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Session: 06.12.2016

Im Budget 2017 beschreibt das AWT den Produktgruppenbericht wie folgt: „Der Kanton fördert die wirtschaftliche Entwicklung auf seinem Gebiet. Gestützt auf das Wirtschaftsentwicklungsgesetz in Graubünden konzentriert er sich dabei insbesondere auf die Förderung von Projekten in den Bereichen Innovation, Standortentwicklung und Tourismus.“

Als Wirkungsziel steht: „Durch die kantonale Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung ist die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes gesteigert, die Wertschöpfung im Kanton erhalten und erhöht. Bestehende Arbeitsplätze sind gesichert und neue geschaffen.“

Tatsache ist, dass Aufträge, welche nicht öffentlich ausgeschrieben werden müssen, nicht nur in Graubünden, sondern auch ausserkantonal vergeben werden. Bei den im Kanton vergebenen Aufträgen werden Teile des Auftrags wiederum weiter vergeben, oftmals ausserkantonal. Das Wirkungsziel wird somit insofern nicht erreicht, weil ein Teil der Wertschöpfung wieder abwandert und Stellen im besten Fall gehalten, aber kaum neue geschaffen werden können.

Daraus resultieren folgende Fragen:

1. Was sind die Gründe der Vergaben, welche vom AWT direkt ausserkantonal vergeben werden? Gibt es Qualitätsunterschiede, welche diese Entscheide rechtfertigen?

2. Hat die Regierung Kenntnis davon, dass von den Aufträgen, welche an Bündner Partner vergeben werden, Teile davon wiederum ausserkantonal weitervergeben werden?

3. Wenn Nein, gedenkt die Regierung dem nachzugehen?

4. Wenn Ja:
a) Unterstützt die Regierung dieses Vorgehen oder gedenkt sie dieser verlorenen Wertschöpfung in Zukunft mit geeigneten Massnahmen entgegenzuwirken?
b) Was sind die Gründe, warum Bündner Partner Teile der Aufträge wiederum ausserkantonal weitervergeben?

5. Die Unterzeichnenden bitten die Regierung um eine Auflistung aller erteilten Aufträge der letzten fünf Jahre mit Benennung der Bereiche und Zielerreichung. Wie viele davon wurden ausserkantonal vergeben? Wie viele der im Kanton erteilten Aufträge haben ausserkantonale Folgeaufträge ausgelöst?

Chur, 6. Dezember 2016

Stiffler (Chur), Niggli-Mathis (Grüsch), Dermont, Aebli, Alig, Berther (Disentis/Mustér), Bondolfi, Burkhardt, Caduff, Caluori, Casanova-Maron (Domat/Ems), Casty, Caviezel (Davos Clavadel), Claus, Darms-Landolt, Dosch, Engler, Felix (Scuol), Foffa, Grass, Hardegger, Heiz, Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Hug, Jeker, Jenny, Kappeler, Kasper, Koch (Tamins), Kollegger, Komminoth-Elmer, Kunfermann, Kunz (Chur), Lorez-Meuli, Marti, Michael (Castasegna), Müller, Nay, Niggli (Samedan), Papa, Paterlini, Salis, Schutz, Steck-Rauch, Stiffler (Davos Platz), Tenchio, Thomann-Frank, Troncana-Sauer, Valär, Vetsch (Klosters Dorf), von Ballmoos, Waidacher, Weber, Weidmann, Widmer-Spreiter, Wieland, Antognini, Berther (Segnas), Derungs, Erhard, Lombardi, Pfister, Wellig

Antwort der Regierung

Soweit es die rechtlichen Rahmenbedingungen erlauben, ist die Regierung bestrebt, Aufträge innerhalb des Kantons zu vergeben. Dies zeigt sich in den langjährigen Vergabestatistiken, gemäss denen im Kanton Graubünden bei den weitaus meisten Beschaffungen der öffentlichen Auftraggeber einheimische Anbieter berücksichtigt werden konnten. Die vorliegende Anfrage fokussiert allerdings auf die Vergabe von Aufträgen, die nicht öffentlich auszuschreiben sind, und beschränkt sich auf das Amt für Wirtschaft und Tourismus (AWT).

Das Beschaffungswesen bzw. die Vergabe von Aufträgen kann nicht direkt mit den Fördermöglichkeiten gestützt auf das Wirtschaftsentwicklungsgesetz verglichen werden, werden doch damit verschiedene Zwecke verfolgt. Beim Beschaffungswesen tritt der Kanton grundsätzlich auf dem freien Markt als Nachfrager auf und erwirbt gegen Bezahlung eines Preises die erforderlichen Leistungen, die er zur Ausführung seiner öffentlichen Aufgaben benötigt. Vorrangiges Ziel ist dabei der wirtschaftliche Einsatz öffentlicher Mittel und somit das Erlangen des besten Preis-Leistungsverhältnisses. Bei der Wirtschaftsförderung hingegen werden insbesondere Beiträge und Darlehen an Dritte ausgerichtet, um Wertschöpfung im Kanton zu erzielen.

Zu Frage 1: Gründe für eine ausserkantonale Auftragsvergabe können etwa das spezifische Wissen oder die Erfahrung des Anbieters und des eingesetzten Personals, vorhandene Referenzen, die Projektorganisation bzw. -abwicklung oder bereits früher erstellte Konzepte oder Auftragsanalysen sein. Die speziellen Fähigkeiten oder Eigenschaften eines Anbieters rechtfertigen im Einzelfall auch bei nicht öffentlich auszuschreibenden Aufträgen die Berücksichtigung ausserkantonaler Anbieter. Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit ist selbstredend auch bei diesen kleineren Auftragsvergaben zu beachten.

Zu Frage 2: Es liegt bezüglich des nicht öffentlich auszuschreibenden Auftragsvolumens des AWT kein Überblick vor, ob und in welchem Ausmass bei an Bündner Anbieter erteilten Aufträgen Teile davon ausserkantonal weitervergeben wurden. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass die Untervergabe von Aufträgen gemäss kantonaler Submissionsgesetzgebung grundsätzlich nur mit Zustimmung des Auftraggebers und nur für untergeordnete oder spezielle Leistungen erfolgen darf. Zudem erfolgt die Auftragsvergabe bei Dienstleistungen im Allgemeinen aufgrund des spezifischen Wissens des Auftragnehmers. Entsprechend kommt es bei den ohne öffentliche Ausschreibung vergebenen Aufträgen des AWT in der Regel nicht zu Untervergaben.

Zu Frage 3: Sowohl die Regierung als auch die Verwaltung sind sich der volkswirtschaftlichen Bedeutung des Kantons als Auftraggeber sehr bewusst und berücksichtigen nach Möglichkeit einheimische Unternehmen. Eine generelle Vorgabe des Kantons, dass Untervergaben in jedem Fall an kantonale Anbieter zu erfolgen hätten, würde sich als wettbewerbsrechtlich problematisch und auch in sachlicher Hinsicht als nicht zielführend erweisen. Je nach Auftrag ist der Beizug von ausserkantonalen Unternehmen aus Gründen des Know-Hows notwendig. Würde diese Möglichkeit generell untersagt, könnte unter Umständen ein kantonaler Hauptanbieter nicht berücksichtigt werden.

Die Regierung wird im Übrigen unabhängig von der vorliegenden Anfrage nach Abschluss der laufenden Totalrevision des schweizerischen Vergaberechts und in Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse der eidgenössischen Wettbewerbskommission im Baubereich den beschaffungsrechtlichen Spielraum nochmals ausloten (s. dazu Auftrag Felix, Haldenstein, betreffend volkswirtschaftliche Bedeutung des öffentlichen Beschaffungswesens).

Zu Frage 4: vgl. die Antworten zu den Fragen 2 und 3.

Zu Frage 5: Das AWT hat in den fünf Jahren zwischen 2012 und 2016 gemäss seinem internen Controlling-Tool (Wicon) 147 Aufträge von insgesamt 6,188 Millionen Franken freihändig vergeben. An diesem Auftragsvolumen beteiligte sich der Bund mit rund 1 Million Franken.

Davon wurden 78 Aufträge mit 48,5 % des Auftragsvolumens an Bündner Unternehmen vergeben. 41 Aufträge und 34,5 % des Volumens wurden ausserkantonal vergeben. Weitere 21 Aufträge mit 12,9 % des Volumens verliessen ebenfalls den Kanton, wobei es sich um spezielle Fälle handelte, in denen das spezifische Fachwissen von national tätigen Institutionen erforderlich war (Aufträge ans Bundesamt für Statistik, an den Schweizer Tourismus-Verband, an das Institut gfs.bern, an BAK-Basel Economics, an die BG OST-SÜD Bürgschaftsgenossenschaft für KMU, an die KOF Konjunkturforschungsstelle oder im Rahmen einer Mitbeteiligung bei Aufträgen anderer Kantone etc.). Sieben Aufträge mit 4,1 % des Volumens gingen an ausländische Anbieter, da Gegenstand der Nachfrage führendes Know-How zu spezifischen touristischen Fragestellungen im deutschsprachigen Raum ausserhalb der Schweiz bildete.
Der überwiegende Anteil der ausserkantonalen Aufträge betrifft Projekte oder Massnahmen, bei denen spezialisierte Beratungsfirmen im nationalen Kontext beigezogen werden mussten. Können Bündner Anbieter zu vergleichbaren Konditionen Aufträge ausführen, werden diese durch das AWT grundsätzlich auch berücksichtigt.

Wie unter Frage 2 ausgeführt, liegen keine Angaben über Untervergaben des AWT an ausserkantonale Anbieter vor.

08. März 2017