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Session: 19.10.2016

Die Spezialisten des Cercl’Air (Vereinigung der schweizerischen Behörden- und Hochschulvertreter im Bereich Luftreinhaltung) stellen fest, dass sich die Luftqualität an vielen Orten nur zögerlich verbessert. Namentlich in städtischen Ballungsräumen und entlang stark befahrener Strassen hat sich die Belastung mit gesundheitsschädigenden Stickoxiden (NOx) in den letzten zehn Jahren kaum verringert. In Graubünden sind davon v.a. das Prättigau oder die Talschaften entlang der A13 betroffen.

 

Der Dieselskandal hat aufgezeigt, dass die Autoindustrie über Jahre betrogen hat und Autos in Umlauf brachte, die im Normalbetrieb weit grössere Mengen an Luftschadstoffen ausstossen als bei der Zertifizierung im Labortest. Fast alle untersuchten Autos verschiedenster Marken stiessen im Realbetrieb auf der Strasse Stickoxidmengen aus, die weit über den gesetzlichen Grenzwerten liegen. Bei einigen Autos wurden sogar 10-fache Überschreitungen gemessen. Diese Tatsache trägt zusätzlich zur Stickoxidbelastung bei.

 

Die EU hat im Februar 2016 neue Abgasbestimmungen beschlossen. Ab 1. September 2017 werden RDE-Tests (Real Drive Emissions) durchgeführt. Das sind Messungen im realen Strassenverkehr als Voraussetzung für die Typengenehmigung von Personenwagen. Diese Bestimmungen gelten auch für die Schweiz. Damit dürfte sich die Situation jedoch nur langsam verbessern. Denn erst ab September 2019 gelten die neuen Zulassungsbestimmungen für neue Dieselfahrzeuge.

 

Die öffentliche Hand ist in der Schweiz eine bedeutende Beschafferin von Fahrzeugen, mit direkten Folgen für die Lufthygiene. Kanton und Gemeinden können durch Beschaffung von sauberen Autos zur Luftreinhaltung beitragen und damit eine wichtige Vorbildfunktion ausüben.

 

Es stellen sich in diesem Zusammenhang folgende Fragen:

 

1. Wie viele Dienstfahrzeuge hat der Kanton Graubünden gelöst?

 

2. Wie viele davon sind mit Dieselmotoren ausgerüstet?

 

3. Wie geht der Kanton mit seinen eigenen Dieselfahrzeugen im Zuge des Dieselskandals um?

 

4. Ist die Regierung bereit, zu Gunsten der Luftreinhaltebemühungen auf die Beschaffung neuer Fahrzeuge mit Dieselantrieb zu verzichten, die noch nicht die ab 1. September 2017 geltenden Abgasnormen erfüllen?

 

5. Ist die Regierung bereit, den Gemeinden, der Bevölkerung und den privaten Flottenbetreibern eine entsprechende Empfehlung zu kommunizieren?

 

Chur, 19. Oktober 2016

 

Thöny, Deplazes, Atanes, Baselgia-Brunner, Bucher-Brini, Cahenzli-Philipp, Caviezel (Chur), Gartmann-Albin, Jaag, Locher Benguerel, Monigatti, Müller, Niederer, Perl, Pult, von Ballmoos, Degiacomi, Horrer, Vassella

Antwort der Regierung

Wie in der Anfrage angesprochen, gibt es Differenzen zwischen den Emissionen im Normalbetrieb und denjenigen bei den Prüfzyklen. Nicht davon betroffen ist der kantonale Emissionskataster, welcher auf Emissionsfaktoren beruht, die mit Messungen von realen Fahrzyklen gewonnen werden. Der Emissionskataster 2010 weist aus, welche Quellengruppe wo im Kanton welche Menge Luftschadstoffe ausstösst, und schätzt deren zeitliche Entwicklung zwischen 2000 und 2020 ab.

Die kantonalen Dienststellen sind aufgrund des Regierungsbeschlusses vom 10. Juli 2012, Protokoll Nr. 717, seit dem 1. Januar 2013 verpflichtet, ihre Fahrzeuge in der Flottenverwaltungssoftware eco-fleet zu führen. Dabei werden sowohl die Stammdaten der Fahrzeuge hinterlegt als auch die realen Verbrauchsdaten während jedes Jahres. Damit besteht ein Controlling der Verbrauchs- und der CO2-Emissionswerte. Auf diese Weise nicht ermittelt bzw. überprüft werden können allerdings die Emissionen an NOx, VOC-, Partikel und NH3 – im Falle von Fahrzeugen mit einer Entstickung –, da diese nicht direkt vom Verbrauch, sondern von der Betriebsart und von der Einsatzdauer abhängen. Bei der Fahrzeugbeschaffung wird auf die Datengrundlage in eco-fleet zurückgegriffen, indem Typen nachbeschafft oder empfohlen werden, die im Alltagsbetrieb auch halten, was die Herstellerangaben versprechen.

Beantwortung der Fragen

1. Für die Zentralverwaltung sowie die Anstalten hat der Kanton 498 Personen- und Lieferwagen eingelöst (Angaben des Strassenverkehrsamts, Stand 19. Dezember 2016).

2. Davon sind 350 Personen- und Lieferwagen mit Dieselmotoren ausgerüstet.

3. Neben eco-fleet existieren Empfehlungen zur nachhaltigen Fahrzeugbeschaffung, welche laufend dem aktuellen Wissensstand angepasst werden (letzte Aktualisierung im November 2016). Diese Empfehlungen sind auf den Homepages des Bau-, Verkehrs- und Forstdepartements und des Amts für Natur und Umwelt aufgeschaltet. Darüber hinaus hat die Regierung den Bericht "Chancen der Elektromobilität für den Kanton Graubünden, Erweiterter Schlussbericht 26. Juni 2015" genehmigt und konkrete Massnahmen der Prioritätsstufe 1 zugewiesen (Regierungsbeschluss vom 8. September 2015; Protokoll Nr. 784). Dabei handelt es sich um eine Ist-Analyse, die Anpassung der Beschaffungskriterien sowie die Schaffung von Ladestellen bei Amtsbauten. Beim Projekt "Verwaltungszentrum Sinergia" werden im Sinne dieser Massnahmenumsetzung Ladestationen sowohl für E-Bikes, E-Roller als auch für E-Autos in genügender Anzahl eingeplant. Ergänzend dazu laufen zurzeit Abklärungen, ob und in welchem Masse die Fahrzeugflotten elektrifiziert werden können.

4. Ein genereller Verzicht auf eine Fahrzeugart stellt aktuell keine Lösung dar. Benzinbetriebene Fahrzeuge sind heute wegen der hochverdichteten Direkteinspritzungen lufthygienisch problematischer als Dieselfahrzeuge mit geschlossenen Partikelfiltersystemen. Der Kanton wird weiterhin in jedem Einzelfall fundiert abklären, welches Bedürfnis besteht und mit welchem Fahrzeug (bezüglich Motorisierung und Antriebsart) dieses am besten abgedeckt werden kann. Dabei wird auch die Elektro-Mobilität zunehmend in die Prüfung einbezogen werden.

5. Es wäre sachlich nicht korrekt, eine entsprechende Empfehlung abzugeben. Die Empfehlungen zur nachhaltigen Fahrzeugbeschaffung ("Nachhaltige Beschaffung, Hinweise und Grundlagen") sind, wie unter Antwort 3 ausgeführt, der Öffentlichkeit bereits zugänglich.

12. Januar 2017