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Session: 09.12.2015
Die finanzpolitischen Erwartungen des Kantons Graubünden sehen düster aus: Mit Blick auf die von der Regierung vorgelegte Finanzplanung, die sich im Kanton abschwächende Konjunktur, namentlich in den Berggebieten, in Erwartung der Unternehmungssteuerreform III, dem Ausfall von Wasserzinsen und dem sich abzeichnenden härteren Kampf um den Eidg. Finanzausgleich ist es angezeigt, die Finanzen wieder und rasch in die schwarzen Zahlen zu führen, um auf schwierigere Zeiten vorbereitet zu sein. Die Finanzpläne 2018 und 2019 zeigen Defizite von CHF 73 Mio. und von CHF 89 Mio. Vom Bund her dürfte keine Hilfe zu erwarten sein, weil generell auch der Bund in knappere Finanzen kommt.

Dies alles macht es nach dem Willen der Unterzeichnenden notwendig, frühzeitig Massnahmen einzuleiten, um die eigene Handlungsfreiheit zu wahren. Konkret verlangen die Unterzeichnenden von der Bündner Regierung, dass kommende Budgets nachhaltige Minderausgaben von mindestens CHF 50 Mio. vorsehen.

Im 2003 legte die Regierung dem Grossen Rat ein umfassendes Sparpaket vor. Der Grosse Rat hat diesem zugestimmt. In der Folge davon konnte der Kanton seine Finanzen ins Lot bringen. Nicht geplante Mehreinnahmen trugen das ihre dazu bei.

Heute, nach 12 Jahren, drängt es sich auf, dass aufgrund der nun wiederum schlechteren Finanzlage, ohne dass auf ungeplante Mehreinnahmen gebaut werden kann, eine neuerliche Überprüfung der Aufgaben und Ausgaben anzugehen.

Die unterzeichnenden Grossräte beauftragen hiermit die Regierung, in Anlehnung an das Vorgehen im 2003 eine erneute Aufgaben- und Leistungsüberprüfung dem Grossen Rat zum Beschluss im Detail vorzulegen. Die Spar- und Strukturvorschläge sollen über alle Departemente und Aufgaben erarbeitet werden. Im Besonderen ist der Schwerpunkt „Sozialziele und Schwelleneffekte“ voranzutreiben, welcher bekanntlich ein grosses Sparpotenzial beinhaltet. Im Ergebnis ist die Vorlage so zu erarbeiten, dass die Erfolgsrechnung innerhalb der heute gültigen Finanzkennzahlen abgeschlossen werden kann.

Chur, 9. Dezember 2015

Kunz (Chur), Koch (Igis), Giacomelli, Alig, Brandenburger, Burkhardt, Casanova-Maron (Domat/Ems), Caviezel (Davos Clavadel), Claus, Davaz, Dudli, Engler, Gunzinger, Hartmann, Heiz, Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Hug, Jenny, Kasper, Kunz (Fläsch), Kuoni, Marti, Mathis, Michael (Castasegna), Nay, Niggli (Samedan), Rosa, Salis, Schutz, Steck-Rauch, Steiger, Stiffler (Chur), Thomann-Frank, Tomaschett (Breil), Toutsch, Troncana-Sauer, Valär, Vetsch (Pragg-Jenaz), Waidacher, Weber, Wieland, Costa, Natter

Antwort der Regierung

Kantonsverfassung und Finanzhaushaltsgesetz verpflichten den Kanton, den Haushalt im Gleichgewicht zu halten. Strukturelle Defizite sind zu vermeiden. Die Finanzpolitik ist konsequent so auszurichten, dass die finanzpolitischen Richtwerte des Grossen Rates im Budget und in der Rechnung eingehalten werden können. Der Auftrag Kunz verfolgt dieses Ziel ebenfalls. Die Regierung unterstützt die Zielrichtung des Vorstosses. Massgebend sind dabei nicht die heute gültigen Finanzkennzahlen, sondern die vom Grossen Rat für die Jahre 2017–2020 neu gefassten Richtwerte. Die Zielerreichung erfordert zudem ein auf die aktuellen Verhältnisse massgeschneidertes Vorgehen und keine Wiederholung des Entlastungsprogramms 2003.

Die Phase der hohen Ertragsüberschüsse in den Jahresrechnungen neigt sich mit dem laufenden Jahr 2016 dem Ende zu. Spätestens ab dem Jahr 2017 ist mit Rechnungsdefiziten zu rechnen. Daran ändert auch der sehr gute Abschluss im 2015 nichts. Gegenüber der Rechnung 2015 wird im 2016 trotz vergleichbar hohem Budgetdefizit voraussichtlich eine Verschlechterung um mindestens 60 Millionen Franken eintreten. Dafür verantwortlich sind allein vier Positionen; die nur einmalige Gewinnausschüttung der Nationalbank (Fr. 16 Mio.), der verminderte Anteil am Ressourcenausgleich des Bundes (Fr. 15 Mio.), die Einführung der Bündner Finanzausgleichsreform (Fr. 15 Mio. zulasten allgemeiner Haushalt) sowie die Zunahme der grössten Beitragspositionen (Fr. 15 Mio. in den Bereichen IPV, Sonderpädagogik, Wald und Wirtschaftsförderung). Das Jahr 2016 wird die Erfahrung bestätigen, wonach die Rechnungs-Budget-Differenzen in Zeiten mit angespannter Haushaltslage geringer werden.

Der Kanton wird um Entlastungsmassnahmen nicht umhinkommen. Zurzeit lässt sich das erforderliche Entlastungsvolumen jedoch nicht schlüssig festlegen. Der offizielle Finanzplan 2017–2020 zeigt ab 2018 Defizite in der Grössenordnung von 90 Millionen. Diese Zahlen sind mit grosser Unsicherheit behaftet. Unter den gegebenen Rahmenbedingungen ist es weder zweckmässig noch politisch durchsetzbar, dem Grossen Rat bereits zum jetzigen Zeitpunkt vorsorglich ein umfassendes Entlastungsprogramm vorzulegen.

Die Regierung hat das Vorgehen zur Sicherstellung des Haushaltsgleichgewichts in der Botschaft zum Regierungsprogramm und Finanzplan 2017–2020 dargelegt (Botschaft Heft Nr. 12/2015-2016, Seite 884f.). Sie beabsichtigt ein flexibles und schrittweises Vorgehen mit drei Prioritätsstufen. Der Grosse Rat hat darüber in der Februarsession 2016 ausgiebig diskutiert. Er hat die für die bevorstehende Periode relevanten finanzpolitischen Richtwerte wie von der Regierung beantragt beschlossen.

Die Hauptursache für die getrübten Aussichten liegt bei der Ausgabenseite. Ein beachtlicher Teil der Mehrbelastungen der letzten Jahre ist die Folge von Gesetzesrevisionen (insbesondere Justizreform, Pflegefinanzierung, Spitalfinanzierung, Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde, Schulgesetz, FA-Reform, Mittelschulgesetz). Diese Revisionen belasten den Kanton jährlich um mehr als 60 Millionen. Es stehen weitere Revisionsvorlagen mit Folgekosten an.

Der Kantonshaushalt ist und wird immer mehr zu einem Transferhaushalt. Die Beiträge an Gemeinwesen und Dritte bilden im Budget 2016 mit über 888 Millionen (ohne Finanzausgleich für Gemeinden) den Löwenanteil der Gesamtaufwendungen der Erfolgsrechnung. Diese beitragsbedingten Ausgaben haben sich seit dem Jahr 2010 von 762 Millionen um 126 Millionen erhöht. Sie bilden auch in der Zukunft den grossen Kostentreiber und erreichen im Finanzplanjahr 2020 ein Volumen von 960 Millionen. Diese weitere Zunahme um über 70 Millionen betrifft vor allem den Gesundheits-, Sozial- und Fachhochschulbereich. Die Beiträge übertreffen den Personalaufwand (Budget 2016 Fr. 368 Mio.) sowie den Sach- und übrigen Betriebsaufwand (Fr. 308 Mio.) bei Weitem. Substanzielle Einsparungen sind damit nur möglich, wenn die Beiträge an Dritte prioritär einbezogen werden, was zwangsläufig schmerzhafte Einschnitte bedeutet. Dies gilt auch für die vom Schwerpunkt "Sozialziele und Schwelleneffekte" betroffenen Bereiche. Hier werden sich nur mit einer Zielsenkung und Reduktion des Leistungsniveaus Einsparungen realisieren lassen.

Die Regierung ist bereit, den eingereichten Auftrag im Sinne der vom Grossen Rat geführten Diskussion und der vorstehenden Ausführungen anzunehmen. Mit erster Priorität ist höchste Ausgabendisziplin beim Budget und bei allen Gesetzesrevisionen geboten. Regierung und Grosser Rat haben gemeinsam sicherzustellen, dass keine untragbaren Lasten entstehen. Sobald in einer Jahresrechnung ein hohes Defizit vorliegt und sich zugleich für die kommenden Jahre strukturelle Defizite abzeichnen, wird die Regierung dem Grossen Rat ein umfassendes Entlastungsprogramm unterbreiten.

04. März 2016