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Session: 05.12.2012
Der Grosse Rat hat im Jahre 2005 das kantonale Raumplanungsgesetz (KRG) verabschiedet. Darin gibt es den Art. 104, wonach sich die beschwerdeberichtigten Organisationen im BAB-Verfahren und bei Planungen, die einer kantonalen Genehmigung bedürfen, im Rahmen einer Verfahrensbeteiligung melden müssen, wenn sie vom Beschwerderecht eventuell Gebrauch machen wollen. Diese „Verfahrensbeteiligung“ erfolgt im Rahmen des ohnehin nötigen verwaltungsinternen Mitberichtsverfahrens. Machen die beschwerdeberechtigten Organisationen davon nicht Gebrauch, so gilt das Beschwerderecht als verwirkt.

Dieser Artikel wurde vor allem mit Vorteilen begründet, Stichworte dazu sind: zentrale Aktenauflage für die Umweltorganisationen beim Amt für Raumentwicklung; keine zeitraubende Ausfertigung förmlicher Einsprache- bzw. Beschwerdeentscheide, dafür zügige Verfahrensabwicklung; insgesamt kürzere Verfahren; Erhöhung der Verhandlungsbereitschaft, konstruktive und nachhaltige Projektoptimierungen. So wurde in der Botschaft zum KRG argumentiert und steht in der Arbeitshilfe zum KRG.

Den Artikel 104 KRG gibt es nun seit einigen Jahren und der Zeitpunkt ist gekommen, diese Bestimmung einer ernsthaften Überprüfung zu unterziehen. In der Praxis sieht die Wirkung aus Sicht der Gemeinden und der Projektanten etwas anders aus: Weil ohne Verfahrensbeteiligung das Beschwerderecht als verwirkt gilt, finden sehr viele und teilweise mühsame Verfahrensbeteiligungen statt, die das Verfahren in die Länge ziehen, ohne wirklich etwas zu bringen.

Im Rahmen einer solchen Überprüfung interessieren folgende Fragen:

a) Wie sind die Auswirkungen der Verfahrensbeteiligung in quantitativer Hinsicht: Wie viele Verfahrensbeteiligungen, Auswirkungen auf Verfahren und Fristen?

b) Wie sind die Auswirkungen in qualitativer Hinsicht: Werden die Projekte wirklich besser? Kommen neue Aspekte bei der Verfahrensbeteiligung der Umweltorganisationen hinzu oder werden diese durch die Dienststellen mit Natur- und Landschaftsschutzaufträgen bereits abgedeckt?

c) Kennen andere Kantone auch eine solche Bestimmung?

d) Betrachtet die Regierung die Verfahrensbeteiligung als „Erfolgsmodell“ oder ist die Regierung bereit, im Rahmen einer Teilrevision des KRG den Art. 104 KRG aufzuheben?

Chur, 5. Dezember 2012

Parolini, Cavegn, Engler, Aebli, Albertin, Berther (Disentis/Mustér), Berther (Camischolas), Blumenthal, Brandenburger, Buchli-Mannhart (Safien-Platz), Caduff, Caluori, Campell, Casty, Casutt, Casutt-Derungs, Clalüna, Conrad, Davaz, Della Vedova, Dermont, Dosch, Dudli, Fallet, Fasani, Felix, Geisseler, Grass, Gunzinger, Heiz, Hitz-Rusch, Jeker, Joos, Kasper, Kleis-Kümin, Koch (Tamins), Koch (Igis), Kollegger (Chur), Kollegger (Malix), Komminoth-Elmer, Kunz (Fläsch), Marti, Michael (Donat), Montalta, Nick, Nigg, Niggli-Mathis (Grüsch), Papa, Parpan, Pedrini, Sax, Steck-Rauch, Stiffler (Davos Platz), Tomaschett (Breil), Tscholl, Valär, Vetsch (Klosters Dorf), Waidacher, Wieland, Buchli (Felsberg), Fausch, Müller (Susch), Müller (Haldenstein), Patt, Vincenz

Antwort der Regierung

Ausgangslage
Gemäss Art. 104 Abs. 2 KRG müssen die beschwerdeberechtigten Umweltorganisationen (USO) in BAB- und Ortsplanungsverfahren nicht mehr förmlich Einsprache oder Beschwerde erheben, um die Möglichkeit des Weiterzugs von BAB-Bewilligungen oder OP-Genehmigungsbeschlüssen an die Gerichte nicht zu verwirken. Es genügt, wenn sie sich während der ordentlichen Auflage beim Amt für Raumentwicklung (ARE) anmelden und danach innert einer durch das ARE gesetzten Frist (7 Tage bei BAB, 10 Tage bei OP) Stellung nehmen. Diese Lösung sollte, wie in der vorliegenden Anfrage zutreffend dargestellt wird, für alle Beteiligten bedeutende Vorteile bieten, so u.a. die Möglichkeit zur Beibehaltung einer 20- statt 30- tägigen Auflagedauer von BAB-Gesuchen, weil in Chur eine zentrale Auflage für USO stattfindet.

Zu Frage a:
Für die letzten drei Halbjahre (HJ) sieht die Statistik bezüglich der Verfahrensbeteiligungen der USO wie folgt aus:



Aus dieser Tabelle ergibt sich, dass die USO in knapp 10% der BAB-Fälle und in ca. 25% der Ortsplanungen eigentliche Stellungnahmen einreichen. Inwiefern sich dies auf die Verfahrensfristen auswirkt, wurde nicht evaluiert. Ressourcenrelevant ist eine Verfahrensbeteiligung jedenfalls nicht erst dann, wenn sie in eine Stellungnahme mündet, sondern auch bereits dann, wenn sie im Zuge der Akteneinsichtnahme zu spezifischen Projekterläuterungsgesprächen zwischen Amt und USO führt.

Zu Frage b:
Ob sich die spezielle Verfahrensregelung auf die Qualität der Projekte oder Ortsplanungen positiv auswirkt, wurde und wird nicht evaluiert. Soweit die Regelung zur Folge hat, dass die USO bereits im Projektierungsstadium beigezogen werden, dürfte sie wohl zu qualitativen Verbesserungen beitragen. Soweit sich die USO demgegenüber erst bei der Baugesuchs- oder Beschwerdeauflage einschalten, sind die Verbesserungseffekte wohl geringer, zumal in der Regel auch das Amt für Natur und Umwelt ähnliche Auflagen beantragt.

Zu Frage c:
Eine vergleichbare Spezialregelung ist in anderen Kantonen nicht bekannt. Dafür beträgt die Baugesuchsauflage in allen anderen Kantonen 30 statt wie in Graubünden 20 Tage.

Zu Frage d:
Trotz der erwähnten Vorteile, die man sich von der besonderen Verfahrensregelung versprach, war deren Einführung mit der Hoffnung verbunden, dass die USO von den zur Verfügung gestellten Instrumenten der Anmeldung oder Stellungnahme nicht allzu exzessiv Gebrauch machen würden. Diese Erwartung hat sich, wenn man die relativ hohe Anzahl an Verfahrensbeteiligungen vor Augen hält, noch nicht erfüllt. Die Regierung hat dies den USO kürzlich deutlich kommuniziert.
Es gilt nun, die weitere Entwicklung kritisch zu beobachten. Dabei soll gleichzeitig zusammen mit den USO nach weiteren Möglichkeiten zur Optimierung des Beteiligungsprozesses gesucht werden (z.B. Stellungnahmen bereits in der OP-Mitwirkungsauflage). Je nach Entwicklung und Ergebnissen dieser Evaluation behält sich die Regierung vor, die Regelung in den Überprüfungskatalog für die ohnehin in Kürze anstehende KRG-Revision aufzunehmen.

06. März 2013