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Session: 06.12.2011
Das Energiegesetz des Kantons Graubünden (BEG) ist in der Umsetzung. Damit werden insbesondere erneuerbare Energien in Graubünden gefördert. Mit dem Auftrag Heiz wird die Regierung zudem aufgefordert, eine systematische Auslegeordnung vorzunehmen. Dies ist für eine fundierte energiepolitische Diskussion zwingend notwendig. Der nächste Schritt besteht nun darin, zur Erreichung der Schweizer Klimaziele entsprechende Reduktionsmassnahmen zu diskutieren und das Klimakonzept für den Raum Graubünden weiter zu entwickeln.

Da das Klima global ist, müssen neue Lösungen gegen die unerwünschten Treibhauseffekte gefunden werden, welche zu den global anzuwendenden „Post-Kyoto“-Instrumenten passen sollen. „Im Jahre 2012 wird sich die Grundlage zur Anrechnung der CO2-Reduktion an die Schweizerischen Klimaziele ändern, denn die gesetzliche Grundlage für die Klimapolitik der Schweiz läuft mit Abschluss der sogenannten Kyoto-Periode Ende 2012 aus.“ (Zitat erläuternder Bericht zum Energiegesetz des Kantons Graubünden, 2009, S. 11). Bei den Verhandlungen zur zukünftigen, so genannten „Post-Kyoto“ beziehungsweise „Rio +20“-Klimapolitik wird die Leistung des Waldes zur CO2-Reduktion global an Bedeutung gewinnen und mit dem Zertifikathandel einen ökonomischen Wert bekommen. Es besteht die Möglichkeit, mit flexiblen Instrumenten der sogenannten „Inlandzertifikate“ („local domestic offset projects“) die erzielten CO2-Reduktionen mit lokalen Projekten im Zertifikathandel ertragreich abzusetzen. Dies ist eine Chance für den Bündner Wald.

Da die Waldfläche, welche sich aus Wald- und Gebüschwald zusammensetzt, in Graubünden 192‘000 ha umfasst, kann in einer ersten Abschätzung mit rund 100‘000 t CO2-Reduktion und einem Wert der Emissionsreduktionen von rund 5 Mio. CHF pro Jahr gerechnet werden, welcher zu 91% den Gemeinden zusteht. Die Schweizer Regierung hat sich in der Kyoto-Periode jährlich 0.5 Mio. Tonnen Emissionsreduktionen aus dem Schweizer Wald anrechnen lassen. Die Frage stellt sich, ob nicht die Waldeigentümer auch Eigentümer dieser Emissionsreduktionen sind und künftig am Wert dieser Emissionsreduktionen partizipieren sollten oder ob die Schweizer Regierung weiterhin ohne Entschädigung der Waldeigentümer auch künftig die Klimaschutzleistungen des Waldes für sich beanspruchen soll.

Der Wald ist ein langfristig wirksames Instrument zur Reduktion von CO2-Emissionen in Graubünden und mit einem anerkannten Schweizer Emission-Reduktionsprojekt (Inlandzertifikate) können regelmässige Erträge zu Gunsten der Waldeigentümer erwirtschaftet werden.

Die Regierung wird gebeten, folgende Fragen zu beantworten:

1. Sieht die Regierung Möglichkeiten, mit der CO2-Reduktion aus dem Bündner Wald und in der Holz-Wertschöpfungs-kette Klimaprojekte zu verfolgen?

2. Ist die Regierung bereit, unter Ausschöpfung der Möglichkeiten der internationalen und schweizerischen Klimapolitik, die Klimaschutzleistungen des Bündner Waldes künftig als Schweizer CO2-Emissionsreduktionsprojekt mit anerkannter Emissionsverminderung, falls möglich nach Gold Standard-Kriterien und allenfalls in Zusammenarbeit mit den anderen Berggebietskantonen, zu planen und zu realisieren?

Chur, 6. Dezember 2011

Nick, Barandun, Bezzola (Zernez), Burkhardt, Casanova-Maron, Claus, Clavadetscher, Engler, Fontana, Furrer-Cabalzar, Giacomelli, Gunzinger, Hartmann (Champfèr), Hartmann (Chur), Heiz, Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Jenny, Kasper, Krättli-Lori, Kunz (Fläsch), Kunz (Chur), Marti, Meyer-Grass, Michael (Castasegna), Michel, Niggli (Samedan), Perl, Pfäffli, Rathgeb, Rosa, Steck-Rauch, Stiffler (Chur), Troncana-Sauer, Valär, Vetsch (Pragg-Jenaz), Waidacher, Wieland, Zweifel-Disch

Antwort der Regierung

Das Hauptziel des Kyoto-Protokolls besteht darin, die Treibhausgasemissionen durch innerstaatliche Massnahmen an den Emissionsquellen zu vermindern. Gefordert sind damit hauptsächlich Massnahmen zur Einsparung von Energie, zur Steigerung der Energieeffizienz und zum vermehrten Einsatz erneuerbarer Energien. Ergänzend zu diesen primären Massnahmen sieht das Kyoto-Protokoll auch Möglichkeiten vor, einen Teil der Reduktionsverpflichtungen durch sogenannte "flexible Mechanismen" in anderen Ländern zu realisieren oder Kohlenstoff-Senkenleistungen an das Reduktionsziel anzurechnen.

In der Schweiz bewegte sich die CO2-Senkenleistung des Waldes in den Jahren 2008 bis 2010 zwischen 0.5 Mio. Tonnen und 1.0 Mio. Tonnen pro Jahr. Sie kann jährlich in Abhängigkeit der Veränderung der Waldfläche, der Waldbewirtschaftung und übriger Einflussgrössen stark schwanken. Die Senkenleistung des Waldes besteht darin, dass die vorwiegend aus der Verbrennung fossiler Energieträger resultierenden Treibhausgasemissionen durch den Wald teilweise vermindert werden, indem in der Biomasse des Waldes dank der Photosynthese CO2 gespeichert wird. In der nationalen Bilanz des Treibhausgases wird diese Senkenleistung angerechnet. Damit leistet der Wald einen wichtigen Beitrag, um im Bereich der Treibstoffe die bestehende Differenz zum Emissionsziel zu reduzieren.

In Graubünden kann - wie in der Fraktionsanfrage zutreffend ausgeführt - von einer CO2-Senkenleistung des Waldes von 100'000 Tonnen pro Jahr ausgegangen werden. Der Preis für ein CO2-Zertifikat bewegt sich auf dem internationalen Markt gegenwärtig in der Grössenordnung von 10 Euro pro Tonne CO2. Das Anliegen, die Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer für diese Senkenleistung zu entschädigen, ist nach Auffassung der Regierung grundsätzlich berechtigt. Die Regierung hat daher bereits im Jahr 2005 im Rahmen ihrer Vernehmlassung zur Teilrevision des eidgenössischen Waldgesetzes entsprechende Bestrebungen des Bundes unterstützt. Auf diese Vorlage sind die Eidgenössischen Räte aus anderen Gründen jedoch nicht eingetreten. Daher fehlt nach wie vor eine Rechtsgrundlage, um die Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer mittels Emissionsgutschriften für ihre CO2-Senkenleistungen zu entschädigen. Aufgrund dieser Rechtslage haben sie heute einzig die Möglichkeit, die CO2-Senkenleistungen ihres Waldes auf dem freiwilligen Markt in Form von CO2-Zertifikaten anzubieten. Entsprechende Zertifikate dürfen allerdings nur angeboten werden, wenn der Holzvorrat gestützt auf aktive Massnahmen zur Verminderung der CO2-Emissionen erhöht wird und langfristig gesichert ist. Natürliche Vorgänge, für die keine besonderen Massnahmen erforderlich sind, werden nicht mit handelbaren CO2- Zertifikaten anerkannt.

Derzeit sieht die Regierung aufgrund fehlender Rechtsgrundlagen auf Bundesebene keine Möglichkeiten, mit der CO2-Reduktion aus dem Bündner Wald Klimaprojekte zu verfolgen. Aus den nämlichen Überlegungen besteht auch kein Handlungsspielraum, um gegebenenfalls mit anderen Bergkantonen Klimaschutzleistungen des Bündner Waldes als Schweizer CO2-Emissionsreduktionsprojekt mit anerkannter Emissionsminderung zu planen oder umzusetzen. Die Regierung wird jedoch auch künftig entsprechende Bestrebungen des Bundes unterstützen. Die laufenden Bestrebungen zur Flexibilisierung der Waldflächenpolitik dürfen dadurch allerdings nicht unterlaufen werden. Landwirtschaftliche Vorrangflächen sowie ökologisch oder landschaftlich wertvolle Gebiete sind ungeschmälert zu erhalten und dürfen nicht durch die Erhöhung von Holzvorräten beeinträchtigt werden.

14. März 2012