Navigation

Inhaltsbereich

Session: 29.08.2013
Bei Grossprojekten des öffentlichen Verkehrs (BAHN 2000, 1. Etappe; NEAT) stellt die Bündner Regierung fest, dass die finanziellen Mittel vorwiegend in die Wirtschaftsräume zwischen Zürich und Bern geflossen sind. Gestützt auf diese Feststellung hat das Amt für Wirtschaft und Tourismus Graubünden vor über 10 Jahren einen Verkehrsingenieur beauftragt, in einer zweiten Etappe (BAHN 2000, 2. Etappe; Anschluss an das Hochgeschwindigkeitsnetz [AHN]) die Interessen des Kantons Graubünden in dieser Angelegenheit zu prüfen. Das Resultat dieser Interessensprüfung wird in der Studie «Zu(g)kunft Graubünden» dargestellt, welche ihre Aktualität auf der Plattform gr.ch bescheinigt.

Der Kanton Graubünden erhoffte sich vom Projekt (BAHN 2000, 2. Etappe; AHN) eine Stärkung des Wirtschaftsstandortes Graubünden. Diese Erwartung hat sich leider, insbesondere für die Surselva, nicht erfüllt. Die Surselva leidet an einer überdurchschnittlichen Abwanderung. Die wirtschaftliche Hauptstütze, der Tourismus, verzeichnet Jahr für Jahr einen markanten Gästerückgang.

Um in Zukunft die Anforderungen einer gesunden Wertschöpfung in der Surselva zu meistern, ist es unerlässlich, dass die Surselva näher an den grossen Metropolitanraum Zürich rückt.

Kapitel 3.4 der Studie «Zu(g)kunft Graubünden» zeigt die ungewisse Situation der Surselva in Sachen Machbarkeit des Individualverkehrs und des öffentlichen Verkehrs. Während die Umfahrungen von Trin und Flims realisiert sind, ist der Sattel zwischen Tamins und Schluein mit viel Langsamverkehr (Lastwagen, Busse, Traktoren, schneebedeckte Fahrbahnen usw.) der Stolperstein, um die mittlere und obere Surselva in angemessener Zeit zu erreichen. Ausserdem macht der Verkehr aus dem gesamten nördlichen Einzugsgebiet einen Umweg von 90 km (eine Fahrt) über Chur, um die Surselva zu erreichen. Der Spontangast von morgen reist öfter, bleibt jedoch kürzer am Reiseziel.

Die Studie präsentiert für die Surselva die Variante eines 14 km langen Tunnels zwischen Linthal und Trun und zeigt so Perspektiven auf, die der Surselva neue Impulse und ideale Rahmenbedingungen geben, um die Herausforderungen eines Randgebietes zu meistern.

Das Projekt der Tödi-Linie (Eisenbahntunnel von Linthal [14 km] oder Schwanden [ca. 20 km] nach Trun) wäre nicht nur als Personen- und Gütertransportbahn ideal, sondern auch als rollende Strasse (für Autos und Lastwagen, analog Vereina). Die Surselva würde sich der Metropole Zürich und dem Flughafen annähern und wäre innerhalb von 75 Minuten erreichbar. Nebst des enormen touristischen Potenzials der Grossagglomeration ist auch das Arbeitsplatzangebot im Wirtschaftsraum zwischen Zürich und Bern als weitere Chance zu betrachten.

Aus den erwähnten Gründen stellen die Unterzeichnenden folgende Fragen an die Regierung:

1. Welches Gewicht und welchen Stellenwert gibt die Regierung
a. der Studie «Zu(g)kunft Graubünden» mit der Variante «Tödi-Tunnel»?
b. einer möglichen Realisierung des Projekts «Tödi-Tunnel»?

2. Der Vereina-Tunnel hat die wirtschaftliche Situation des Unterengadins erheblich verbessert. Ist die Bündner Regierung nicht auch der Auffassung, dass die mittlere und obere Surselva dringend eine schnelle Verbindung ins Unterland nötig hätte, um so die Abwanderung zu stoppen und der Jugend neue Perspektiven zu bieten?

3. Hat die Bündner Regierung mit der Glarner Regierung die Studie «Zu(g)kunft Graubünden» und vor allem das Projekt «Tödi-Tunnel» besprochen? Falls ja, welche Meinung vertritt die Glarner Regierung?

Chur, 29. August 2013

Tomaschett (Breil), Casutt Renatus, Tomaschett-Berther (Trun), Berther (Camischolas), Blumenthal, Caduff, Casutt-Derungs Silvia, Darms-Landolt, Dermont, Giacomelli, Kleis-Kümin, Montalta, Peyer, Sax, Degonda

Antwort der Regierung

Mit der Studie „Zu(g)kunft Graubünden“ wurde im Jahre 2001 eine umfassende Gesamtschau über den schienengebundenen öffentlichen Verkehr innerhalb des Kantons Graubünden und auf den wichtigen Zufahrts-Korridoren vorgenommen. Sie ist immer noch aktuell und beinhaltet eine ganze Auswahl möglicher Visionen für einen Ausbau der Verkehrsverbindungen in unserem Kanton.

Im September 2012 hat die Bündner Regierung die Botschaft "Planung neuer Verkehrsverbindungen" verabschiedet. Der Grosse Rat hat anlässlich der Dezembersession 2012 von dieser Auslegeordnung Kenntnis genommen. In einer dazugehörigen Konzeptstudie "Neue Alpentransversalen durch Graubünden" wurden grundsätzliche erste Überlegungen angestellt. Das Fazit lautete, dass der Bau von unterirdischen Bahnstrecken zu den Bündner Tourismusdestinationen sich aus Kostengründen nur rechtfertigen lässt, wenn sie im Rahmen einer neuen Alpentransversale realisiert werden können. Da die Realisierungswahrscheinlichkeit einer neuen Alpentransversale durch Graubünden jedoch zurzeit gering ist und ein derartiges Vorhaben weitgehend ausserhalb des Entscheidungsbereichs des Kantons liegt, wurde das Projekt nicht weiter verfolgt. Auf diese ungünstigen Rahmenbedingungen hat die Regierung bereits bei der Beantwortung des Auftrags Engler hingewiesen (vgl. GRP Augustsession 2013, S. 105 ff.).

Die Regierung teilt dessen ungeachtet die Auffassung der Unterzeichner, dass eine gute Erreichbarkeit des Kantons - und damit auch der oberen Surselva - ein wirkungsvoller Wachstumstreiber ist und massgeblich zur Stärkung der Gesamtwirtschaft und der Regionen beitragen kann. Im heutigen wirtschaftlichen und politischen Umfeld geht es für den Kanton Graubünden aber primär darum, bereits geplante Investitionen und konkrete Projekte so aufzugleisen, dass diese mit den vorhandenen knappen finanziellen Mitteln einen hohen volkswirtschaftlichen Nutzen erbringen.

Zu diesem Vorhaben gehören auch gezielte punktuelle Ausbauten auf der Surselvalinie, wie ein Ausbau der Bahn-/Bus-Drehscheibe Ilanz und Doppelspurinseln im Bereich der System-Kreuzungsstellen.

Die einzelnen Fragen können wie folgt beantwortet werden:

1. Die Realisierung eines Tödi-Tunnels von Linthal nach Trun als isolierte Massnahme ist aufgrund des beschränkten Nachfragepotentials und der hohen Investitions- und Betriebskosten in absehbarer Zukunft wenig wahrscheinlich. Eine Weiterverfolgung dieses Projekts würde vor allem im Rahmen einer neuen Alpentransversale als Tödi - Greina - Linie bis nach Biasca zweckmässig erscheinen.

2. Die Inbetriebnahme der 820 Mio. Franken teuren Vereina-Linie Ende 1999 hat positive Effekte auf die Regionen Unterengadin/Val Müstair wie auch einen grossen Nutzen für das gesamte RhB-Netz gebracht. Auch eine Verbesserung der Anbindung der Surselva Richtung Chur - Zürich ist im Grundsatz sicher sehr sinnvoll und richtig. Mit einem Ausbau der Linie Chur - Disentis, insbesondere auch des wichtigen Bahn-/Busknotens Ilanz, kann zudem innert kurzer Zeit ein hochwertiger Nutzen auch für die wichtige Verkehrsbeziehung Agglomeration Chur - Surselva generiert werden.

3. Die Bündner Regierung hat das Tödi-Projekt mit der Glarner Regierung bisher nicht besprochen. Sie ist aber bereit, dieses Vorhaben auch gegenüber der Glarner Regierung demnächst zu thematisieren, um deren Einschätzung über allfällige, gemeinsam zu tätigende Abklärungen mit Bezug auf die Vor- und Nachteile eines solchen Vorhabens in Erfahrung zu bringen.

30. Oktober 2013