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Session: 22.10.2014
Im kantonalen Gesetz über die Krankenversicherung und die Prämienverbilligung (KPVG) werden die Voraussetzungen für die individuelle Prämienverbilligung geregelt. Gemäss Art. 7 KPVG legt die Regierung die massgebenden Prämien fest. Sie orientiert sich grundsätzlich an den Durchschnittsprämien für die obligatorische Krankenpflegeversicherung. Diese werden nach Art. 8 KPVG entsprechend dem Einkommen verbilligt. Bei öffentlicher Unterstützung einer Person werden die massgebenden Prämien grundsätzlich vollumfänglich verbilligt. Es wird kein Selbstbehalt erhoben (Art. 9 Abs. 1 lit. b KPVG).

Die Prämienverbilligung wird durch die Sozialversicherungsanstalt ausgerichtet. Die Gemeinden haben dafür nicht aufzukommen, und zwar auch dort nicht, wo aufgrund einer öffentlichen Unterstützung eine vollumfängliche Prämienverbilligung erfolgt.

Die Regierung hat in Art. 17 der VOzKPVG per 1. Januar 2013 Regelungen für die Festlegung der massgebenden Prämien erlassen. Danach werden die vom Bund pro Personenkategorie und Region festgelegten monatlichen Durchschnittsprämien für die obligatorische Krankenversicherung um 10 Prozent reduziert. Diese Festsetzung ist zu tief. Folge davon ist, dass die von der Regierung als massgebend festgesetzten Prämien häufig nicht mehr den effektiven, je nach Krankenkasse unterschiedlichen Grundversicherungsprämien der Versicherten im Einzelfall entsprechen. Folge davon ist auch, dass die Prämien der Grundversicherung auch bei öffentlicher Unterstützung durch die Prämienverbilligung nicht mehr gedeckt sind.

Mit Schreiben vom 6. Oktober 2014 an die Gemeinden hielten die Sozialversicherungsanstalt Graubünden, das Gesundheitsamt Graubünden sowie das Sozialamt Graubünden fest, dass im Falle einer öffentlichen Unterstützung die nicht durch die Prämienverbilligung gedeckten Prämien und die Kostenbeteiligungen (Selbstbehalte etc.) Bestandteil der Sozialhilfe seien, weshalb sie letztlich von den Gemeinden zu tragen seien. Dies aber widerspricht dem Sinn und Zweck der gesetzlich geregelten Prämienverbilligung, welche die Gemeinden gerade nicht für die Zahlung unbezahlter Prämien als zuständig erachtet hat.

Wegen dieses als „Präzisierung zu nicht bezahlten Prämien und Kostenbeteiligungen gemäss Art. 64a KVG“ bezeichneten Schreibens müssten je nach Gemeinde jährlich mehrere Tausend Franken zusätzlich zu den übrigen Sozialhilfeausgaben aus öffentlichen Mitteln ausgegeben werden. Dies führte dazu, dass den Gemeinden letztlich das Risiko der Krankenversicherer übertragen wird. Solches aber war nie Absicht des Gesetzgebers.

Die Unterzeichner fragen die Regierung deshalb an, ob sie bereit ist, die VOzKPVG in Art. 17 in Nachachtung von Sinn und Geist des Gesetzgebers zu korrigieren. Die Festsetzung der massgebenden Prämien ist derart vorzunehmen, dass auch bei öffentlichen Unterstützungen im Sinne von Art. 9 lit. b KPVG die effektiven Kosten der Grundversicherungen mit den Leistungen aus der Prämienverbilligung gedeckt sind. Damit müssten die Gemeinden entsprechend dem Willen des Gesetzgebers von vornherein nicht mehr zur Deckung von Versicherungsprämien herangezogen werden.

Chur, 22. Oktober 2014

Cavegn, Niederer, Caluori, Berther, Blumenthal, Bondolfi, Caduff, Casutt-Derungs, Della Vedova, Fasani, Florin-Caluori, Tenchio, Tomaschett (Breil), Geisseler, Sgier

Antwort der Regierung

Im Rahmen der Teilrevision des KPVG vom 1. September 2006 hat der Grosse Rat in Art. 7 Abs. 1 des Gesetzes über die Krankenversicherung und die Prämienverbilligung (KPVG; BR 542.100) die Regierung ermächtigt, die massgebenden Prämien für die Berechnung der Prämienverbilligung gegenüber den vom Bund festgelegten Durchschnittsprämien um bis zu fünfzehn Prozent zu reduzieren. In der Botschaft an den Grossen Rat zu dieser Teilrevision (Heft 4/2006-2007) führte die Regierung auf S. 301 f. und auf S. 306 aus, dass die Bezüger von Prämienverbilligung die Möglichkeit hätten, mit einem Wechsel zu einem anderen Versicherungsmodell (HMO, Hausärztemodell, Managed Care, etc.) die Reduktion zu kompensieren.

In Art. 17 Abs. 1 der Verordnung zum Gesetz über die Krankenversicherung und die Prämienverbilligung hat die Regierung festgelegt, dass für die Festlegung der massgebenden Prämien die vom Bund pro Personenkategorie und Region festgelegten Durchschnittsprämien für die obligatorische Krankenpflegeversicherung um zehn Prozent reduziert werden (VOzKPVG; BR 542.120).

Für 2014 ergaben sich dadurch folgende für die Prämienverbilligung massgebenden Prämien:



Gemäss den Ausführungen in der Anfrage soll es den Bezügern von vollumfänglicher Prämienverbilligung nicht möglich sein, mit den für die Prämienverbilligung massgebenden Prämien die ihnen in Rechnung gestellten Prämien zu bezahlen. Dem ist aber nicht so. Betrachtet man als Beispiel die Prämien der ÖKK, der Versicherung mit den meisten Bündner Versicherten, mit Managed Care, sind folgende monatlichen Prämien bei Minimalfranchise und mit Unfalldeckung geschuldet: 



Es zeigt sich, dass schon bei diesem Modell alle Prämien tiefer als die massgebenden Prämien sind. Es gibt daneben von verschiedenen Versicherern noch tiefere Angebote. Ausserdem sind bei höherer Franchise noch weitere Rabatte möglich.

Es ist somit sichergestellt, dass für die in Art. 9 Abs. 1 KPVG aufgeführten Personengruppen mit den reduzierten massgebenden Prämien eine vollumfängliche Prämienverbilligung garantiert ist, sofern die Bezüger, die bei einer günstigen Krankenversicherung versichert sind, ein alternatives Versicherungsmodell gewählt haben. Ist dies nicht der Fall, haben die Gemeinden es in der Hand, die unterstützten Personen zu einem Wechsel zu einer günstigeren Krankenversicherung beziehungsweise zu einem günstigeren Versicherungsmodell zu veranlassen. Ein solcher Wechsel ist gemäss KVG jeweils per Ende Juni und per Ende Jahr möglich. Nimmt eine unterstützte Person entgegen der Anordnung der Gemeinde den Wechsel nicht vor, kann die Gemeinde als Sanktion im Umfang der Differenz zwischen der tatsächlichen und der massgebenden Prämie eine Kürzung der der betreffenden Person zur Verfügung stehenden freien Mittel vornehmen.

Würden die effektiven Prämien für die Berechnung der Prämienverbilligung verwendet, würde der Anreiz für Bezüger von Prämienverbilligung, auf günstigere Versicherungsmodelle zu wechseln, wegfallen, was zu einer deutlich höheren Belastung für den Kanton führen könnte. Ausserdem wäre der administrative Aufwand deutlich höher, da für jeden Einzelfall noch die effektive Prämie in die Berechnung der Prämienverbilligung einfliessen müsste.

Die Regierung sieht aufgrund der vorstehenden Ausführungen keine Notwendigkeit zu einer Änderung der VOzKPVG im Sinne der Anfrage.

14. Januar 2015