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Session: 09.12.2014
Die Änderung des Bundesgesetzes über den Schutz der Gewässer (GSchG, Art. 36a) und der dazugehörigen Verordnung (GSchV, s. Art. 41a Abs. 2) in Bezug auf den Gewässerraum stellt viele Gemeinden vor Schwierigkeiten und die bauliche Entwicklung ist in manchen Fällen derart beeinträchtigt, dass den betroffenen Grundstückbesitzern auch wirtschaftlicher Schaden zugefügt wird.

Gemäss Art. 41a Abs. 2 GSchV muss die Breite des Gewässerraums mindestens betragen:
a) für Fliessgewässer mit einer Gerinnesohle von weniger als 2 m natürlicher Breite: 11 m;
b) für Fliessgewässer mit einer Gerinnesohle von 2-15 m natürlicher Breite: die 2,5-fache Breite der Gerinnesohle plus 7 m.

Gemäss einer Übergangsbestimmung der GSchV 1) legen die Kantone zudem den Gewässerraum gemäss Artikel 41a GSchV bis zum 31. Dezember 2018 fest und 2) solange sie den Gewässerraum nicht festgelegt haben, sind (abgesehen von Ausnahmen im öffentlichen Interesse) keine Bauten entlang von Gewässern erlaubt, auf einem beidseitigen Streifen mit einer Breite von je:
a) 8 m plus die Breite der bestehenden Gerinnesohle bei Fliessgewässern mit einer Gerinnesohle bis 12 m Breite;
b) 20 m bei Fliessgewässern mit einer bestehenden Gerinnesohle von mehr als 12 m Breite;
c) 20 m bei stehenden Gewässern mit einer Wasserfläche von mehr als 0,5 ha.

Bis zur Festlegung des Gewässerraums durch die zuständigen Behörden (Frist bis 31.12.2018) ist dieser gemäss obgenannter Übergangsbestimmung festgelegt.

Fragen:

1. Wie beurteilt die Regierung die infolge Änderung der zitierten eidgenössischen Bestimmungen, namentlich von Art. 41a Abs. 2 GSchV und der Übergangsbestimmungen, entstandene Situation?

2. Teilt die Regierung die Bedenken, dass die Umsetzung der zitierten Bestimmungen die bauliche Entwicklung in vielen Regionen unseres Kantons wesentlich beeinträchtigt, insbesondere in jenen Tälern, in welchen die Fliessgewässer nahe von Baugrundstücken verlaufen?

3. Teilt die Regierung die Auffassung, dass der Begriff "Fliessgewässer" zu vage ist und dass in manchen Fällen (z.B. kleine Kanäle oder - mit Ausnahme von Perioden mit starken Niederschlägen - ausgetrocknete Kanäle) Ausnahmen gerechtfertigt sind?

Chur, 9. Dezember 2014

Rosa, Pedrini, Fasani, Alig, Atanes, Blumenthal, Bondolfi, Burkhardt, Caduff, Casanova (llanz), Casanova-Maron (Domat/Ems), Casutt-Derungs, Caviezel (Davos Clavadel), Clalüna, Claus, Crameri, Danuser, Darms-Landolt, Davaz, Della Vedova, Dosch, Engler, Felix (Scuol), Foffa, Giacomelli, Gunzinger, Hardegger, Hartmann, Heiz, Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Hug, Jeker, Jenny, Joos, Kasper, Koch (Igis), Komminoth-Elmer, Kunz (Fläsch), Kunz (Chur), Kuoni, Lamprecht, Lorez-Meuli, Michael (Donat), Michael (Castasegna), Monigatti, Müller, Nay, Niederer, Niggli (Samedan), Niggli-Mathis (Grüsch), Noi-Togni, Papa, Paterlini, Pfäffli, Salis, Sax, Schutz, Steck-Rauch, Steiger, Stiffler (Chur), Tenchio, Thomann-Frank, Tomaschett-Berther (Trun), Toutsch, Troncana-Sauer, Valär, Vetsch (Pragg-Jenaz), Waidacher, Weber, Widmer-Spreiter, Wieland, Cahenzli (Trin Mulin), Heini, Tuor

Antwort der Regierung

1. Die Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 4. Mai 2011 der Eidgenössischen Gewässerschutzverordnung vom 28. Oktober 1998 (Gewässerschutzverordnung; GSchV; SR 814.201) sind seit deren Erlass sofort anwendbar. Die darin enthaltenen Bestimmungen wurden vom Bundesrat bewusst so formuliert, dass der Raumbedarf in vielen Fällen grösser ist als bei den definitiv in der Nutzungsplanung festzulegenden Gewässerräumen. Dieser Ansatz soll den Gemeinden als Anreiz dienen, die Gewässerräume so rasch wie möglich, jedoch spätestens bis Ende 2018 festzulegen. Um Planungssicherheit zu erlangen, empfiehlt die Regierung den Gemeinden eine umgehende Festlegung der Gewässerräume in der Nutzungsplanung.

Im Übrigen wurde durch den Kanton Graubünden, in Anlehnung an Art. 21 der Verordnung über den Wasserbau vom 2. November 1994 (Wasserbauverordnung; WBV; SR 721.100.1), der Raumbedarf der Gewässer für die grossen Talflüsse bereits einmal bestimmt. Das Raumplanungsgesetz für den Kanton Graubünden vom 6. Dezember 2004 (KRG; SR 801.100) sieht in Art. 78 Abs. 2 zudem einen Gewässerabstand vor, der von Bauten und Anlagen eingehalten werden muss. Der berechnete Raumbedarf und die Abstandsregelungen waren zum Teil deutlich grösser als dies die neuen Bestimmungen vorsehen.

2. Bereits vor den Änderungen der Gewässerschutzgesetzgebung mussten die Gemeinden gemäss dem Raumplanungsgesetz für den Kanton Graubünden Gewässerabstandslinien definieren. Wo diese fehlten, mussten Bauten und Anlagen einen definierten Gewässerabstand einhalten. Die neuen Bestimmungen verpflichten die Gemeinden dazu, die Gewässerräume bis Ende 2018 in der Nutzungsplanung festzulegen. Bei der Festlegung der Gewässerräume ist eine gewisse Flexibilität gegeben (z.B. Verringerung des Gewässerraumes in dicht überbauten Gebieten oder laterale Verschiebungen). Innerhalb der Siedlungsgebiete führen die neuen Gewässerschutzbestimmungen zu keiner wesentlichen Beeinträchtigung der baulichen Entwicklung der Gemeinden. Es gilt zudem die Besitzstandsgarantie. Die definitive Festlegung der Gewässerräume in der Nutzungsplanung gibt den Gemeinden Planungssicherheit. Es ist aber nicht auszuschliessen, dass in Einzelfällen Bauprojekte vor allem ausserhalb der Bauzone und entlang Gewässern ohne die neuen Gewässerschutzbestimmungen anders aussehen würden.

3. Der Begriff Fliessgewässer oder "oberirdisches Gewässer" ist in Art. 4 lit. a des Bundesgesetztes über den Schutz der Gewässer vom 24. Januar 1991 definiert (Gewässerschutzgesetzes; GSchG; SR 814.20). Der Erläuternde Bericht vom 20. April 2011 und Art. 41a Abs. 5 der Gewässerschutzverordnung enthält Vorgaben, welche Fliessgewässer berücksichtigt werden müssen und unter welchen Bedingungen auf die Ausscheidung des Gewässerraumes verzichtet werden kann. Auf die Ausscheidung des Gewässerraumes bei kleinen Fliessgewässern, die nicht in der Landeskarte 1:25 000 verzeichnet sind, kann verzichtet werden, soweit keine überwiegenden Interessen entgegenstehen. Es muss jedoch in jedem Fall sichergestellt werden, dass die Gewässer ihre natürlichen Funktionen gemäss Artikel 36a GSchG erfüllen können. Der Leitfaden "Gewässerraumausscheidung Graubünden", der durch das Amt für Natur und Umwelt in Zusammenarbeit mit anderen Amtsstellen ausgearbeitet wurde, fasst diese Grundlagen zusammen und weist die Planungsbüros und die Gemeinden auf die Methodik hin, wie die Gewässerräume in der Nutzungsplanung festgelegt werden müssen.

19. Februar 2015