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Session: 01.09.2011
Die Schweiz kennt ein umfassendes Geldwäscherei-Gesetz. Wer auf Schweizer Konten grössere Summen einzahlen möchte, muss detaillierte Angaben über die Herkunft der Gelder machen. Damit konnte der Schweizer Finanzplatz zu weiten Teilen von Schwarzgeldern befreit werden. Allerdings hat das Geldwäscherei-Gesetz eine Lücke offen gelassen. Beim Kauf von Immobilien kommt es nicht zur Geltung.

Nach Ansicht des Bundesamtes für Polizei fedpol (Jahresbericht 2010) ist der Immobiliensektor besonders anfällig auf Geldwäscherei. Dies insbesondere, weil hohe Bargeldzahlungen in diesem Sektor immer noch üblich seien. Auch der Bundesrat bestreitet nicht, dass bei Immobilienkäufen, die über Barzahlungen oder ausländische Banken abgewickelt werden, ein Missbrauchspotenzial bestehe.

Laut Experten sind z.B. explodierende Immobilienpreise ein möglicher Hinweis auf Geldwäscherei. Vor allem die Gebiete mit einer internationalen Ausstrahlung und einer hohen Dichte an reichen Ausländerinnen und Ausländern sind besonders gefährdet.

Der Regierung werden deshalb folgende Fragen gestellt:

1. Wie beurteilt die Regierung die Gefahr der Geldwäscherei mittels Immobilien auf kantonalem Boden?

2. Gibt es im Kanton Graubünden Gebiete, die von der Regierung als speziell gefährdet angeschaut werden?

3. Wurden im Kanton Graubünden bereits Vorfälle und/oder Verdachtsfälle in dieser Sache registriert?

4. Ist die Regierung bereit, sich beim Bund dafür einzusetzen, dass der Immobilienhandel dem Geldwäscherei-Gesetz unterstellt wird?

Chur, 1. September 2011

Müller (Davos Platz), Pult, Baselgia-Brunner, Bucher-Brini, Burkhardt, Cavegn, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Gasser, Jaag, Kappeler, Kollegger (Chur), Locher Benguerel, Meyer-Grass, Michel, Noi-Togni, Peyer, Pfenninger, Stiffler (Chur), Thöny, Trepp, Troncana-Sauer, Monigatti

Antwort der Regierung

Der Bundesrat und das Bundesparlament befassen sich seit 2005 immer wieder mit der Problematik der möglichen Geldwäscherei im Immobilienhandel. 2005 stiess der Antrag des Bundesrates zur ausdrücklichen Unterstellung von Immobilienhandelstätigkeiten unter das Geldwäschereigesetz (GwG) in der Vernehmlassung auf breite Ablehnung. Es gelang den Branchenverbänden aufzuzeigen, dass der Immobilienhandel in der Schweiz bereits genügenden Vorschriften unterstellt ist. Insbesondere greift die Bestimmung des Strafgesetzbuches zur Bekämpfung der Geldwäscherei (Art. 305bis StGB). Erfasst wird jedermann (also nicht nur Finanzintermediäre), der eine Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung oder die Einziehung von Vermögenswerten zu vereiteln, die, wie er weiss oder annehmen muss, aus einem Verbrechen herrühren. Bei der Beratung der revidierten Vorlage im Jahre 2008 erachtete es das Bundesparlament dann nicht für notwendig, den Geltungsbereich des GwG auf Immobilienmakler auszudehnen. Die nachfolgenden parlamentarischen Vorstösse (11.3711 Interpellation Pirmin Schwander, Immobilienhandel und Geldwäscherei vom 17.06.2011; 11.3119 Motion Anita Thanei, Ausdehnung des Anwendungsbereiches des GwG vom 16.03.2011; 10.4061 Postulat Brigit Wyss, Revision des GwG vom 16.12.2010; 10.4048 Interpellation Carlo Sommaruga, Geldwäscherei im Immobiliensektor. Ausweitung des Geltungsbereiches des GwG? vom 16.12.2010; 10.5545 Fragestunde Brigit Wyss, Immobilienhandel und Geldwäscherei vom 13.12.2010) beantwortete der Bundesrat regelmässig dahingehend, dass ein systematischer Missbrauch des schweizerischen Immobiliensektors zur Geldwäsche nicht erkennbar sei. Ein Missbrauchspotenzial könne aber nicht ausgeschlossen werden, insbesondere bei Immobilienkäufen, bei denen die Zahlungsabwicklung ausserhalb des Geltungsbereichs des GwG bspw. über ausländische Banken oder durch Barzahlungen ohne Beteiligung eines dem GwG unterstellten Finanzintermediärs erfolgt. Der Bundesrat verfolge die Entwicklung im Immobilienhandel sowie die internationale Entwicklung zur Bekämpfung der Geldwäscherei in diesem Bereich aufmerksam und werde bei erhärtetem Missbrauchsrisiko geeignete Massnahmen vorschlagen.

1. Zusammen mit dem Bundesrat ist die Regierung der Ansicht, dass nichts darauf schliessen lässt, wonach der Immobiliensektor systematisch zu Geldwäschereizwecken missbraucht wird.

2. Gefährdete Gebiete oder Orte könnten renommierte Tourismusorte mit ausländischer Gästestruktur und regem Immobilienhandel sein. Die starke Preisentwicklung dürfte aber wohl eher mit der Knappheit des Angebotes im Verhältnis zum Wunsch wohlhabender ausländischer Gäste nach Prestigeobjekten zusammenhängen. Darüber hinaus könnten auch Gegenden als gefährdet gelten, in denen kein eigentlicher Immobilienmarkt besteht und Verkäufer verzweifelt nach Käufern Ausschau halten. Allerdings liegen keine Hinweise auf konkrete Gefährdungen oder Missbräuche im Sinne des GwG vor. Ausserdem erfolgen die Zahlungsabwicklungen in den allermeisten Fällen über Schweizer Banken, welche als Finanzinstitute dem GwG unterstellt sind.

3. Bis jetzt waren keine Verdachtsfälle zu registrieren.

4. Das Thema ist seit Jahren auf Bundesebene präsent und der Jahresbericht 2010 des Bundesamtes für Polizei fedpol wird zusätzlich zur Sensibilisierung beitragen. Da der Kanton Graubünden keine Verdachtsfälle hat, besteht auch kein Grund für die Regierung, zusätzlich beim Bund zu intervenieren.

14. Oktober 2011