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Session: 20.10.2015
Die Region Heinzenberg/Domleschg gehört gemäss Raumkonzept zum suburbanen Raum, für den das Ziel festgelegt wurde, ihn als Träger und Impulsgeber der wirtschaftlichen Entwicklung zu stärken. Die Region Albula mit Tiefencastel als Regionalzentrum liegt inmitten der touristischen Hotspots Lenzerheide, Davos und Savognin. Die Förderung des öffentlichen Verkehrs (ÖV) in diesen Regionen ist deshalb zentral, was im Raumkonzept ebenfalls als Stossrichtung formuliert worden ist.

Die RhB, welche in diesen Regionen die Haupterschliessung erbringt, bezeichnet sich selber als „leistungsstarkes Unternehmen im Freizeit-, Pendler- und Güterverkehr“ und hat sich in seiner Strategie „RhB 2020“ zum Ziel gesetzt, gegenüber der Strasse konkurrenzfähiger zu werden. Mit dem Konzept „Retica 30“, das von der Regierung genehmigt wurde, soll der Halbstundentakt „auf den Hauptlinien der RhB“ eingeführt werden. Die Linie Chur-Thusis-Tiefencastel gehört offenbar aber nicht zu diesen Hauptlinien.

Gleichzeitig gehören Thusis und Umgebung zum Versorgungsgebiet des kantonalen Hauptzentrums Chur. Ausschlaggebend für diese Perimeterdefinition sind die Zusammenhänge im Siedlungsgebiet, die Pendlerbeziehungen und wirtschaftliche Verflechtung sowie der eindeutige systemische Zusammenhang des ÖV-Netzes. Bereits heute ist festzustellen, dass dieser Teil des ÖV-Funktionsraums Chur gemäss ÖV-Güteklassen unterversorgt ist, sowohl im Vergleich mit dem übrigen Teil desselben Funktionsraums als auch mit anderen Regionalzentren wie Ilanz und Schiers. Für Tiefencastel als Regionalzentrum der Region Albula ist die Versorgung noch schlechter. Dies bezieht sich sowohl auf die Häufigkeit als auch auf die Reisezeit der Verbindungen. Zudem sind die Anschlüsse in die touristischen Destinationen Savognin und Lenzerheide kaum gewährleistet. Die Region Albula braucht deshalb eine Stärkung und Verbesserung in der Erreichbarkeit, um konkurrenzfähig und attraktiv als Wohn-, Arbeits- und Ferienregion zu sein.

Die Unterversorgung wird in Zukunft zunehmen. Die Bevölkerung vor allem im Talboden und in der Nähe von Zentren wie Thusis und Tiefencastel wächst. Zudem entstehen neue Arbeitsplätze, beispielsweise mit dem Bau der Justizvollzugsanstalt in Realta. Dieses Bevölkerungs-, Arbeitsplatz- und somit Pendlerwachstum wird die Verkehrsnachfrage erhöhen. Um die Entwicklung zu beschleunigen, braucht es eine Verbesserung beim ÖV in den Regionen Viamala und Albula.

Mit dem Mobilitätstrend wird sich das Pendlereinzugsgebiet zudem weiter ausdehnen. Die A13 stösst insbesondere zwischen Chur und Thusis an die Grenzen. Für die Standortattraktivität und wirtschaftliche Entwicklung in den Regionen Albula und Viamala ist das ein Problem. Es braucht deshalb eine mit der Strasse konkurrenzfähige halbstündliche Zugsverbindung von Tiefencastel und Thusis nach Chur, auch um die Abnahme der halbstündlichen SBB-Anschlüsse und damit die Verbindung in den Grossraum Zürich zu garantieren.

Die Unterzeichnenden beauftragen deshalb die Regierung, die Möglichkeiten für einen zur Strasse konkurrenzfähigen Halbstundentakt zu den Hauptverkehrszeiten zwischen Chur, Thusis und Tiefencastel zu prüfen, d.h. eine Verbindung unter 45 Minuten zwischen Chur und Tiefencastel und unter 30 Minuten zwischen Chur und Thusis.

Chur, 20. Oktober 2015

Kunfermann, Crameri, Albertin, Alig, Blumenthal, Bucher-Brini, Burkhardt, Caluori, Casutt-Derungs, Cavegn, Clavadetscher, Danuser, Epp, Florin-Caluori, Hitz-Rusch, Joos, Kasper, Kunz (Chur), Niederer, Noi-Togni, Paterlini, Pfenninger, Schutz, Thomann-Frank, Tomaschett-Berther (Trun), Degiacomi, Sgier, Sonder

Antwort der Regierung

Im Rahmen des Angebotskonzepts Retica 30 und des damit verbundenen integralen IC-Halbstundentakts Zürich-Chur soll auf dem Netz der Rhätischen Bahn (RhB) der 30 Minuten-Takt dort eingeführt werden, wo die heutige Nachfrage oder das künftige Potential als hoch eingestuft wird. Auf das Domleschg trifft dies aber nur bedingt zu. Deshalb ist hier zur Zeit geplant, den Takt zwischen Chur und Rhäzüns so anzupassen, dass ein echter Halbstundentakt mit der Bahn nur bis Rhäzüns entsteht und dieser durch Busverbindungen Richtung Thusis verlängert und ergänzt wird.

Thusis verfügt bereits heute über einen alternierenden Bahn-/Bus-Halbstundentakt Richtung Chur zur Minute ..06 bzw. ..36. Diese Lösung hat zudem den Vorteil, dass die Busse zusätzlich die Feinerschliessung der Ortschaften zwischen Thusis und Rhäzüns sicherstellen können. Der öV-Fahrplan im Domleschg ist heute also auf ein gemeinsames Angebot mit dem Postauto abgestimmt. So ist es den Reisenden unter anderem möglich, in Thusis und Rhäzüns ohne lange Wartezeiten auf die Postautoverbindungen in verschiedenste Richtungen umzusteigen. Mit der bestehenden Bahn-Infrastruktur kann dieses Angebotskonzept nicht entscheidend verbessert werden. Dies hat die Regierung mit der Beantwortung der Anfrage Kunfermann in der Augustsession 2015 betreffend Einführung des Halbstundentakts zwischen Thusis und Chur bereits einmal deutlich dargelegt (vgl. GRP Augustsession 2015/2016, S. 211 ff.). Daran hat sich zwischenzeitlich nichts geändert.

Die Fahrzeit von Chur nach Thusis beträgt heute mit dem Regional-Express (RE) bzw. mit der S-Bahn 30 bzw. 35 Minuten. Bis Tiefencastel beträgt die Fahrzeit mit dem RE 47 Minuten. Die relativ kurzen Fahrzeiten mit dem RE können nur dank einer restriktiven Haltepolitik eingehalten werden. Die geforderten Reisezeiten von 30 Minuten nach Thusis und 45 Minuten nach Tiefencastel könnten also nur über eine zusätzliche RE-Verbindung gewährleistet werden. Die prognostizierten Fahrgastfrequenzen bis 2030 erweisen sich aber als zu gering, um eine zweite RE-Verbindung zu etablieren. Zudem wären für die Gewährleistung der kurzen Fahrzeiten Infrastrukturausbauten im Domleschg und zusätzliches Rollmaterial notwendig. Ebenfalls durch die RhB geprüft wurde eine Einführung eines Halbstundentakts der S-Bahn bis Thusis. Aufgrund der überwiegenden Einspurabschnitte kann auch die zweite S-Bahn, welche heute von Chur bis Rhäzüns verkehrt, nicht ohne Infrastrukturausbauten bis Thusis verlängert werden, ausser unter Inkaufnahme von deutlich längeren Fahrzeiten für die zusätzlichen S-Bahnen. Ein Doppelspurausbau im Domleschg wurde bereits früher geprüft. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis wurde als ungenügend beurteilt und das Projekt deshalb nicht weiter verfolgt. Noch deutlicher akzentuiert sich das schlechte Kosten-Nutzen-Verhältnis bei einer Weiterführung der S-Bahn in Richtung Tiefencastel. Aufgrund des hohen Einspuranteils würde sich ohne Infrastrukturausbauten die Fahrzeit deutlich erhöhen. Zudem wäre für die Bedienung von Tiefencastel (auch bei einem allfälligen Infrastrukturausbau) zusätzliches Rollmaterial nötig, was die Weiterführung auch aus wirtschaftlicher Sicht ungünstig erscheinen lässt.

Der Kanton überprüft - wie bereits bei der Anfrage Kunfermann dargelegt - zusammen mit der RhB im Rahmen des Ausbauschritts 2030 des strategischen Entwicklungsprogramms der Bahninfrastruktur des Bundes (STEP 2030) das Gesamtsystem S-Bahn Chur. In die Gesamtbetrachtung des Bahn- und Busangebots fällt auch ein optimiertes öV-Angebotskonzept für die Agglomeration Chur inklusive Mittelbünden. Es ist aber derzeit noch verfrüht für eine Einschätzung, in welche Richtung das S-Bahn-System entwickelt werden kann. Überdies ist darauf hinzuweisen, dass jede Art von Angebotsausbau höhere Abgeltungskosten zur Folge hat, deren Finanzierung sich als schwieriges Unterfangen erweisen würde.

Aus den oben genannten Gründen beantragt die Regierung, den Auftrag abzulehnen.

10. Dezember 2015