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Session: 29.08.2014
Für die Bemessung der Unterstützung durch die zuständige Gemeinde sind die Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) für die Ausgestaltung und Bemessung der Sozialhilfe massgebend. Dies regelt Art. 1 der Ausführungsbestimmungen zum kantonalen Unterstützungsgesetz.

Die SKOS-Richtlinien orientieren sich beim Grundbedarf für den Lebensunterhalt am Konsumverhalten der einkommensschwächsten zehn Prozent der Schweizer Haushaltungen, welche nicht unterstützt werden. Hinzu kommen allerdings noch Wohnkosten, Kosten für die medizinische Grundversorgung, Zahnarztkosten sowie situationsbedingte Leistungen. Zu den Letzteren zählen beispielsweise die Kinderbetreuung, Umzugskosten, Urlaube und Erholung, Integrationszulagen für Nichterwerbstätige, welche sich um soziale und berufliche Integration bemühen. Für die Dauer der Unterstützung durch die Sozialhilfe sind zudem keine Steuern geschuldet.

Die SKOS-Richtlinien stehen in weiten Teilen der Schweiz in der Kritik. Die Bemessung der Sozialhilfe, die Praxis bei den situationsbedingten Leistungen und die untaugliche, weil viel zu geringe Kürzungsmöglichkeit bei nicht integrationswilligen Personen sorgen zunehmend für Unmut.

Das mit der Überarbeitung der SKOS-Richtlinien im Jahr 2005 eingeführte Anreizsystem entwickelt in seiner heutigen Form nahezu keine Wirkung. Die Kürzungsmöglichkeiten einerseits und die Integrationszulagen andererseits sind zu gering bemessen.

Die Unterzeichnenden beauftragen die Regierung, die Bemessung der Unterstützung im Gesetz über die Unterstützung Bedürftiger (kantonales Unterstützungsgesetz) zu regeln und das Anreizsystem zur Reintegration von Unterstützungsbedürftigen auszubauen. Dabei sollen die SKOS-Ansätze generell um 10 Prozent gekürzt und die Integrationszulagen so erhöht werden, dass die Sozialhilfe für integrationswillige Unterstützungsbedürftige in der heutigen Höhe erhalten bleibt.

Chur, 29. August 2014

Casanova-Maron (Domat/Ems), Florin-Caluori, Koch (Igis), Alig, Brandenburger, Burkhardt, Caduff, Caluori, Casanova (Ilanz), Casutt-Derungs, Caviezel (Davos Clavadel), Claus, Clavadetscher, Danuser, Engler, Felix (Scuol), Foffa, Geisseler, Giacomelli, Grass, Gunzinger, Hardegger, Hartmann, Heiz, Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Hug, Jenny, Kasper, Koch (Tamins), Kunz (Fläsch), Kunz (Chur), Mani-Heldstab, Märchy-Caduff, Mathis, Müller, Nay, Niederer, Niggli (Samedan), Niggli-Mathis (Grüsch), Papa, Pedrini, Pfäffli, Rosa, Salis, Sax, Schutz, Steck-Rauch, Steiger, Stiffler (Chur), Thomann-Frank, Toutsch, Troncana-Sauer, Valär, Vetsch (Pragg-Jenaz), Waidacher, Weber, Weidmann, Wieland, Zanetti

Antwort der Regierung

Die Sozialhilfe ist ein zentraler Pfeiler der sozialen Sicherheit in der Schweiz. Sie erfüllt drei Funktionen: Sie gewährleistet die materielle Grundsicherung, fördert die wirtschaftliche und persönliche Selbständigkeit sowie die soziale und berufliche Integration. Die Sozialhilfe ist eine vorübergehende Bedarfsleistung, welche ein menschenwürdiges Leben ermöglicht und die Eigenverantwortung fördert. Sie unterstützt bedürftige Personen in materiellen und persönlichen Notlagen. Im System der sozialen Sicherheit ist die Sozialhilfe als subsidiäres Instrument der Existenzsicherung ein gleichwertiges Element gegenüber den Sozialversicherungen. Diese sozialpolitischen Leitlinien zur Sozialhilfe hat die Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK) an ihrer Jahreskonferenz 2014 verabschiedet. Die Sozialhilfe leistet ausgerichtet auf den Einzelfall gezielte, individuelle Unterstützung. Dadurch ist sie insgesamt auch ein kostengünstiges System. Von 147 Milliarden Franken der sozialen Sicherheit umfassen die Sozialhilfekosten nur 2 Milliarden Franken.

Die SODK beabsichtigt, die wichtigsten Grundsätze und Spielregeln für die Bemessung der Sozialhilfe interkantonal stärker zu koordinieren. Der Grundbedarf müsse dabei weiterhin die Existenz und die Teilhabe am Sozial- und Arbeitsleben garantieren, sowie die Eigenverantwortung und die Hilfe zur Selbsthilfe fördern. Die Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) seien ein Instrument zur Gewährleistung der Existenzsicherung und der Rechtsgleichheit.

Die Regierung unterstützt die Leitsätze der SODK und befürwortet die Bestrebungen, eine stärkere interkantonale Koordination zu erzielen. Auch die Gerichte orientieren sich bei der Berechnung der Sozialhilfe an den SKOS-Richtlinien. Vergleicht man die verschiedenen Existenzminima nach Schuld-, Betreibungs- und Konkursrecht (SchKG) oder nach den Gesetzen über Mutterschaftsbeiträge sowie Ergänzungsleistungen mit den SKOS-Richtlinien, zeigt sich, dass das Existenzminimum nach SKOS mit Abstand am tiefsten liegt. Im Übrigen überprüft die SKOS derzeit die Berechnung des Grundbedarfs sowie die Wirksamkeit der Anreizsysteme in zwei separaten Studien. Die entsprechenden Ergebnisse werden bis Ende 2014 vorliegen.

Das heutige System zur Bemessung der Sozialhilfe ist gut geeignet für Personen, die sich kooperativ verhalten und sich bemühen, schnell wieder selbständig ihren Lebensunterhalt zu sichern. Diese Voraussetzung erfüllt die Mehrheit aller Sozialhilfebeziehenden im Kanton. Durch die Gewährung des sozialen Existenzminimums wird verhindert, dass Menschen randständig werden und daraus hohe Folgekosten resultieren könnten. Problematisch ist die Sozialhilfebemessung für Personen, die nicht bereit sind, das ihnen Mögliche zu leisten, um von der Sozialhilfe abgelöst zu werden. Tatsächlich enthalten die SKOS-Richtlinien aber auch griffige Massnahmen zur Kürzung oder Verweigerung der Sozialhilfe. Diese sind allerdings an klare Verfahrensregeln gebunden, die durch kantonales Recht definiert sind.

Die Regierung kennt und anerkennt auch die problematischen und kritischen Bereiche im heutigen System zur Bemessung der öffentlichen Unterstützung (Sozialhilfe) anhand der SKOS-Richtlinien, beispielsweise die Bemessung der Sozialhilfe für unkooperative Klientinnen und Klienten und die Kürzungs- und Sanktionsmöglichkeiten bei Missbrauch.

Das Departement für Volkswirtschaft und Soziales (DVS) überprüft im Rahmen des Entwicklungsschwerpunktes „Sozialziele und Schwelleneffekte“ (ES 09/25) die vier Bedarfsleistungssysteme der materiellen Sozialhilfe (nach SKOS-Richtlinien), der Mutterschaftsbeiträge, der Alimentenbevorschussung sowie der familienergänzenden Kinderbetreuung.

Die Regierung ist bereit, den Auftrag betreffend Anpassung der Bemessung von Unterstützungsleistungen entgegenzunehmen und im Rahmen der vorgenannten Arbeiten zu überprüfen, unter Berücksichtigung der laufenden Prozesse seitens der SODK sowie seitens der SKOS. Die Ausgestaltung allfälliger Anpassungen bleibt offen.

23. Oktober 2014