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Session: 28.08.2010
Gemäss Verfügung vom 6. Juli 2010 hat das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) das Eintragsgesuch für Bündner Bergkäse in das Register für Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben eingetragen, vorbehältlich allfälliger Einsprachen oder Beschwerden.

Geschützt unter der Ursprungsbezeichnung ist die Verbindung der beiden Begriffe „Bündner Bergkäse“, der alleinige Begriff Bergkäse ist vom Schutz ausgenommen. Grundsätzlich findet eine Registrierung eines Produktes nur dann statt, wenn sie dem Pflichtenheft entspricht.
 
Über die Weiterverwendung der Begriffe und Produkte wie z. B. Davoser Bergkäse, Engadiner Bergkäse, Savogniner Bergkäse ect. geht die Verfügung des BLW nicht ein. Diese Frage obliegt gemäss GUB/GGA Verordnung Art. 21 bei den Organen der kantonalen Lebensmittelkontrolle, die den Vollzug des Abschnitt 3, Schutz und insbesondere Art. 17, Schutzumfang dieser Verordnung vollzieht. Dieser Art. 17 verbietet für verschiedene Erzeugnisse die kommerzielle Verwendung, er lässt aber unserer Meinung nach einen gewissen Interpretationsspielraum zu.

Der Verband der Kantonschemiker der Schweiz hat ein Arbeitsdokument erarbeitet, das den Art. 17 Schutzumfang der GUB/GG Verordnung regeln soll.

Aus Sicht der Verarbeitungsbetriebe in Davos, Engadin, Savognin ect. wäre das Aufgeben der Namen und der Produkte Davoser Bergkäse, Engadiner Bergkäse, Savogniner Bergkäse ect. ein erheblicher Verlust an Wertschöpfung, Markennamen und Aufbauarbeit, welche in den vergangenen Jahrzehnten in diese Produkte gelegt wurden.

Vor diesem Hintergrund gelangen wir mit folgenden Fragen an die Regierung:

1. Teilt die Regierung die Meinung der Fragesteller, dass bei einem Verlust der obgenannten Produktenamen erhebliche Aufbauarbeit und Wertschöpfung verloren gingen?

2. Ist die Regierung bereit, sich dafür einzusetzen, dass diese Produkte und Produktenamen (Engadiner Bergkäse ect.) weiter verwendet werden dürfen?

3. Wenn nein, kann die Regierung ausschliessen, dass diese Frage mit gleicher oder ähnlicher Ausgangslage in anderen Kantonen gleich beurteilt würde und der Kanton GR keine „Sonderlösung“ vollziehen würde?

Chur, 28. August 2010

Valär, Albertin, Barandun, Bezzola (Zernez), Burkhardt, Caluori, Campell, Casanova-Maron, Cavegn, Claus, Davaz, Engler, Fontana, Furrer-Cabalzar, Giacomelli, Gunzinger, Hartmann (Champfèr), Hartmann (Chur), Heiz, Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Jeker, Jenny, Kasper, Koch (Landquart), Krättli-Lori, Kunz (Fläsch), Mani-Heldstab, Marti, Meyer-Grass, Michel (Davos-Monstein), Nick, Perl, Pfäffli, Rathgeb, Steck-Rauch, Stiffler (Davos Platz), Troncana-Sauer, Vetsch (Pragg-Jenaz), Wieland, Deplazes

Antwort der Regierung

Die Sortenorganisation Bündnerkäse (SOBK) hat beim Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) ein Gesuch um Eintragung der Kennzeichnung "Bündner Berkäse" für ein Halbhartkäseprodukt in das Register der Ursprungsbezeichnungen und geographischen Angaben eingereicht. Das BLW hat das Gesuch in Anwendung der GUB/GGA-Verordnung (AOC-Vo; SR 910.12) mit Verfügung vom 6. Juli 2010 gutgeheissen. Die Einsprachefrist ist Mitte Oktober 2010 abgelaufen. Gemäss Medienberichten vom 15.10.2010 sind einige Einsprachen von Bündner Produzenten erhoben worden. Eingetragene Ursprungsbezeichnungen geniessen einen besonderen und umfassenden Schutz gemäss Art. 17 AOC-Vo. Dieser Schutz richtet sich vor allem gegen die direkte oder indirekte kommerzielle Verwendung der geschützten Bezeichnung. Die Organe der kantonalen Lebensmittelkontrolle vollziehen diese Bestimmung. Im Kanton ist das Amt für Lebensmittelsicherheit und Tiergesundheit zuständig. Der Verband der Kantonschemiker der Schweiz (VKCS) hat in dieser Sache ein Arbeitspapier verabschiedet (Stand Juni 2010). Das BLW war an den Beratungen auch vertreten. Gemäss Auffassung des VKCS ist die Verwendung der Bezeichnung "Savogniner Bergkäse" oder "Davoser Bergkäse" für Erzeugnisse, die mit einem Bündner Bergkäse AOC vergleichbar sind, unzulässig, sofern das Pflichtenheft für Bündner Bergkäse AOC nicht erfüllt ist (vgl. insbes. Grundsatz 8 des Papiers). Gerichtsentscheide, die genau diese Frage klären, sind bisher noch keine ergangen. Allerdings hat sich das Bundesverwaltungsgericht im Fall "Vacherin Mont d'Or" bereits mit dem Schutzumfang der AOC-Vo auseinandergesetzt (Urteil BVGer, B-6198/2008 mit Literaturhinweisen). Die Auffassung des VKCS steht dem soweit ersichtlich nicht entgegen.

Frage 1: Jede Gruppierung hat das Recht, beim BLW um eine "AOC-Eintragung" zu ersuchen. Auf die Gesuchseinreichung und die Auswirkungen einer AOC-Eintragung, seien sie für einzelne Branchenmitglieder positiv oder negativ, hat die Regierung keinen Einfluss. Es ist zurzeit nicht abschätzbar und wird ohnehin kaum je messbar sein, ob im Kanton Wertschöpfung verloren geht oder gewonnen wird aufgrund der Einführung eines Bündner Bergkäse AOC. Die AOC-Eintragung hat jedenfalls zum Ziel, die Wertschöpfung im Zusammenhang mit dem entsprechenden Produkt zu steigern, wurde doch die AOC-Vo zwecks Steigerung von Qualität und Absatz erlassen. Es steht daher auch jedem offen, sich für die Verwendung des AOC-Siegels zertifizieren zu lassen. Es ist anzunehmen, dass sich einige Betriebe bezüglich gewisser Produkte teilweise neu ausrichten müssen und entsprechend bisherige Aufbauarbeit teils nutzlos wird. Der Regierung liegen keine Angaben darüber vor, wie kostenintensiv und gewinnbringend die allfällige Ausarbeitung und Umsetzung einer neuen Marketing-Strategie durch einen Milchverarbeiter für diejenigen seiner Produkte wäre, die vom Schutz eines Bündner Bergkäse AOC betroffen sind.

Frage 2: Die Regierung hat sich an die geltenden Gesetze und Verordnungen zu halten. Insofern ist die Handlungsfreiheit massiv eingeschränkt. Ob die erwähnten Bezeichnungen weiter verwendet werden dürfen, ist zum grössten Teil eine Rechtsfrage, über welche die zuständigen kantonalen Stellen und die Gerichte im konkreten Anwendungsfall zu befinden haben. Das Papier des VKCS zeigt auf, wie die erstinstanzlichen Stellen die AOC-Vo im Grundsatz anwenden.

Frage 3: Die Regierung hat keinen Einfluss auf andere Kantone in ihrem Zuständigkeitsbereich und auf die Art, wie sie die Gesetze vollziehen. Der VKCS hat mit seinem Arbeitspapier die Grundlage für eine schweizweit einheitliche Anwendung der AOC-Vo gelegt. Dennoch ist jeder Kanton selber allein für den Vollzug zuständig und somit grundsätzlich frei in seinen Entscheidungen. Alle Kantone sind jedoch gleichermassen an die Bundesgesetze und -verordnungen gebunden. Über die richtige Anwendung dieser Gesetze und Verordnungen bezüglich eines bestimmten Sachverhalts bzw. in einem konkreten Anwendungsfall wird erst das Urteil eines letztinstanzlichen eidgenössischen Gerichts entsprechende Wirkung auf alle kantonalen Stellen haben. Die kantonalen Behörden ziehen bei der Entscheidungsfindung aber in der Regel auch die Rechtsprechung von Instanzen anderer Kantone bei.

01. November 2010