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Session: 23.04.2013
Die Entwicklung der Gesamtwirtschaft Graubündens ist besorgniserregend. Seit 1990 stagniert das BIP im Kanton, während andere Regionen zulegen konnten. Der Tourismus – einer der wichtigsten Stützpfeiler der Gesamtwirtschaft Graubündens – steht vor der grössten Herausforderung seiner Geschichte und muss sich als (Ganzjahres-) Tourismus neu erfinden. Als Folge der Zweitwohnungsinitiative wird das BIP in den kommenden Jahren deutlich zurückgehen. Bezüglich Erreichbarkeit landet der Kanton auch im jüngsten Rating der UBS auf dem letzten Platz.

Zur Stärkung der Gesamtwirtschaft Graubündens benötigt der Kanton ein innovatives Massnahmenpaket mit einem starken und nachhaltigen Wachstumstreiber. Der wirkungsvollste Treiber ist die rasche, umsteigefreie Erreichbarkeit. Diese ist ein Kernelement der wirtschaftlichen Entwicklung und des sozialen Wohlstands. Ein Ausbau der Zubringer von den benachbarten Metropolen Zürich, Milano und München zu den Zentren Chur, Davos und St. Moritz soll daher höchste Priorität haben.

Gemäss einer Potenzialanalyse besteht innerkantonal der grösste Handlungsbedarf auf den Verbindungen Chur–Davos bzw. Chur–Lenzerheide. Mit Chur–Davos von AlpTrain können der leistungsstarke Zubringer Zürich–Chur bis Davos verlängert, gleich mehrere Bedürfnisse gedeckt und die Erreichbarkeit um einen Quantensprung verbessert werden:

• Lenzerheide, Arosa und Davos erhalten einen normalspurigen, für Davos umsteigefreien Zubringer von Flughafen/Zürich HB her.

• Chur, Lenzerheide, Arosa und Davos liegen nur noch 20 Fahrminuten auseinander, was ihnen grosse Kooperationsmöglichkeiten u. a. im Bereich Tourismus, Verwaltung, Gesundheit, Forschung, Bildung sowie Infrastrukturen eröffnet.

• Zwischen Landquart und Davos kann ein gesamtwirtschaftlich starker Wirtschaftsgürtel entwickelt werden.

• Die bevölkerungs- und kaufkraftstarken Regionen Zürich/Aargau/Basel mit 3 Mio. Einwohnern, das Alpenrheintal sowie Süddeutschland können direkt an Lenzerheide/Arosa/Davos angebunden werden.

Ein ausgewiesenes Marktpotenzial für Graubünden kann gemäss der erwähnten Potenzialanalyse auch im Grossraum Milano ausgemacht werden. Auch wenn die Realisierung einer neuen Alpentransversalen für den Personenverkehr erst in ferner Zukunft und nur mit europäischen Partnerschaften vorstellbar ist, sollte diese Vision im Auge behalten werden.

Die Regierung wird deshalb beauftragt, parallel zu den gemäss Botschaft vorgesehenen Projekten, den Abschnitt Chur–Lenzerheide–Arosa–Davos von AlpTrain bezüglich technischer Machbarkeit, Verkehrs-/Siedlungsentwicklung, volks- und betriebwirtschaftlichem Nutzen sowie Nachhaltigkeit weiter zu prüfen (Vertiefung der Zweckmässigkeitsstudie). Zudem ist ein Finanzierungskonzept zu erstellen, in welchem der Kanton sein finanzielles Commitment dem Bund gegenüber klar aufzeigt und dabei zur Realisierungsbeschleunigung auch Vorfinanzierungsmöglichkeiten prüft. Das Projekt ist baldmöglichst (vorsorglich) beim FABI/STEP-Programm des Bundes anzumelden. Diese Abklärungen sind vor dem Hintergrund einer neuen Alpentransversalen Chur–Chiavenna für den Personenverkehr zu machen.

Chur, 23. April 2013

Engler, Stiffler (Davos Platz), Parpan, Albertin, Bezzola (Samedan), Brandenburger, Burkhardt, Caluori, Casty, Cavegn, Conrad, Davaz, Gunzinger, Hitz-Rusch, Jeker, Jenny, Kasper, Kollegger (Malix), Kunz (Fläsch), Kunz (Chur), Mani-Heldstab, Michael (Castasegna), Michel (Davos Monstein), Niederer, Righetti, Steck-Rauch, Troncana-Sauer, Valär, Vetsch (Pragg-Jenaz), Waidacher, Calonder, Gassmann

Antwort der Regierung

Im September 2012 hat die Regierung des Kantons Graubünden die Botschaft Planung neuer Verkehrsverbindungen verabschiedet. Darin sind auch umfangreiche Ausführungen zur neuen Bahnverbindung Chur – Lenzerheide – Arosa – Davos (– Chiavenna) von AlpTrain enthalten. In der Konzeptstudie "Neue Alpentransversalen durch Graubünden" wurden ebenfalls entsprechende Überlegungen angestellt. Das Fazit dieser Studien lautet, dass der Bau von unterirdischen teuren Bahnstrecken zu den Bündner Tourismusdestinationen sich nur rechtfertigen lässt, wenn solche Verbindungen im Rahmen einer neuen Alpentransversale, wie sie das Projekt AlpTrain postuliert, realisiert werden können. Da die Realisierungswahrscheinlichkeit dafür momentan gering ist und ein derartiges Vorhaben weitgehend ausserhalb des Entscheidungsbereichs des Kantons liegt, wurde das Projekt nicht weiter verfolgt.

Die Regierung teilt die Auffassung, dass eine rasche, umsteigefreie Erreichbarkeit des Kantons ein wirkungsvoller Wachstumstreiber ist und massgeblich zur Stärkung der Gesamtwirtschaft beiträgt. Im heutigen wirtschaftlichen und politischen Umfeld geht es für den Kanton Graubünden aber primär darum, die geplanten Investitionen aus der RhB-Leistungsvereinbarung 2013-2016, der Vorlage betreffend die Finanzierung und Ausbau Bahninfrastruktur (FABI) bzw. Strategisches Entwicklungsprogramm Bahninfrastruktur (STEP) und weiteren Projekten so aufzugleisen, dass diese mit den vorhandenen knappen finanziellen Mitteln einen hohen volkswirtschaftlichen Nutzen erbringen. Der Fokus ist dabei in erster Linie auf den Ausbau der SBB-Strecke Zürich / Bodensee – Chur sowie der Prättigauerlinie der RhB zu legen.

Die SBB-Strecke Chur – Zürich ist die wichtigste Anbindung Graubündens an das nationale bzw. internationale Eisenbahnnetz. Die Strategie liegt hier auf der Erhöhung der Kapazität sowie der Fahrplanstabilität. Für einen integralen IC-Halbstundentakt sind zusätzliche Kapazitäten für Güterzüge zu schaffen. In der FABI-Vorlage (STEP 2025) sind dafür CHF 160 Mio. reserviert. Auch wenn durch Optimierungen vermutlich nicht der gesamte Betrag benötigt wird, sollten diese Mittel für diese Linie reserviert bleiben, damit weitere dringende Projekte auf dieser Strecke realisiert werden können (z.B. Ausbau Bahnhof Landquart, Doppelspur Mühlehorn – Tiefenwinkel, Südumfahrung Thalwil, Ausbauten Y Richtung Bodensee).

Damit die Regionen im Kanton Graubünden in absehbarer Zukunft halbstündlich bedient werden können, soll das Netz der RhB gemäss Konzept "Retica 30" ausgebaut werden. In der bereits abgeschlossenen RhB-Infrastruktur-Leistungsvereinbarung 2013-2016 sind dafür CHF 60 Mio. enthalten. Für STEP 2025 sind CHF 120 Mio. (Zahlungsrahmen 2017-2024) und STEP 1. Dringlichkeitsstufe CHF 155 Mio. (Zahlungsrahmen 2025-2031) vorgesehen. Weiter sind in STEP 2. Dringlichkeitsstufe CHF 530 Mio. vorgemerkt (Zahlungsrahmen frühestens 2025-2031).

Im RhB-Netz ist insbesondere zwischen Landquart und Klosters eine Verkürzung der Fahrzeit anzustreben. Nur so bleibt die Bahn gegenüber der Strasse konkurrenzfähig. Folgende Projekte stehen im Vordergrund: Doppelspurausbau Landquart – Malans, neue Linienführung Fideris – Küblis (Trassentausch RhB/Nationalstrasse) und ein Ausbau im Raum Küblis – Saas. Zudem wird eine neue Linienführung in Grüsch entlang der Nationalstrasse geprüft. Werden diese Massnahmen mit einem Ausbau der Strecke Bever – Samedan auf Doppelspur oder einer Umfahrung Bever ergänzt, kann auch die Verbindung ins Oberengadin verbessert und die Produktivität des Rollmaterials am Albula erhöht werden. Um die überalterte Fahrzeugflotte der RhB zu ersetzen, sind grosse Investitionen in neue Triebzüge vorzunehmen, welche dank modernen Kupplungs- und Bremssystemen zahlreiche betriebliche Vorteile hätten (Flügelzüge, Erhöhung Anhängelast, Geschwindigkeit und Sicherheit).

Bereits die Umsetzung all dieser aufgeführten Massnahmen erfordert erhebliche finanzielle Mittel. Die damit erzielbaren Verbesserungen sind realistisch, in einer absehbaren Zukunft realisierbar und bringen dem Kanton wirtschaftlich und verkehrsmässig einen merklichen Zusatznutzen. Die Regierung ist deshalb der Auffassung, dass vorderhand keine weiteren Abklärungen im Sinne des formulierten Auftrags vorzunehmen sind. Die Regierung beantragt, den Auftrag abzulehnen.

24. Juni 2013