Navigation

Inhaltsbereich

Session: 17.06.2011
Bei der Realisierung von Bauprojekten im Hoch- und Tiefbau fallen erhebliche Mengen, von in der Regel natürlichem und unbelastetem, Aushubmaterial an. Dieses Material kann nur teilweise auf der Baustelle direkt wieder verwendet werden. Der Rest muss auf bewilligten, ordentlichen Deponien „entsorgt“ werden. Unter Vorbehalt einer entsprechenden Materialqualität kommt unter Umständen auch eine bewilligungspflichtige Verwendung zur Bodenverbesserung in der Landwirtschaft oder Geländemodellierung bei Landschaftsgestaltungen in Frage.

Rückmeldungen aus der Bauwirtschaft im Kanton Graubünden zeigen auf, dass in verschiedenen Regionen des Kantons Graubünden die Kapazitäten der Aushubdeponien unzureichend sind. Die Auswirkungen dieses Umstandes sind volkswirtschaftlich belastend hohe Deponiegebühren, Transporte von natürlichem Aushubmaterial über grosse Distanzen von einer Region in die andere oder gar illegale Entsorgung des Materials auf Landwirtschaftsflächen, wie sie – zumindest teilweise – im Zusammenhang mit der Überbauung Chur West festgestellt wurde. Diese Situation ist für Bauherrschaften unbefriedigend, führt innerhalb der Bauwirtschaft zu Wettbewerbsverzerrungen und belastet die verantwortlichen Behörden in den Gemeinden und beim Kanton mit Forderungen und Vorwürfen. Dass auch der Kanton als Bauherr betroffen sein kann, zeigte sich in Einzelfällen der jüngeren Vergangenheit, wo Projekte im Strassenbau und Strassenunterhalt aufgeschoben werden mussten, weil die notwendige, ordnungsgemässe Deponiemöglichkeit fehlte.

Die Unterzeichner laden die Regierung ein, die Situation im ganzen Kanton zu analysieren und im Rahmen einer gesamtheitlichen Betrachtung und in Zusammenarbeit mit den Regionen und Gemeinden, die Verfügbarkeit von regionalen Deponievolumina für Aushubmaterial in genügendem Ausmass sicherzustellen. Dabei ist dem Grundsatz Rechnung zu tragen, dass anfallendes Material in grösstmöglicher Nähe des Anfalls wieder zu deponieren ist (bspw. projektbezogene, kommunale oder regionale Deponien).

Chur, 17. Juni 2011

Conrad, Vetsch, Blumenthal, Aebli, Albertin, Barandun, Berther (Camischolas), Caduff, Caluori, Campell, Casty, Casutt-Derungs, Claus, Davaz, Della Vedova, Dosch, Engler, Fallet, Fasani, Felix, Foffa, Fontana, Geisseler, Giacomelli, Gunzinger, Hardegger, Heinz, Holzinger-Loretz, Jeker, Joos, Kollegger (Malix), Komminoth-Elmer, Kunz (Fläsch), Kunz (Chur), Lorez-Meuli, Mani-Heldstab, Michael (Donat), Niggli-Mathis (Grüsch), Parolini, Pedrini, Pfäffli, Rathgeb, Righetti, Sax, Steck-Rauch, Stiffler (Chur), Tomaschett (Breil), Tomaschett-Berther (Trun), Troncana-Sauer, Vetsch (Klosters Dorf), Waidacher, Wieland, Buchli (Felsberg), Paterlini

Antwort der Regierung

Gemäss Bundesrecht sind Abfälle zu vermeiden oder zumindest zu vermindern und erst als letzte Option zu entsorgen. Als Materialverwertung gelten neben kleinflächigen Rekultivierungen und Verwertungen im Zusammenhang mit Bauvorhaben vor allem die Wiederauffüllung und Rekultivierung von Abbaustellen, die Errichtung von Anlagen wie Lawinen- und Lärmschutzdämme, Dammschüttungen, aber auch Terrainveränderungen zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Bewirtschaftbarkeit oder der Ertragsfähigkeit, wobei für Letztere qualifizierte Voraussetzungen erfüllt werden müssen. Solche Verwertungen von Abfällen setzen ein bewilligtes Projekt
voraus. Da eine zeitliche Koordination zwischen Verwertungsprojekt und Abfallanfall oft nur schwierig zu gewährleisten ist, sollen auf kommunaler Ebene Zwischenlager vorgesehen werden.

Art. 31 Technische Verordnung über Abfälle (TVA) verlangt, dass neue Inertstoffdeponien, zu denen auch die Deponien für unverschmutzten Aushub zählen, eine Mindestgrösse von 100'000 m3 aufweisen. Die Kantone können die Errichtung von Deponien mit geringeren Volumina bewilligen, wenn dies aufgrund der geografischen Gegebenheiten sinnvoll ist. Gemäss Art. 17 TVA bezeichnen die Kantone Deponien und andere wichtige Abfallanlagen in ihren Richtplänen. Inertstoffdeponien von mehr als 100'000 m3 werden somit im kantonalen Richtplan räumlich festgelegt. Grundlage dazu sind jene Standorte für Inertstoffdeponien, die in den regionalen Richtplänen aufgrund von Standortevaluationen festgelegt werden. Angestrebt werden regionale Inertstoffdeponien. Bei peripherer Lage und geringem Materialanfall sind subregionale Lösungen möglich. Möglichst grosse Deponien sind nicht nur aufgrund der gesetzlichen Anforderungen, sondern auch aufgrund des effizienten Mitteleinsatzes geboten. Kleine Deponien können oft nur unzureichend kontrolliert werden, finden häufig keinen sachgerechten Abschluss und verbleiben langfristig als störendes Element in der Landschaft.

Bei einer Betriebsdauer von mehr als 6 Jahren oder einem Volumen von mehr als 10'000 m3 müssen die Gemeinden die nutzungsplanerischen Voraussetzungen schaffen, damit das Amt für Natur und Umwelt (ANU) im Rahmen des anschliessenden BAB-Verfahrens die Errichtungs- und Betriebsbewilligung erteilen kann. Für die Ablagerung von unverschmutztem Aushub auf projektbezogenen Deponien besteht keine gesetzliche Grundlage. Überschüssiges Aushubmaterial muss deshalb i.d.R. auf einer bewilligten Deponie abgelagert werden. Für Ausnahmefälle, insbesondere grosse Bauvorhaben, sind mit den Kriterien Distanz, Ort, Lage und Volumen Materialablagerungsstellen festzulegen, wobei bei Bedarf eine spätere Weiterführung als regionale Deponie gewährleistet werden soll.

Das ANU aktualisiert jährlich gestützt auf die Meldungen der Deponiebetreiber seine Deponiedatenbank. In Graubünden fallen durchschnittlich zwischen 0.6 und 1.0 Mio. m3 unverschmutztes Aushubmaterial pro Jahr an. Gegenwärtig stehen dafür im Kanton ca. 115 grössere und kleinere Deponien zur Verfügung. Die Gesamtkapazität dieser Deponien beträgt rund 6 Mio. m3, wobei gegenwärtig knapp 3 Mio. m3 verfügbar sind (restliches Volumen: noch nicht abgebaute Kiesgruben). Zur bestmöglichen Nutzung des Volumens ist das anfallende Material verdichtet einzubringen. Über den gesamten Kanton betrachtet ist genügend Deponieraum für unverschmutzten Aushub vorhanden. Hingegen sind regional teilweise eher knappe Volumina festzustellen. Um Entsorgungsengpässe zu vermeiden, sind die richtplanerischen Voraussetzungen durch die Regionen zu schaffen und die Umsetzung bis hin zum Bauprojekt durch die Gemeinden zu gewährleisten. Damit die Regionen ihre Verantwortung wahrnehmen können, müssen die Informationen aus der Deponiedatenbank den Regionen zur Verfügung gestellt werden.

Aus Sicht der Regierung trägt auch die Konkurrenzsituation zwischen den beteiligten Unternehmen zur heutigen Situation bei, was sich z.B. in der Tarifgestaltung, aber auch in der Kopplung von Aufträgen (Aushubannahme nur gegen Baustofflieferung) niederschlägt. Es stellt sich die Frage, ob und wie der Kanton sicherstellen kann, dass alle interessierten Unternehmen unter möglichst gleichen Voraussetzungen an diesem Markt teilnehmen können. Das "Concetto inerti Valposchiavo" weist diesbezüglich einen zukunftsträchtigen Ansatz auf: Es sieht vor, dass die erforderlichen Bewilligungen für den Betrieb der Deponien den betroffenen Gemeinden erteilt werden. Diese können die Arbeiten an interessierte Unternehmen vergeben und dafür sorgen, dass keine wettbewerbsverzerrenden Situationen innerhalb der Bauwirtschaft auftreten und alle Unternehmen "gleich lange Spiesse" haben.

Die Regierung hat bereits einen Bedarf an einer Aktualisierung der kantonalen Abfallplanung im Bereich Inertstoffe ausgemacht. Sie ist deshalb im Sinne der Erwägungen bereit, den Auftrag Conrad entgegenzunehmen und in die Weiterentwicklung der Abfallplanung, in Zusammenarbeit mit den verantwortlichen Regionalverbänden, einzubeziehen.

18. August 2011