiale Austausch kann dazu beitragen, Ihre Einschätzung weiter abzusichern.

Nächste Schritte: Interventionsmassnahmen festhalten (Journal, Seite 14) und Kollegialer Austausch (Manual, Seite 18)

Interventionsmöglichkeiten Rot

Unterstützungsbedarf dringend

Wenn Sie das Risiko einer Gefährdung eher hoch bis sehr hoch einschätzen und Sie in dieser Einschätzung sicher bis sehr sicher sind, gehen Sie davon aus, dass eine Kindeswohlgefährdung vorliegt.

Wenn Kinder oder Jugendliche in akuter Gefahr oder an Leib und Leben bedroht sind, muss umgehend eine Notfallorganisation (Manual, Seite 22) informiert werden. Eine Meldung an eine Notfallorganisation (Polizei, Sanität) oder die KESB ist verpflichtend, sofern Sie die Gefährdung im Rahmen Ihrer beruflichen Tätigkeit nicht eigenständig abwenden können.

Falls Sie Sofort- resp. Schutzmassnahmen über eine Notfallorganisation einleiten müssen, informieren Sie Ihre vorgesetzte Person. Ist dies nicht möglich, können Sie die Sofort- resp. Schutzmassnahmen dennoch einleiten und die vorgesetzte Person im Nachhinein informieren.

Falls eine umgehende Meldung an die KESB erforderlich ist, informieren Sie ebenfalls Ihre vorgesetzte Person. Klären Sie gemeinsam, wer die Gefährdungsmeldung verfasst, wer sie unterschreibt und ob bzw. wie Kinder oder Jugendliche und/oder die Eltern informiert werden.
Gefährdungsmeldung an die KESB

Sollten Sofort- resp. Schutzmassnahmen nicht umgehend notwendig sein, gleichen Sie Ihre Einschätzung sobald wie möglich im kollegialen Austausch ab.

Nächste Schritte: Interventionsmassnahmen festhalten (Journal, Seite 14) und Kollegialer Austausch (Manual, Seite 18)